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Hamburger CDU-Mann zu Rassismus-Vorwurf: "War ironisch gemeint"


CDU-Mann zu Rassismus-Vorwurf
"War ironisch gemeint"


04.01.2023Lesedauer: 4 Min.
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Christoph de Vries spricht im Deutschen Bundestag: Der Abgeordnete aus Hamburg muss viel Kritik einstecken.Vergrößern des Bildes
Christoph de Vries spricht im Deutschen Bundestag: Der Abgeordnete aus Hamburg muss viel Kritik einstecken. (Quelle: via www.imago-images.de)

Nach den Ausschreitungen an Silvester tobt eine aufgeregte Debatte. Ein CDU-Abgeordneter mischt mit und nennt Rassismusvorwürfe gegen ihn "absurd".

Für den Hamburger Bundestagsabgeordneten Christoph de Vries von der CDU ist klar, welche Gruppe an der Randale in der Silvesternacht schuld ist: "Westasiatisch, dunklerer Hauttyp", beschreibt er die angeblichen Täter auf Twitter und steckt dafür harte Kritik ein. Wegen seiner Wortwahl wird ihm Rassismus vorgeworfen. In der Nacht zum 1. Januar waren in vielen deutschen Großstädten Feuerwehrleute und Polizisten mit Pyrotechnik angegriffen worden, vielerorts brannten Autos und Mülltonnen.

Am Montagvormittag verfasste de Vries den Beitrag, der laut Twitter schon von 1,3 Millionen Nutzern gesehen wurde – ein Vielfaches von der Reichweite, die der CDU-Mann aus Hamburg sonst erreicht. Der Großteil der Reaktionen ist scharf: "Sie sind ein Rassist", schreiben viele Nutzer. De Vries findet das auf Nachfrage von t-online "komplett absurd" und verweist auf einen kürzlich veröffentlichten "Leitfaden für diskriminierungssensiblen Sprachgebrauch" der Berliner Polizei, an dem sich seine Wortwahl orientiere.

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"Die Bezeichnung "Dunklerer Hauttyp, Phänotypus: westasiatisch" soll von den Berliner Polizeibeamten künftig anstatt des Begriffs "Südländer" verwendet werden", erklärt er. Er finde "die Bezeichnung total skurril" und habe das mit seinem Tweet "ironisch aufs Korn" nehmen wollen. "Insofern fällt die Kritik auf den rot-rot-grünen Berliner Senat zurück", sagt de Vries, der die Verantwortung für den Leitfaden der Berliner Landesregierung zuschiebt. "Die Vorwürfe sind völlig konstruiert und lenken von der notwendigen Diskussion um die Migrationspolitik und eklatante Integrationsdefizite ab."

Hamburger Bundestagsabgeordneter erntet Shitstorm auf Twitter

Nicht nur de Vries hatte sich in den vergangenen Tagen auf diese Themen gestürzt: Auch Jens Spahn, CDU-Fraktionsvize im Bundestag, hatte t-online gesagt: "Da geht es um ungeregelte Migration, gescheiterte Integration und fehlenden Respekt vor dem Staat statt um Feuerwerk." Forderungen nach einem Böllerverbot gingen an der Debatte vorbei, da sind sich Spahn und Parteikollege de Vries einig.

Dass die mutmaßlichen Täter familiäre Migrationsgeschichten haben, verbreitete sich an Neujahr schnell. Polizeigewerkschaften und Feuerwehrleute berichteten, die Angreifer seien meist Männer mit Migrationshintergrund gewesen. In Berlin gab es beispielsweise 145 Festnahmen, alle dieser Personen sind mittlerweile wieder auf freiem Fuß. Es seien insgesamt 18 verschiedene Nationalitäten erfasst worden. 45 der Verdächtigen hätten die deutsche Staatsangehörigkeit, 27 hätten die afghanische Nationalität und 21 seien Syrer.

Hamburger Innensenator warnt vor voreiligen Schlüssen

In Hamburg sind laut Innensenator Andy Grote (SPD) mehr als 20 Tatverdächtige in Gewahrsam oder festgenommen worden. "Da spielt das Thema Migrationshintergrund auch mit rein", sagte der Senator. Er warnte zugleich: "Ich glaube, man darf es sich an der Stelle nicht zu einfach machen."

Für de Vries ist die Lage eindeutig: "Nichts wird besser, wenn wir die Dinge nicht beim Namen benennen", sagt er. Er habe "unzählige Videos angeschaut, auf denen ganz überwiegend junge Männer mit Migrationshintergrund zu sehen sind und teilweise ja auch in die Kamera sprechen und ihre Ablehnung dem Staat und seinen Vertretern gegenüber offen aussprechen". Er verweist auch auf die Berichte von Einsatzkräften.

Eine viel beachtete Gegenposition zu de Vries und Spahn nimmt auf Twitter Diplom-Jurist und SPD-Mitglied Ademir Karamehmedovic ein. "Wer von Phänotypen schwadroniert, ist biologistischer Rassist", sagt der Doktorand der Bucerius Law School in Hamburg zu t-online. "Für einen solchen Schwachsinn darf es keinen Raum in der Debatte geben." De Vries vergifte "mit seinem Müll" die Debatte.

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Doch seine Kritik richtet Karamehmedovic nicht nur gegen konservative und rechte Politiker: "Gerade linke Politiker sind gefragt, Realitäten klar auszusprechen", sagt er. "Nur sie haben ein wahres Interesse daran, alle Menschen gut und nachhaltig in unsere Gesellschaft zu integrieren." Dazu gehöre auch, über die Milieus der Täter zu sprechen, "aber eben nicht so, wie es Spahn und de Vries tun".

"Rassismus auf der einen Seite. Sprachlosigkeit auf der anderen"

Auf Twitter führt er seine Kritik aus: "Rassismus auf der einen Seite. Sprachlosigkeit auf der anderen", schreibt er dort. "Einige Jungs, die in Kulturräumen sozialisiert werden und wurden, die noch patriarchaler geprägt sind als die in Deutschland mehrheitlich vorherrschenden Kulturen, haben ein Gewaltproblem und nehmen unseren Rechtsstaat nicht ernst. Verachten ihn sogar. Und nun? Das zu sagen, ist nicht verboten."

Er fordert von Linken, deutlicher Position zu beziehen. Es brauche strafrechtliche Härte, aber eben auch den Blick auf unterschiedliche Sozialisierungen und Erfahrungen der Tatverdächtigen. "Unser Gesellschaftsmodell muss überzeugender an sie herangetragen werden", schreibt Karamehmedovic.

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Der CDU-Politiker de Vries ist übrigens keineswegs überrascht von den heftigen Reaktionen auf seinen Tweet. "Es ist das übliche Muster persönlich diffamierender Reaktionen, ohne Bereitschaft, in der Sache zu diskutieren. Das ist schon ziemlich krass. Die politische Diskursfähigkeit links- und rechtsaußen ist inzwischen sehr begrenzt", sagt er t-online.

Die Kritik, dass seine Wortwahl missverstanden worden sei, nehme er an. Nicht allen sei bewusst gewesen, worauf er sich mit der Bezeichnung "Phänotyp westasiatisch" bezogen habe – nämlich auf den Leitfaden der Berliner Polizei. "Das hätte ich durchaus deutlicher als Hintergrund erklären können." Die ebenfalls umstrittene Schuldfrage bleibt für ihn davon jedoch unberührt: "Die Problematik selbst mit immer wiederkehrenden Vorfällen, an denen bestimmte Migrantengruppen maßgeblich beteiligt sind – Stichwort Silvester Köln – teilen aber alle, mit denen ich gesprochen habe." Ignoranz stärke die politischen Ränder.

Verwendete Quellen
  • Anfrage an MdB Christoph de Vries
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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