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Putins Fangirl, Wagner-Söldner, Co.: Die Frau hinter den "Russen-Korsos" in Köln


Organisatorin der "Russen-Korsos"
Ihre Familie will nicht mehr mit ihr sprechen

Von t-online, olf

Aktualisiert am 20.08.2023Lesedauer: 5 Min.
imago images 0246908337Vergrößern des BildesDie prorussische Aktivistin Elena Kolbasnikova zeigt ein Bild ihres Großvaters: Er kämpfte im Zweiten Weltkrieg für die Sowjetunion. (Quelle: IMAGO/Ying Tang)
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Elena Kolbasnikova provoziert seit vielen Monaten mit prorussischen Demonstrationen. Diese Konsequenzen muss sie für ihre Haltung tragen.

Elena Kolbasnikova ist in den vergangenen Monaten als prorussische Aktivistin aufgefallen. Immer wieder veranstaltete sie Demonstrationen und Autokorsos in Köln. Die nächste von ihr organisierte Veranstaltung findet am kommenden Sonntag, 20. August, statt, und soll am Schokoladenmuseum vorbeiführen – ausgerechnet dort, wo auch der "Ukraine-Tag" geplant ist. Wer ist die Frau hinter den "Russen-Korsos"?

Im Gespräch mit t-online sagt Kolbasnikova, sie habe die Route und das Datum der Demo "zufällig" gewählt, es bestünde keinerlei Zusammenhang mit dem "Ukraine-Tag". Angesprochen auf eine mögliche bewusste Provokation weicht die gebürtige Ukrainerin aus.

Der Beginn der "Russen-Korsos"

Doch bereits mit ihren früheren Demonstrationen provozierte sie. Im Frühjahr 2022 organisierte sie ihren ersten sogenannten "Russen-Korso" – der wahrscheinlich größte seiner Art. Dabei leugneten sie wie auch andere Teilnehmer den Krieg in der Ukraine oder billigten diesen gar.

Am 8. Mai 2022, dem Jahrestag der Kapitulation Nazideutschlands, organisierte sie einen weiteren Autokorso. Dort sprachen sie und der frühere "ProNRW"-Politiker Markus Beisicht. Mehr als 1.000 Teilnehmer in Autos, die mit russischen und sowjetischen Fahnen geschmückt waren, trafen sich an einem See zur Fahrt an ein sowjetisches Mahnmal in Köln. Das russische Fernsehen berichtete von einem angeblichen "Massenprotest".

Rekrutierungsaufrufe für die Gruppe Wagner

Im Herbst 2022 ist sie zusammen mit ihrem Mann Max Schlund, der mutmaßlich ein früherer russischer Luftwaffenoffizier ist, in den Donbass gereist und habe dort Kriegsmaterial an das russische Militär überreicht. Hierfür sollen sie und ihr Mann Sachgüter und Gelder in Deutschland gesammelt haben, wie unter anderem die "Bild"-Zeitung berichtete.

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Auch medial tritt Kolbasnikova gerne radikal auf und soll in ihrem Telegram-Channel Rekrutierungsaufrufe der Gruppe Wagner geteilt haben. Diese sollen unter anderem für die Massaker in Butcha verantwortlich sein und gelten als besonders skrupellos und brutal.

Ihre Demos bleiben nicht ohne Folgen

Kolbasnikovas Engagement blieb nicht ohne Folgen. Sie wurde für die Billigung des Krieges in der Ukraine vom Kölner Landgericht zu 30 Tagessätzen à 30 Euro verurteilt. Derzeit laufen noch weitere Prozesse gegen die prorussische Aktivistin, unter anderem wegen der Lieferung der vermeintlichen Hilfsgüter in den Donbass.

Zusätzlich verloren sie und ihr Mann ihre Jobs. Wie sie gegenüber t-online erzählt, leben sie derzeit von Arbeitslosengeld 1. Kolbasnikova betont im Gespräch ausdrücklich, sie werde "nicht von Putin" bezahlt.

Bei den Demonstrationen werde sie "angegangen" und ihr Name sowie ihre Adresse seien von "Nazis" auf rechten Webseiten veröffentlicht worden, so Kolbasnikova. Auf Nachfrage von t-online, wer diese Nazis seien, nennt sie die als vom Verfassungsschutz linksextremistisch eingestufte Lina E.

Vermeintliche jüdische Vorfahren

Doch was treibt sie an, den Angriffskrieg zu befürworten? Kolbasnikova sagt, sie sei in der ukrainischen Stadt Dnipro geboren und im Jahr 1996 nach Deutschland gekommen. Sie gibt an, unter der Regelung für "jüdische Kontingentflüchtlinge" eingewandert zu sein, somit hätte sie jüdische Wurzeln. Doch ihre Verbindung zu jüdischen Vorfahren kann weder unabhängig bestätigt werden, noch will Kolbasnikova t-online erzählen, wer in ihrer Familie einen jüdischen Hintergrund hat.

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Ein Mann trägt eine Kippa mit Davidstern. (Quelle: IMAGO/Jaap Arriens)

Jüdische Kontingentflüchtlinge

Die jüdischen Gemeinden standen im Deutschland der 1990er-Jahre kurz vorm Aussterben – es gab nur noch 3.000 aktive Gemeindemitglieder, viele in einem hohen Alter. Deutschland erleichterte 1991 jüdischen Bürgern aus der zerfallenden Sowjetunion die Migration nach Deutschland, um so die jüdischen Gemeinden wiederzubeleben. Mittlerweile machen postsowjetische Migranten rund 90 Prozent der jüdischen Gemeindemitglieder in Deutschland aus. (Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung)

Trotz angeblich jüdischer Wurzeln machte sich Kolbasnikova in der Vergangenheit immer wieder mit Antisemiten, Holocaust-Leugnern und Rechtsextremen gemein und sprach zuletzt beim Sommerfest des vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften "Compact" Magazins in der Nähe von Leipzig.

Bedauern über den Zerfall der Sowjetunion

Als Zeitzeugin des Zusammenbruchs der Sowjetunion als junge Frau äußerte Kolbasnikova im Gespräch mit t-online ihr Bedauern über diesen historischen Wandel und vergleicht diesen mit der Teilung Deutschlands. "Über die Wiedervereinigung hat man sich in Deutschland doch auch gefreut und das würde ich mir auch für mein Land wünschen", so Kolbasnikova. Ein Narrativ, das auch Wladimir Putin immer wieder bedient.


Quotation Mark

"Über die Wiedervereinigung hat man sich in Deutschland doch auch gefreut und das würde ich mir auch für mein Land wünschen"


Elena Kolbasnikova


Bereits 2005 bezeichnete Putin den Zerfall der Sowjetunion als "größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts". Russland schien nicht mehr die einstige Großmacht zu sein, das Land und die Einwohner waren gebeutelt von den ungewissen Jahren nach dem Zerfall, die Politik und Gesellschaft durchzogen von Korruption. Zeitgleich wandten sich immer mehr ehemalige Mitgliedsstaaten der Sowjetunion von Russland ab – sie nahmen den Nachfolgestaat gar als Gefahr wahr.

Nato als Feindbild

2004 traten die baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland dem Verteidigungsbündnis Nato bei. Ein Affront für Putin, der dies als westliche Aggression vermarktet.

Die Erzählung verfängt bei Putins Anhängern – so auch bei Elena Kolbasnikova. Auf TikTok ist zum Beispiel ein Video von ihr zu sehen, auf dem sie die Flagge der Nato mit Füßen tritt und dabei lacht.

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Kontaktabbruch mit der ukrainischen Familie

Auch wenn nicht klar ist, wann Kolbasnikovas politische Ansichten zu reifen begannen, spätestens seit den als "Euromaidan" bezeichneten Protesten in der Ukraine 2013 nahmen sie offenbar extremere Züge an. Mit ihrer Familie in der Ukraine spreche sie laut eigenen Aussagen seit 2014 nicht mehr.

Damals hatten die Proteste auf dem Maidan in der Hauptstadt der Ukraine ihren Höhepunkt erreicht. Tausende demonstrierten gegen die russlandnahe Regierung unter Viktor Janukowitsch. Er hatte sich geweigert, ein geplantes Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union zu unterzeichnen. Bei den Protesten starben über 100 Demonstranten – Sicherheitskräfte des Präsidenten hatten sie beim Protest erschossen. Doch schlussendlich floh Janukowitsch ins Exil nach Russland.

Diese Ereignisse führten zu einer zunehmenden Eskalation der Spannungen mit Russland und mündeten unter anderem in den Krieg im Osten der Ukraine – dort, wo Teile von Kolbasnikovas Familie leben, wie sie t-online erzählt. Der Euromaidan sei der Start eines "Naziregimes" in der Ukraine gewesen, so Kolbasnikova. Ob diese Behauptung Grund für den Kontaktabbruch sei, wollte sie im Gespräch mit t-online nicht bestätigen.

Nazis in der Ukraine?

Auch in der Ukraine gibt es zweifellos nationalistische und rechtsextreme Gruppierungen, allerdings schafften es die rechten Parteien bei der letzten ukrainischen Wahl 2019 nicht einmal über die Fünf-Prozent-Hürde. Damit liegen sie deutlich unter den Wahlergebnissen der in Teilen rechtsextremistischen AfD in Deutschland – mit deren Mitgliedern Kolbasnikova gerne kooperiert.

Trotz ihrer Ansichten zum Krieg im Osten der Ukraine und dem Euromaidan blieb Kolbasnikova, wie sie t-online erzählt, weiterhin mit ihrer Familie in Deutschland in Kontakt. Dies habe sich erst mit dem 24. Februar 2022 geändert – dem Tag, an dem Putin die russische Armee in das ganze Land einmarschieren und Bomben auf die Hauptstadt und andere Teile des Landes fallen ließ. Wie es genau zu dem Kontaktabbruch kam, will Kolbanikova nicht erzählen, es sei "zu schmerzhaft", wie sie gegenüber t-online erzählt.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Elena Kolbasnikova
  • bpb.de: "Jüdische Kontingentflüchtlinge und Russlanddeutsche"
  • nzz.ch: "Chronologie der Maidan-Revolution"
  • rbb-online.de: "Sprachrohr der Kreml-Propaganda"
  • bild.de: "Russen-Offizier ist seinen Job endgültig los"
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