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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kölner Drogenprozesse Rechte Hand von Drogenboss angeklagt – neue Verfahren

Im Kölner Drogenkrieg hat die Staatsanwaltschaft drei neue Anklagen erhoben. Auf der Anklagebank nehmen Strippenzieher der hiesigen Drogenbande Platz.
Zahlreiche hochrangige Mitglieder einer Kölner Drogenbande müssen sich nach Monaten in Untersuchungshaft vor Gericht verantworten. Die Ermittler der Kölner Staatsanwaltschaft haben in den vergangenen Wochen insgesamt drei Anklagen an das Landgericht übermittelt. Es geht um Geiselnahmen, gefährliche Körperverletzung und Verstöße gegen das Waffengesetz. Insgesamt werden elf Männer angeklagt.
Einer von ihnen ist nach Informationen von t-online Aykut E., das bislang hochrangigste Mitglied der Drogenbande aus Köln-Kalk. Er gilt als "rechte Hand" von Bandenkopf Sermet A., der in Untersuchungshaft noch auf seine Anklage wartet. E. soll nach dem Diebstahl von 350 Kilogramm Marihuana im Juni 2024 versucht haben, für Sermet A. den "Verräter" in den eigenen Reihen zu finden.
Kölner Drogenkrieg: Rechte Hand von Bandenchef Sermet A. angeklagt
Aykut E. soll auf Anweisung seines Bosses zu einer Lagerhalle in Hürth gefahren sein, aus der die Drogen gestohlen worden waren. Dort hatten drei Geiselnehmer aus den Niederlanden bereits fünf Männer gefesselt – sie alle sollten die Drogen eigentlich bewachen oder kannten das Versteck. Aykut E., so die Anklage, soll ihnen dabei geholfen haben. Der Vorwurf: Geiselnahme und gefährliche Körperverletzung.
Kurios: Als die Polizei die Geiselnahme am 25. Juni in der Lagerhalle beendet, treffen sie vor ihr auf Aykut E. Weil dieser aber gepflegt aussieht und angibt, sich verfahren zu haben, lassen sie ihn zunächst gehen. Was die Beamten nicht wissen: E. war noch kurz zuvor in der Lagerhalle. Er sollte auf Anweisung von Sermet A. zwischen den gefesselten Männern und den drei niederländischen Geiselnehmern übersetzen.
Aykut E. wird erst im Dezember 2024 von den Ermittlern festgenommen. Er gibt in einem Verhör an, lediglich übersetzt, und sich selbst von den drei Niederländern bedroht gefühlt zu haben. Von Misshandlungen oder Verletzungen habe er nichts mitbekommen. Eine Darstellung, die die Ermittler bereits in einem laufenden Prozess anzweifeln.
Villa-Entführung von Rodenkirchen: Zehn Männer stehen vor Gericht
Neben Aykut E. warten zehn weitere Männer darauf, dass ihr Prozess vor dem Landgericht Köln beginnt. Sie haben allerdings nicht mit der Entführung von Hürth zu tun. Stattdessen sollen sie Anfang Juli zwei Männer aus Bochum in eine Villa in Rodenkirchen gefangen genommen haben. Ein Sondereinsatzkommando der Polizei beendete die Geiselnahme am 5. Juli 2024.
Die Kalker Drogenbande soll vermutet haben, dass der Bruder einer der Entführten die Drogen gestohlen haben soll. Mit dem Versprechen, ihnen eine große Menge Drogen abzukaufen, wurden die späteren Opfer in die Villa gelockt. Dort wurden sie laut Anklage misshandelt, mit dem Ziel, Informationen freizupressen. Während der Befreiung entdeckte das SEK scharfe Schusswaffen.
Kronzeuge mit Helikopter ins Gericht gebracht: Kölner Drogenprozesse spitzen sich zu
Die Anklagen sind dabei in zwei Verfahren aufgeteilt. Auch aus logistischen Gründen, wie das Gericht auf Anfrage von t-online bestätigte. Alleine in einem Verfahren sind sieben Männer angeklagt, sechs von ihnen wegen Geiselnahme, gefährlicher Körperverletzung und Verstößen gegen das Waffengesetz. Ein siebter Mann muss sich wegen Beihilfe verantworten, er soll die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt haben.
Fünf der Männer in diesem Verfahren sollen Teil der Kölner Drogenbande gewesen sein. Unter ihnen auch Mohammed B. Er wurde als Kronzeuge in einem anderen Verfahren bereits per Hubschrauber zum Landgericht Köln gebracht, trug eine schusssichere Weste. Auch er soll eng mit Sermet A. zusammengearbeitet haben.
Kölner Drogenkrieg: Drei weitere Anklagen vor der Zulassung
Das zweite Verfahren findet unterdessen vor der Jugendstrafkammer statt. Die drei Beschuldigten sind zwischen 20 und 21 Jahren alt. Sie müssen sich ebenfalls wegen Geiselnahme und gefährlicher Körperverletzung verantworten. Wegen ihres Alters wurde das Verfahren allerdings von dem anderen Anklage abgetrennt. Sie sollen aber genauso in der Villa in Rodenkirchen gewesen sein.
Genaue Verhandlungstermine für alle drei Verfahren gibt es bislang nicht. Wenn das Landgericht die Anklagen zulässt, wären es die Prozesse vier bis sechs um den Kölner Drogenkrieg.
- Anfrage beim Landgericht Köln
- Eigene Recherchen
- Eigene Berichterstattung