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Zwei Demos in München: Die "Vernünftigen" sind in der Mehrheit


Gegen Heizungsgesetz und für Demokratie
Zwei Demos in München: Die "Vernünftigen" sind in der Mehrheit


01.07.2023Lesedauer: 3 Min.
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Etwa 8000 Menschen sind auf dem Odeonsplatz versammelt. Ein "Bündnis der Vernünftigen" hatte hier zur Kundgebung aufgerufen.Vergrößern des Bildes
Etwa 8000 Menschen sind auf dem Odeonsplatz versammelt. Ein "Bündnis der Vernünftigen" hatte hier zur Kundgebung aufgerufen. (Quelle: Christoph Söller )

In München finden zwei Demonstrationen statt wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Die einen verrennen sich in kruden Erzählungen, die anderen feiern die Demokratie.

Die kleine Gruppe wirkt auf der großen Theresienwiese ein wenig verloren. Eigentlich haben sich die Veranstalter eine riesige Kundgebung vorgestellt, mit bis 20.000 Menschen – zumindest war die Veranstaltung für so viele angemeldet. Motto: "Stoppt das Heizungsgesetz! Wird in Bayern die Demokratie abgeschafft?"

Tatsächlich standen an diesem Samstagmittag in München etwa 400 Leute beisammen, Proteststimmung wollte da nicht wirklich aufkommen. Die ganze Veranstaltung war ein einziger, nicht enden wollender Monolog des ehemaligen deutschen Motorradrennfahrers Martin Wimmer, der die Demonstration angemeldet hat.

Die Grünen, die Atemmasken, Nord Stream 2

Der 65-jährige Münchner gewann in den 1980er Jahren zahlreiche Rennen. Heute steht er auf einer kleinen Bühne und redet über alles, was ihm gerade in den Sinn kommt: die Grünen, Atemmasken, die EU, über die Pipeline Nord Stream 2 und über China, wo "die jungen Leute noch nicht so verblödet sind wie hier". Unter den Demonstranten sind überwiegend Männer, auf Schildern sind Sprüche gegen "grünen Linksfaschismus" zu lesen. Einer fordert: "Komm zu Jesus, er allein kann uns retten."

Selbst im Publikum verdrehen manche die Augen

Wimmer erzählt von seiner Karriere als Rennfahrer, von gewonnen Meisterschaften, von seinem Werdegang danach. Er sei im Besitz mehrerer Patente, habe einen Wasserstoffmotor erfunden, mit dem er "die Energiewende in Bayern in drei Jahren sicherstellen kann". Er habe alles zur Atomkraft, zur Solarenergie, zur Erwärmung der Weltmeere ausgerechnet. Im Publikum sind Menschen zu sehen, die dabei ungläubig die Augen verdrehen. Mit dem Heizungsgesetz hält sich Wimmer nicht lange auf, er redet lieber über Elon Musk und Tesla, das Wahlrecht und die CDU-Spendenaffäre.

Die Gruber hat "wenigstens das Maul aufgemacht"

"Die Gruber" – gemeint ist die Kabarettistin Monika Gruber – habe "wenigstens das Maul aufgemacht", auch wenn Wimmer sich sicher ist, dass sie die Demonstration in Erding nicht organisiert und bezahlt hat, das sei "eine Regierungsdemonstration" gewesen.

Vor gut drei Wochen hatten sich in Erding etwa 13.000 Menschen zusammengefunden und ihren Unmut gegen das Energiegesetz der Ampel-Regierung geäußert. An diese Größenordnung kommt die Kundgebung auf der Theresienwiese nicht ansatzweise heran. Anders als in Erding treten hier auch keine Politiker auf. Vor drei Wochen hatte neben Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auch Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern gesprochen.

Vor einem Publikum, in dem auch Klimawandelleugner, AfD-Anhänger und Querdenker waren, forderte er lautstark: "Holen wir uns die Demokratie wieder zurück!" Worte, die an den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump erinnerten.

Etwa 8000 Menschen auf dem Odeonsplatz

In Anlehnung daran hat die SPD an diesem Samstag zur Kundgebung "Ausge-Trumpt! Zusammenhalt und Zukunft – statt Rückschritt und Rechtsruck" aufgerufen. Es soll die „Demonstration der Vernünftigen" sein, der Gegenpart zur Theresienwiese. Etwa 8.000 Menschen haben sich am Odeonsplatz in der Münchner Innenstadt versammelt. Neben der SPD haben auch die Grünen, Gewerkschaften, die Arbeiterwohlfahrt und Künstlerinnen und Künstler eingeladen.

Der Kabarettist Christian Springer betont, es sei "keine Konkurrenzveranstaltung zu Erding, denn damit darf man sich nicht vergleichen". Aber es geht immer wieder um Erding. "Der Aiwanger schreit sich das Zapferl aus dem Hals und behauptet, er gehöre zur schweigenden Mehrheit", sagt Springer. Und Florian von Brunn, SPD-Fraktionschef im bayerischen Landtag, macht klar, dass der bayerische Wirtschaftsminister klare Grenzen überschritten habe. Was Aiwanger seit Monaten mache, sei spalten und die Landbevölkerung gegen die Stadtbevölkerung aufwiegeln. "Das hat Trump in Amerika gemacht und das macht dieser Mini-Trump aus Niederbayern jetzt bei uns!"

Es ist ein historischer Ort, an dem die Demo stattfindet, auch darauf verweisen mehrere Redner. Vor 100 Jahren, im November 1923, marschierten am Odeonsplatz unter Hitlers Führung tausende NSDAP-Mitglieder auf – von hier aus sollte die Reichsregierung in Berlin gestürzt werden. Christian Springer steht auf der Bühne und blickt auf den sonnenbeschienen, vollbesetzten Platz. "Wir wissen, was es bedeutet, wenn Menschen in München gegen die Demokratie sind", sagt er. "Es freut mich zu sehen, dass genau auf diesem Platz heute so viele Menschen für die Demokratie einstehen!"

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen vor Ort
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