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Hubert Aiwanger: Plötzlich hängt sein Bruder Zettel auf – einer gegen Scholz


Waffengeschäft in Rottenburg
Aiwanger-Bruder hängt Zettel auf – einer richtet sich an Scholz

Von t-online, pb, krei

Aktualisiert am 31.08.2023Lesedauer: 3 Min.
Aiwanger und Scholz (Montage): Der ältere Bruder des Vize-Ministerpräsidenten wendet sich über einen Aushang an den Kanzler.Vergrößern des BildesAiwanger und Scholz (Montage): Der ältere Bruder des Vize-Ministerpräsidenten wendet sich über einen Aushang an den Kanzler. (Quelle: Imago-Montage)
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Wie es zu dem antisemitischen Flugblatt kam, könnte Helmut Aiwanger aufklären. Doch er schweigt. Und hängt Zettel auf, die gleich mehrere Botschaften suggerieren.

In der Flugblatt-Affäre um Bayerns Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) gibt sich die Heimat des bayerischen Spitzenpolitikers nach Aufkommen der Vorwürfe nun schweigsam: Gegenüber einer t-online-Reporterin wollte in Aiwangers Heimatort Mallersdorf-Pfaffenberg niemand etwas sagen, auch der örtliche Bürgermeister, der von dem antisemitischen Pamphlet gewusst haben soll, schweigt.

Und auch die neben Hubert Aiwanger wohl wichtigste Figur der Affäre, sein rund ein Jahr älterer Bruder Helmut, der am Wochenende schließlich die Verantwortung für das antisemitische Flugblatt übernommen hatte, gibt sich wortkarg.

Gesprächsangebote mehrerer Journalisten lehnt Helmut Aiwanger ab. Dafür nutzt er offenbar lieber sein Waffenladengeschäft im benachbarten Rottenburg, um seine Sicht der Dinge in die Welt zu tragen. Seit Aufkommen der Affäre ist der Laden verschlossen, nun sind am Schaufenster mehrere Zettel zu sehen: Ein Zettel richtet sich offenbar an die Medien, die den Freie-Wähler-Chef wegen des Eklats kritisch befragen, aber nur wenige klare Antworten erhalten. Helmut Aiwanger nennt auf dem Blatt seine aktuelle "Buchempfehlung", eher unüblich für einen Wafffenhändler.

Es ist Heinrich Bölls Klassiker von 1974: "Die verlorene Ehre der Katharina Blum". Darin geht es um eine anfangs unbescholtene Frau, die mit einem Straftäter befreundet ist. Daraufhin stürzt sich die Boulevardpresse auf Blum, die schließlich einen Reporter erschießt, der unter anderem Aussagen über sie verfälscht hatte. Zur Empfehlung ergänzt Helmut Aiwanger laut einer Reporterin vor Ort: "Keine Sorge, nur Heinrich Bölls Prosa endet dramatisch."

DJV spricht von erschreckenden Entwicklungen

Das ist zu viel für den Deutschen Journalisten-Verband, der sich am Donnerstag in einem Kommentar fragt: Ist das eine Aufforderung zum Journalistenmord? Entweder sei das kruder Humor oder hier werde versucht, Journalisten ins Visier zu nehmen. Weiter heißt es in dem Blog: "Es ist erstaunlich, wie die Aiwangers sich aus der Affäre zu winden versuchen, indem sie ausgerechnet Journalistinnen und Journalisten attackieren." Dass der Aiwanger-Bruder nun auch noch auf Gewalt anspiele, sei erschreckend. Die Journalisten-Gewerkschaft betont: "Journalismus hat Interesse an der Wahrheit. Die Versuche, die Causa Aiwanger aufzuklären, sind gesellschaftlich relevant."

Zettel über Böll-Buch, Grünen-Politiker – und Scholz

Auf einem zweiten Zettel wird dem Bericht nach gefragt: "Wer war Baldur Springmann? Wer war Werner Vogel?" Bei den Genannten handelt es sich um frühere Grünen-Politiker, die vor ihrer Mitgliedschaft aktive Mitglieder in Hitlers NSDAP gewesen waren.

Womöglich suggeriert Aiwanger damit wohl, dass es in der Geschichte der Bundesrepublik mehrere Politiker mit Nazi-Vergangenheit gegeben hat – eine Art Ablenkungsmanöver von den derzeit schwelenden Vorwürfen gegen ihn und seinen Bruder?

Ein dritter Zettel thematisiert dann den amtierenden Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). "Was will Scholz aufgeklärt wissen?", steht auf dem Schreiben, von dem die Zeitung auch ein Foto veröffentlichte. Dahinter steckt wohl eine Reaktion auf den Kommentar von Scholz am Rande der Meseberger Kabinettsklausur über den Flugblatt-Eklat.

Scholz hatte dort vor Journalisten erklärt: "Alles das, was bisher bekannt geworden ist, ist sehr bedrückend. Und deshalb ist für mich sehr klar, dass alles aufgeklärt werden muss." Wenn das geschehen sei und nichts "vertuscht" werde, müssten notwendige Konsequenzen daraus gezogen werden.

Der Freie-Wähler-Chef Aiwanger selbst sagte über Rückmeldungen, die er aktuell bekomme: "Ich habe sehr, sehr überwiegend die Aussage, dass hier eine Schmutzkampagne gefahren wird und dass ich hier politisch und auch persönlich zerstört werden soll." Die meisten sagten: "Das kann doch nicht sein, dass man mit Dingen konfrontiert wird, die so lange her sind."

Flugblatt-Affäre sorgt für Wirbel in der Landesregierung

Die Freien Wähler (FW) in Bayern stehen derweil geschlossen hinter Aiwanger. Das betonten mehrere Mitglieder des Partei- und Fraktionsvorstands am Mittwoch nach gemeinsamen Beratungen im Landtag in München.

Der Eklat sorgte für Spannungen in der bayerischen Landesregierung: Söder hatte am Dienstag gesagt, er wolle die Koalition fortsetzen. Koalitionen hingen aber "nicht an einer einzigen Person", sagte Söder. "Es geht mit oder ohne eine Person im Staatsamt ganz genauso."

FW-Fraktionschef Florian Streibl konterte das am Mittwoch: "Wir sind mit ihm (gemeint ist Hubert Aiwanger, Anm. d. Red.) solidarisch." Es werde nun das Schicksal von Millionen Juden dazu instrumentalisiert, einen Politiker fertigzumachen.

Streibl fügte mit Bezug auf Söders Äußerung hinzu: "Eine Botschaft müssen wir senden: Eine Koalition in Zukunft wird es auch nur mit Hubert Aiwanger geben."

Auf Spekulationen, Aiwanger könnte in einer Art Rochade aus dem Ministeramt an die Spitze der Freie-Wähler-Fraktion wechseln, ging Streibl nicht ein. "Aiwanger wird immer irgendwie dabei sein. (...) Ohne wird's nicht gehen."

Verwendete Quellen
  • Reporterin vor Ort
  • djv.de: Zuviel des Guten (31. August 2023)
  • bild.de: Aiwanger-Bruder macht sich über Scholz lustig
  • Eigene Recherchen
  • Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa
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