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FC Bayern | Gravenberch: Darum ist er Nagelsmanns größter Härtefall


Teurer Neuzugang
Er ist Bayerns größter Härtefall

Von Julian Buhl

Aktualisiert am 04.10.2022Lesedauer: 6 Min.
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Julian Nagelsmann und Ryan Gravenberch (l.): Der Neuzugang kommt bei dem Bayern-Trainer bislang noch nicht ganz so so wie gewünscht zum Zug.Vergrößern des Bildes
Julian Nagelsmann und Ryan Gravenberch (l.): Der Neuzugang kommt bei dem Bayern-Trainer bislang noch nicht ganz so wie gewünscht zum Zug. (Quelle: IMAGO/Frank Hoermann / SVEN SIMON)

Ryan Gravenberch erhält viel Lob, spielt aber nicht. Der Neuzugang klagte über zu wenig Einsatzzeit. Nagelsmann reagiert – und nennt einen zweiten Star.

Es schien so, als sei bereits alles Wichtige gesagt. Doch als Julian Nagelsmann zum Abschluss seiner Pressekonferenz auf Ryan Gravenberch angesprochen wurde, ging die Veranstaltung noch einmal in die Verlängerung. Der Trainer des FC Bayern ließ nämlich einen fast zweiminütigen Monolog folgen.

Es war die mit Abstand längste Antwort, die er vor dem Champions-League-Spiel am Dienstagabend (18.45 Uhr im t-online-Liveticker) gegen Viktoria Pilsen gab. Allein das lässt bereits erahnen, wie wichtig es Nagelsmann war, in dieser Angelegenheit ein paar Dinge klarzustellen.

Bekommt Gravenberch zu wenig Spielzeit?

Das Thema: Bekommt der hochbegabte und -veranlagte zentrale Mittelfeldspieler seinen Fähigkeiten entsprechend zu wenig Spielzeit beim Rekordmeister? In den zwölf Pflichtspielen der laufenden Saison waren das bislang lediglich 227 Minuten. Nur ein einziges Mal stand der 20-Jährige in der Startelf – im DFB-Pokal gegen Drittligist Viktoria Köln.

Wenn man bedenkt, wie schnell und dementsprechend viel Nagelsmann redet, waren die insgesamt sogar drei Minuten, die er inklusive Nachfragen der Causa Gravenberch bei seiner insgesamt 15-minütigen Pressekonferenz widmete, umso bemerkenswerter.

Vereinsintern wird das Thema nach t-online-Informationen als nicht so brisant erachtet, wie es derzeit in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Noch nicht. Aber auch Nagelsmann trug mit seinen ausführlichen Ausführungen nun seinen Teil dazu bei, den Neuzugang, der im Sommer für 18,5 Millionen Euro von Ajax Amsterdam kam, vor dem dritten Spieltag in der Königsklasse zu dem bestimmenden Thema zu machen.

Nagelsmann: "Ich sehe das ganze Drama nicht"

"Wichtig ist, bei ihm das Alter zu sehen, ähnlich wie bei Mathys Tel. Das sind junge Spieler, die zu einem ganz großen Verein kommen, bei dem sehr viele andere große Spieler spielen. Da ist die Geduld ein ganz wichtiger Punkt", sagte Nagelsmann, "aber ich sehe da immer das ganze Drama nicht. Das ist einfach Bayern München, einer der größten Klubs in Europa mit einem sehr guten Kader, da muss man einfach immer besser sein als seine Konkurrenten, und dann bin ich der Letzte, der die besten Spieler nicht aufstellt."

Dass Gravenberch dazu fähig ist, hat er nicht nur bei seinem Startelfdebüt beim 5:0 im DFB-Pokal bei Viktoria Köln gezeigt, bei dem er sich mit einem Treffer, einer Vorlage und der Auszeichnung zum "Man of the match" durchaus für höhere Aufgaben empfahl.

Das galt auch für seine ebenfalls ansprechenden Leistungen in der Saisonvorbereitung sowie als Einwechselspieler. Von allen Seiten wurde er dafür bereits gelobt. "Von Ryan bin ich am meisten begeistert", schwärmte etwa Joshua Kimmich: "Wie er das macht, er ist technisch top, verliert kaum einen Ball. Der wird uns noch richtig Freude bereiten."

"Ich hatte auf mehr Minuten gehofft"

Nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Leon Goretzka schien der Weg in die Startelf an Kimmichs Seite im Zentrum zu Saisonbeginn bereits für Gravenberch frei zu sein. Doch Nagelsmann entschied sich stattdessen für Marcel Sabitzer, der sich seitdem mit soliden Leistungen im Stammteam festgespielt hat. Gravenberch bleibt da nur die Rolle als Nagelsmanns vielleicht größter Härtefall.

Und so verwunderte es wenig, dass Gravenberch zuletzt beim U21-Nationalteam die Frage, ob er von seinem Start bei Bayern enttäuscht und mit der Situation unzufrieden sei, in einem ESPN-Interview folgendermaßen beantwortete: "Ehrlich gesagt, ja, bin ich. Man möchte spielen, aber der Trainer wählt andere Spieler aus. Ich muss das akzeptieren, aber es ist schwierig." Er gab offen zu: "Ich hatte auf mehr Minuten gehofft, aber ich muss ruhig bleiben."

WM-Traum akut in Gefahr

Das fällt Gravenberch, der in Europa als eines der größten Talente auf seiner Position gilt, zunehmend schwer. Aufgrund der fehlenden Spielzeit bei Bayern ist nämlich auch sein WM-Traum akut in Gefahr. "Ich würde gerne zur Weltmeisterschaft fahren", sagte Gravenberch: "Ich habe noch nicht aufgegeben."

Beim abschließenden Länderspiel vor dem Winterturnier in Katar wurde er von Bondscoach Louis van Gaal allerdings nur aufgrund kurzfristiger Verletzungen noch nachnominiert und beim 1:0 gegen Belgien dann für eine einzige Minute eingewechselt.

"Vielleicht gibt mir der Trainer nach der Länderspielpause mehr Minuten", sagte Gravenberch noch. Gegen Leverkusen (4:0) kam er aber erneut nur zu einem neunminütigen Jokereinsatz.

Gravenberch zurück in Amsterdam

Am Tag darauf reiste er zurück nach Amsterdam, wo er beim Heimspiel von Ajax unter großem Applaus noch mal offiziell verabschiedet wurde. Am Sonntag besuchte er dort dann noch die Premiere der Amazon-Doku "Parels van Amsterdam" (Perlen von Amsterdam), in der auch seine Entwicklung in der legendären Nachwuchsschmiede thematisiert wird.

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Nagelsmann gab ihm die Erlaubnis für diesen Trip und befreite ihn dafür vom Training. Zurück in München stehen seine Einsatzchancen wegen der Corona-bedingten Ausfälle von Kimmich und Thomas Müller nun deutlich besser.

Folgt nach seinem erfolgreichen Startelfdebüt gegen die Viktoria aus Köln ausgerechnet gegen den ebenfalls nach der Schutz- und Siegesgöttin benannten tschechischen Meister nun möglicherweise seine zweite Chance von Beginn an?

Gravenberch wünscht sich mehr direkte Kommunikation

"Das Wichtigste in der Kommunikation mit dem Spieler ist, dass der Spieler weiß, was verlangt wird, welche Bereiche er herausragend gut macht und welche er so verbessern muss, dass er mehr Spielzeit bekommt", sagte Nagelsmann: "Er hat in den letzten eineinhalb Wochen einen sehr guten Eindruck gemacht. Deswegen ist es möglich, dass er beginnt."

Wie "Kicker" berichtet, soll sich Gravenberch insgesamt mehr direkte Gespräche mit seinem Trainer wünschen.

Erst vor zweieinhalb Wochen hatte der bei einer Pressekonferenz selbst eingeräumt: "Er hat für seine Fähigkeiten vielleicht einen Tick zu wenige Spiele gemacht, was auch an der Konkurrenz liegt. Defensiv muss er noch ein paar Schritte gehen. Das ist der Grund, warum er einen Tick weniger spielt."

Mittelfeldduo mit Goretzka möglich

Gravenberch wisse, "an welchen Stellschrauben er drehen muss, um stabiler in die Struktur zu passen", ergänzte Nagelsmann nun und ließ gleich noch ein Sonderlob folgen: "Er bringt fußballerisch alles mit, hat ein herausragendes Tempodribbling, und wie er sich aus Drucksituationen mit dem Ball am Fuß befreien kann, macht er besser als viele andere Spieler in Europa, erst recht in seinem Alter."

Nagelsmann kündigte an, dass er in Abwesenheit von Kimmich Goretzka aufgrund von dessen Offensivqualitäten wohl lieber die offensivere Rolle im Mittelfeld anvertrauen möchte. Auf Nachfrage schloss er Gravenberch als Partner aber trotzdem explizit nicht aus: "Es ist auf jeden Fall möglich, dass beide auf der Sechs spielen, obwohl beide eher Achter sind."

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Auch Tel brennt auf Einsätze

Auch der erste Champions-League-Startelfeinsatz des von Nagelsmann ebenfalls angesprochenen Tel ist durchaus möglich. Das französische Super-Sturmtalent kommt bislang sogar auf lediglich 169 Einsatzminuten.

Wie Gravenberch stand auch er im Pokalspiel in der Startelf. Mit 17 Jahren und 126 Tagen wurde er dabei zu Bayerns bisher jüngstem Pflichtspiel-Torschützen. Zehn Tage später wurde er beim 2:2 gegen Stuttgart, wo er ebenfalls von Beginn an spielte, auch zum jüngsten Bundesliga-Torschützen der Münchner.

Nagelsmann sieht in ihm einen "Dribbler und Zocker", dem er in dieser Saison 10 und irgendwann auch mal 40 Tore zutraut.

Und auch Hasan Salihamidzic schwärmte von dem Ausnahmetalent, das dem FC Bayern eine Ablöse von bis zu 28,5 Millionen Euro wert war: "Er brennt jeden Tag, ist gierig und ehrgeizig, hat eine Topmentalität. Er hat alle Voraussetzungen, ein richtig guter Spieler zu werden."

Der Sportvorstand sprach von "fußballerischer Klasse, die angeboren ist" und berichtete, dass der Teenager selbst an trainingsfreien Tagen an sich arbeite. "Das sehen wir gerne. Wenn er so weitermacht, hat er eine gute Zukunft vor sich."

Droht Bayern ein Roca 2.0?

Weil sowohl Gravenberch als auch Tel gegen Leverkusen zum wiederholten Mal kaum eine Rolle spielten, sahen sich einige Fans schon an den Fall Marc Roca erinnert. Nagelsmann habe in den beiden Jungstars "seinen Roca 2.0 und 3.0" gefunden, schrieb gar einer bei Twitter.

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Auch der Spanier wurde zwar regelmäßig gelobt, aber dennoch kaum eingesetzt. Im Sommer wurde er schließlich an Leeds United verkauft, wo er nun Stammspieler und Leistungsträger ist. Das steht bei Gravenberch und Tel freilich nicht mal ansatzweise zur Debatte.

Mit einer neuen Startelfchance für die beiden würde Nagelsmann jedenfalls trotzdem zur Beruhigung der Gemüter beitragen – nicht nur bei den Fans.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
  • Pressekonferenz von Julian Nagelsmann vom 03.10.2022
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