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Makaay: Bayern fehlt die alte Dominanz


Stürmerlegende exklusiv
Makaay: Bayern fehlt die alte Dominanz

t-online, David-Emanuel Digili

24.10.2017Lesedauer: 8 Min.
Roy Makaay kam 2003 für insgesamt 19,7 Mio. Euro zu den Bayern – damals Vereinsrekord.Vergrößern des BildesRoy Makaay kam 2003 für insgesamt 19,7 Mio. Euro zu den Bayern – damals Vereinsrekord. (Quelle: imago-images-bilder)
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Er war kaum zu sehen, wurde vergessen – und schlug genau dann zu: Roy Makaay traf in vier Jahren beim FC Bayern wie am Fließband, sorgte bei gegnerischen Abwehrspielern und Torhütern für Albträume – als gefährlichstes "Tor-Phantom" der Bundesliga. Im Interview spricht die Stürmerlegende über die Probleme der niederländischen Nationalelf, über seine Freundschaft zu Bastian Schweinsteiger – und über ein prägendes Erlebnis in München.

Ein Interview von David-Emanuel Digili

Von 2003 bis 2007 spielte Makaay für den Rekordmeister, schoss in 129 Bundesligaspielen 78 Tore, wurde je zwei Mal Deutscher Meister und DFB-Pokalsieger. Nach dem Karriereende bei Feyenoord Rotterdam 2010 blieb er beim Traditionsklub, ist heute Stürmertrainer der ersten Mannschaft und Chefcoach von Feyenoord II. t-online.de traf Makaay im altehrwürdigen Stadion "De Kuip" in Rotterdam.

t-online.de: Herr Makaay, was hätten die Niederlande in der WM-Qualifikation eher gebraucht: Ein Tor-Phantom – oder einen Stürmertrainer?

Roy Makaay (42): Puh, gute Frage. Ich glaube einfach, sie hätten von allem mehr gebrauchen können. Die Quali lief von Anfang an schwer. Seit Trainer Dick Advocaat da ist, hat man vier von fünf Spielen gewonnen, aber das Problem lag davor.

Was meinen Sie genau?

Das Unentschieden gegen Schweden (1:1 am 1. Spieltag, Anm. d. Red.), die Niederlage in Bulgarien (0:2 am 5. Spieltag, Anm. d. Red.), dann hat Schweden auch noch gegen Frankreich gewonnen (2:1 am 6. Spieltag, Anm. d. Red.) – durch einen Torwartfehler. Seitdem schon war es fast unmöglich. Dann kommt auch noch dazu, dass nicht der direkte Vergleich zuerst zählt, sondern das Torverhältnis. Holland hätte im letzten Spiel gegen Schweden mit sieben Toren Vorsprung gewinnen müssen. Aber es hat von Anfang an einfach nicht gepasst.

Die Auftritte waren meist durchwachsen.

Es kam aber auch von den Ergebnissen her alles Negative zusammen: Keiner hat damit gerechnet, dass Schweden in Frankreich gewinnen würde. Aber so etwas passiert dann eben auch, man darf nie etwas ausschließen. Jetzt muss man abwarten. Die ältere Generation um Arjen Robben, die hören jetzt alle auf, und eine neue Mannschaft muss aufgebaut werden.

Die Niederlande waren ja immer bekannt für ihre großartige Jugendarbeit…

Talente gibt es natürlich immer. Aber man muss eines bedenken, gerade wenn man auf die aktuelle Nationalmannschaft schaut: Früher waren die Spieler fast ausschließlich bei großen Vereinen unter Vertrag. Jetzt ist es nur Robben, der bei den Bayern spielt. Der Rest spielt nicht mehr bei Barcelona, bei Real Madrid oder bei Manchester City. Das spielt natürlich auch eine Rolle.

Wo liegt also das eigentliche Problem?

Vielleicht muss man einfach sagen: Aktuell ist eben die Qualität nicht da. Man kann zwar fordern „Wir brauchen zehn Neue“ – aber was macht man, wenn die nicht da sind? Viele haben bei ihren Vereinen auch kaum gespielt. Vincent Janssen zum Beispiel, der bei Tottenham kaum zum Einsatz kam. Nach seinem Wechsel zu Fenerbahce hat es sich gebessert, aber in der Nationalmannschaft hat er auch vorher ständig gespielt – obwohl er null Spielpraxis hatte. Robben war dazu auch ein paar Mal verletzt.

Das zweite große Turnier in Folge wurde verpasst. Wie soll es dann jetzt weitergehen mit „Oranje“?

Dass Robben aufhört, ist sehr schade, aber er hat sich diesen Schritt sicherlich gut überlegt. Er weiß selbst, was für ihn das Beste ist. Man muss sich Zeit nehmen. Die Frage ist jetzt erst mal: Wer wird neuer Nationaltrainer? Beim Verband lief zuletzt ja auch nicht alles reibungslos. Die nächste Qualifikation beginnt ja erst im kommenden September. Wenn man dann einen guten Trainer gefunden hat, muss man weitersehen. Ich lasse mich überraschen, wer das wird.

Auch ein zweites Ex-Team von Ihnen hatte zuletzt Probleme, bis Jupp Heynckes übernahm: Der FC Bayern. Wie haben Sie die Entwicklung der letzten Monate beobachtet?

Das hat sich abgezeichnet. Es fing ja schon in der Vorbereitung an, als die Ergebnisse nicht gestimmt haben. Dann kamen immer mehr Berichte aus den Medien hinzu, der Druck wurde größer, und die Resultate gerade in den letzten Wochen wurden nicht besser. Dann kriegen sie auch noch das 0:3 in Paris – auch wenn das vom Spielverlauf her zu hoch war. Dann waren auch noch einige Spieler unzufrieden.

Untypisch für die Bayern…

Sie haben ja auch schon im letzten Jahr insgesamt längst nicht mehr so dominant gespielt wie zuvor. In dieser Saison lief es auch nicht so wie erwartet, bis auf ein, zwei Spiele. Man hat deutlich gesehen, wie sich das Spiel nach Pep Guardiola verändert hat. Schauen Sie sich jetzt mal Manchester City an unter Guardiola: Aktuell sind die fast unschlagbar. Natürlich hat es dort auch Zeit gebraucht – und viele Einkäufe.

In der Bundesliga wurden die Bayern zuletzt zum fünften Mal in Folge Meister.

Ja, im letzten Jahr hatten sie den Titel relativ schnell in der Tasche, aber: In der Champions League sind sie schon im Viertelfinale ausgeschieden. Da zeigt sich doch aber wieder: Die Champions League ist einfach mit Abstand der schwierigste Wettbewerb. Vor ein paar Jahren noch gab es vielleicht drei, vier Favoriten. Aber heute? Barcelona, Real Madrid, Man City, Manchester United, Atlético Madrid, Juventus Turin und dann auch noch die Bayern. Ich bin mir trotzdem sicher, dass sie natürlich weiterkommen.

Verletzungspech kam dann auch noch dazu…

Es ist ja schon ein Unterschied: Steht Manuel Neuer im Tor oder nicht? Sven Ulreich ist ein guter Torhüter, aber Neuer eben Weltklasse. Ich habe Ulreichs Fehler gegen Wolfsburg gesehen. Das kann natürlich passieren. Das weiß er ja auch sicher selbst. So funktioniert das eben. Ich wünsche mir, dass er dann auch mal ein Spiel hat, wo er mit seinen Paraden überragt und die drei Punkte festhält.

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Im Sommer überraschte der Rekordmeister dazu mit der Entscheidung für Hasan Salihamidzic als neuer Sportdirektor.

Mich auch! Ich kann das aus der Entfernung zwar schwer beurteilen. Aber er kennt den Verein, weiß, wie alles funktioniert, und das kann auch für jüngere Spieler sehr gut sein, dass sie wissen: Da ist einer, der genau weiß, wie es läuft – in guten und in schlechten Zeiten. Schon als Mitspieler war es super, ihn an der Seite zu haben.

„Brazzo“ ist auch ein alter Weggefährte aus Ihrer Zeit bei den Bayern. Erinnern Sie sich noch an den 18. September 2002?

Ich weiß, was Sie meinen: Das 3:2 mit Deportivo La Coruña…

…bei dem Sie alle drei Tore geschossen haben.

Ich weiß noch, dass wir die erste spanische Mannschaft waren, die in München gewinnen konnte. Das hatten weder Real noch Barcelona vollbracht. Und dann kamen ausgerechnet wir und schafften das. (lacht)

La Coruña ging durch Sie schon nach zwölf Minuten in Führung – obwohl Sie nur mit einer Notelf angetreten waren…

Es lief einfach alles, nicht nur für mich, sondern für die ganze Mannschaft. Natürlich war es für mich überragend, drei Tore zu schießen. Aber ohne die anderen zehn Mitspieler kann man das nicht.

Der Auftritt brachte Sie ins Visier der Bayern. Im Sommer 2003 wechselten Sie nach München.

Es hatte ja etwas gedauert, nachdem ich endlich unterschrieben hatte…

La Coruña machte Ihnen den Wechsel schwer...

Die Verhandlungen hatten sich über zwei Monate hingezogen, und als ich dann in München war, gab es noch einmal eine Verlängerung – im Fußball gibt es normalerweise ein paar Minuten, bei mir waren es ein paar Tage. (lacht)

Was ist Ihre erste Erinnerung an Ihre Zeit in München?

Die Mannschaft hatte ein Auswärtsspiel in Hannover, ich war noch nicht spielberechtigt und blieb in München, um mit Reha-Trainer Björn Andersson zu trainieren. Dann kam ich ins Vereinsgebäude, und plötzlich schüttelte mir jemand die Hand. Es war Gerd Müller! Er hieß mich willkommen und wünschte mir viel Glück.

Sie waren überrascht?

Ja! Ich hatte ihn zuerst gar nicht erkannt, bis mir einfiel, was er persönlich alles durchgemacht hatte. Das war nicht der Gerd Müller, der „Bomber“, den ich noch vom Spielfeld aus dem Fernsehen kannte. Aber vom besten deutschen Stürmer aller Zeiten begrüßt zu werden, das werde ich nie vergessen.

Die Mannschaft damals war voller Typen: Oliver Kahn, Mehmet Scholl, Jens Jeremies, Brazzo…

Es waren nicht nur wirkliche Typen, es waren auch fantastische Fußballer. Wo soll ich da anfangen? Wenn man so viele Namen nennt, dann vergisst man zwangsläufig welche, die eigentlich dazugehören müssten. Zé Roberto war überragend, oder Michael Ballack, mit Claudio Pizarro hatte ich super Jahre im Angriff, das hat von Anfang an gepasst. Philipp Lahm kam dann noch dazu, Bastian Schweinsteiger war damals noch jung und ungeduldig.

Jugendlicher Übereifer?

Er musste damals mal hier, mal da spielen. Mal als Linksverteidiger, mal rechts an der Seite. Er selbst wollte aber damals schon am liebsten in die Mitte. Ich glaube, das wusste bereits zu diesem Zeitpunkt jeder, dass er mal im zentralen Mittelfeld enden würde.

Ihre Freundschaft ist geblieben…

Wir haben uns schnell sehr gut verstanden. Als er noch bei Manchester United war, habe ich ihn dort kurz besucht. Ich war dort, um mir das Champions-League-Spiel von United gegen Zorya anzuschauen, weil Zorya unser nächster Gegner war. Vor dem Spiel haben wir dann kurz etwas zusammen getrunken.

Dabei stellte sich der Wechsel nach Manchester als Enttäuschung heraus.

Ich weiß, dass das eine schwierige Zeit für ihn war, weil er nicht mal im Kader stand und oft alleine trainieren musste. Jetzt in Chicago merkt man, dass er wieder glücklich ist. Er spielt jede Woche, die Mannschaft hat es in die Playoffs geschafft. Man hat es ihm einfach gewünscht. Er hat als junger Hund angefangen und ist schrittweise erwachsen geworden. Er hat eine überragende Karriere.

Welcher Moment ist Ihnen als Freund besonders in Erinnerung geblieben?

Seinen Auftritt im WM-Finale 2014 wird man nie vergessen. Wenn Holland nicht gewinnt, dann hofft man, dass ein Freund den Titel holt, und am Ende kam es auch so.

Sie wurden beim FC Bayern auch nicht vergessen. Durch Ihre Spielweise bekamen Sie den Spitznamen „Phantom“. Die Anforderungen an Stürmer haben sich in den letzten Jahren stark verändert…

Ja. Robert Lewandowski zum Beispiel ist ein Weltklassestürmer, der jedes Jahr regelmäßig seine Tore macht, unglaublich komplett. Aber er hat noch ganz andere Aufgaben als ich. Cristiano Ronaldo – ist das überhaupt ein echter Stürmer? Oder auch Lionel Messi: Der Beste der Welt, aber kein zentraler Stürmer, wie man ihn kannte. Thomas Müller gilt als Stürmer, ist für mich aber einer, der überall spielen kann.

Unter Ancelotti wurde er bei den Bayern nicht glücklich…

Er ist eher eine Art Zehner, der hinter den Stürmern spielt. Auf der Position hatte er ja auch seine beste Zeit bei den Bayern. Aber Müller kann überall spielen. Vielleicht sollte man ihn irgendwann auch mal als Torhüter einsetzen. (lacht)

Hätte denn ein „Phantom“ heute noch Chancen – oder waren Sie das letzte seiner Art?

Ich denke, es gäbe keine Probleme bei der Anpassung. Man sieht es ja an Spielern wie Luis Suarez oder Zlatan Ibrahimovic. Spieler wie ich, die hauptsächlich im Strafraum ihre Tore machen: Richtige Stürmer. Die wird es immer geben.

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