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Heidenheim-Coach Frank Schmidt vor FC-Bayern-Spiel: "Bin kein Träumer"


FCH-Trainer Frank Schmidt
"Ich bin kein Träumer. Ich bin ein Macher"

  • Noah Platschko
InterviewEin Interview von Noah Platschko

Aktualisiert am 03.04.2019Lesedauer: 7 Min.
Interview
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Gibt immer 100 Prozent: Heidenheims Cheftrainer Frank Schmidt.Vergrößern des Bildes
Gibt immer 100 Prozent: Heidenheims Cheftrainer Frank Schmidt. (Quelle: Sportfoto Rudel/imago-images-bilder)

Frank Schmidt ist der dienstälteste Trainer der beiden höchsten deutschen Spielklassen. Im Interview mit t-online.de spricht er über seinen Plan gegen die Bayern und eine der größten Pokal-Sensationen.

Seit dem 17. September 2007 trainiert Frank Schmidt den 1. FC Heidenheim. Der 45-Jährige übernahm den Verein von der Ostalb in der Oberliga Baden-Württemberg – und führte ihn in weniger als zehn Jahren aus der fünften in die zweite Liga. Noch vor Freiburgs Christian Streich ist Schmidt, der unweit der Heidenheimer Arena geboren und aufgewachsen ist, dienstältester Trainer der 1. und 2. Liga.

Vor dem Duell mit dem FC Bayern im DFB-Pokalviertelfinale (18.30 Uhr, im Liveticker auf t-online.de) spricht der FCH-Trainer unter anderem über die Hürde Bayern München, die Comeback-Qualitäten seiner Mannschaft sowie darüber, wie er einst als Spieler die Bayern schlug.

t-online.de: Herr Schmidt, wissen Sie, von wem folgendes Zitat stammt: "Wenn ich spiel, dann gibt’s nichts zu verschenken"?

Ich glaube, das stammt von mir.

Wissen Sie noch, in welchem Kontext Sie das gesagt haben?

Das Gesagte gilt grundsätzlich für mich im Leben, aber ich vermute Sie spielen auf den Trainer-Film, eine Dokumentation von Aljoscha Pause aus dem Jahr 2013 an, in dem ich gesagt habe, dass ich meine kleinen Töchter nicht beim Mau-Mau-Spielen gewinnen lasse.

Richtig. Gewinnen Sie denn heute noch im Mau-Mau gegen Ihre Töchter?

Meine Kinder sind mittlerweile ausgezogen und haben eine Schwestern-WG, da wird wenig Mau-Mau gespielt. Ich glaube, die spielen mittlerweile andere Sachen (lacht).

Zurück zum Fußball. Ich gehe davon aus, dass die Bayern am Mittwoch nichts geschenkt bekommen.

Mit Sicherheit nicht. Wir sind Profis und haben uns das Viertelfinale verdient. Sicherlich gibt es lösbarere Aufgaben, aber wir fahren da nicht hin, um abzuschenken oder nur Schadensbegrenzung zu betreiben. Wir werden versuchen, unser bestes Spiel zu machen und wenn Bayern eine Tür aufmacht, versuchen wir durchzugehen. Wir können nur beeinflussen, mit welcher Haltung wir ins Spiel gehen und uns mit allem wehren, was in uns steckt.

Ihre Mannschaft spielt gerne und mit viel Tempo nach vorne. Wie gehen Sie die Partie gegen die vermeintlich übermächtigen Bayern an?

Wir sind keine Catenaccio-Mannschaft, das ist nicht unsere DNA. Gegen Teams wie die Bayern wird man notgedrungen hinten reingedrückt, klar, aber wir wollen eine gewisse Höhe im Verteidigen haben. Bayern wird oft am Ball sein, aber wenn WIR ihn haben, dürfen wir nichts herschenken. Wir lauern auf unsere Situation und wissen, dass wir uns das nötige Glück auch erarbeiten müssen. Gelingt es uns, in kurzen Abständen zu verteidigen, gelingt es uns den Ball zu erobern – dann können wir mit dem Ball schon auch etwas anfangen.

Im schlimmsten Fall kann das Böse ausgehen.

Natürlich sind wir eine Mannschaft, die mit Risiko spielt. Wenn Bayern, wie gegen Freiburg am Wochenende, 27 Torabschlüsse hat, dann glaube ich nicht, dass sie nur ein Tor schießen werden. Darum werden wir die Bayern aber auch so weit wie möglich vom Strafraum weghalten.


Hat es Sie eigentlich enttäuscht, dass die Partie nicht im Free-TV übertragen wird?

Ich glaube, dass es die Bayern mehr enttäuscht als uns. Aber ich finde es auch schade, weil es eine Aufgabe ist, die es für uns so in der Form noch nie gab. Enttäuscht bin ich nicht, aber ich finde es überraschend, weil davon eigentlich nicht auszugehen war. Letztendlich sollte man sich mit den Dingen, die man selbst nicht beeinflussen kann, nicht allzu lange aufhalten.

Im Achtelfinale schlugen Sie mit Leverkusen bereits eine Bundesliga-Mannschaft, als Belohnung müssen sie jetzt auswärts zu den Bayern. Fänden Sie es grundsätzlich gerechter, wenn der unterklassige Verein immer Heimrecht hat?

(Überlegt kurz) Das weiß ich nicht. Wenn jetzt der HSV oder Köln zu einem Verein aus der unteren Tabellenhälfte der Bundesliga reisen müsste und dann das Heimrecht getauscht werden würde, dann würden auch viele sagen: Das passt doch gar nicht.

Ich finde den DFB-Pokal gut so wie er ist und würde ihn auch nicht ändern wollen, weil er jedes Jahr eine oder mehrere Geschichten schreibt. Wir nehmen das Los an – und ersparen uns nebenbei auch ein wenig Ärger.

Wieso Ärger?

Natürlich würden wir gerne zuhause spielen. Aber ganz pragmatisch gedacht: Wir haben nur 15.000 Plätze bei uns in der Voith-Arena. Wenn jeder Partner, Sponsor oder Fan noch mehr Leute mitgenommen hätte, dann wäre unsere Kapazität ganz schnell ausgereizt. So kann jetzt jeder, der will, aus Heidenheim mit. Das hat dann auch etwas Gutes.

Fünf Spiele in dieser Saison, inklusive dem Sieg im Pokal gegen Leverkusen, konnte Heidenheim nach Rückstand noch in einen Sieg umwandeln. Woher nimmt Ihr Team diese Kraft?

Es geht um Mentalität. Es geht um die Eigenschaft, wie man miteinander lebt, trainiert und welche Fähigkeiten man hat. Es war schon oft in meiner Karriere der Fall, dass die Halbzeitpause dazu da war, das Spiel zu emotionalisieren und die Dinge neu auszurichten. Es ist ein großes Kompliment für uns, dass es für Mannschaften unangenehm ist gegen uns zu spielen. Unsere Idee vom Fußball geben wir an jeden Spieler weiter – das kann ein großes Pfund gegen individuelle Qualität sein.

Gegen die Bayern ist ein Rückstand nicht unwahrscheinlich…

Natürlich, aber vielleicht überraschen wir auch. Wir wollen die Partie offenhalten. Aber wenn es einen Rückschlag gibt, dann geht es darum, an dem anfänglichen Plan festzuhalten. Und nicht in eine Defensiv-Abwehr-Negativ-Haltung zu verfallen.

Ein Sieg gegen den FCB ist Ihnen vor 25 Jahren schon einmal gelungen. Am 14. August 1994 bezwangen Sie mit dem TSV Vestenbergsgreuth den FC Bayern München. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Partie?

Es war eine ähnliche Grundkonstellation. Die Partie wurde damals im ZDF übertragen und Bela Rethy war damals schon der Kommentator. Ich kann mich sehr gut daran erinnern, wie fokussiert wir waren, wie wir uns Minute für Minute gesteigert haben und der Glaube immer größer wurde.

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Das Spiel war permanent offen, kurz vor der Pause hat Roland Stein uns dann in Führung geköpft. Und in der Halbzeit war uns dann klar: Wenn wir so weiterspielen und zusammenhalten, dann können wir es schaffen. Und so kam es dann zu einer der größten Sensationen im DFB-Pokal.

Gibt es irgendetwas, was Sie Ihren Spielern für Mittwoch von dieser Partie mitgeben?

Ganz ehrlich: Das ist 25 Jahre her. Ich möchte meine Spieler nicht damit langweilen, wir haben unsere eigene Identität. Für mich geht es um Inhalte und um Verhaltensweisen – daraus sollen die Spieler Stärke ziehen und nicht aus alten Kamellen von mir.

Heidenheim spielt das fünfte Jahr in Folge in Liga zwei und derzeit die beste Saison der Vereinsgeschichte. Im Oktober vergangenen Jahres verlängerten Sie ihren Vertrag bis 2023. Was sind ihre Ziele mit dem FCH?

Man muss sich nur unsere Neuzugänge anschauen: Einer kam aus der dritten Liga, drei aus der Regionalliga und drei aus unserem Hartmann-Nachwuchsleistungszentrum. Heißt: Wir mussten und müssen Aufbauarbeit leisten. Aber das ist genau das, was mich antreibt: Junge Menschen auf ihrem Weg zu begleiten. Sie dahin zu bringen, dass sie der Mannschaft helfen, ihre Ziele zu erreichen. Das wird auch in den nächsten Jahren in Heidenheim so bleiben. Wir müssen uns jedes Jahr alles neu verdienen.

Sie pflegen ein freundschaftliches Verhältnis zum Vorstandsvorsitzenden Holger Sanwald. Inwieweit ist diese vertrauensvolle Zusammenarbeit der Garant für den Erfolg?

Für einen Trainer ist es immens wichtig, das Vertrauen ausgesprochen zu bekommen. Wenn man andere Vereine betrachtet: Da gibt es oft so viele unterschiedliche Interessen – und jeder versucht seine eigene Haut zu retten. Bei uns hat sich das Vertrauen entwickelt, das ging nicht von heute auf morgen. Nicht nur, dass wir miteinander, sondern auch, dass wir füreinander sprechen. Wir leben einen familiären Umgang, denken aber sehr professionell.

Vergangene Saison mussten Sie erstmals bis Saisonende um den Klassenerhalt zittern.

Ja. Und dass ich vergangene Spielzeit, trotz der schwierigen Phase, in der wir waren, solch ein großes Vertrauen gespürt habe, das hat mich auch nochmal darin bestärkt, den Vertrag langfristig zu verlängern. Wir alle wollen den Verein voranbringen – und zwar als Teamplayer und nicht als One-Man-Show.

Die zweite Liga ist seit fünf Jahren Realität. Ein FCH-Trainer Frank Schmidt in der dritten Liga ist dem zufolge ausgeschlossen?

Ja, das ist auch so klar kommuniziert. Mir war es bei der Vertragsverlängerung (im Oktober 2018, Anm. d. Red.) wichtig zu sagen, dass ich nur für die erste und zweite Liga verlängere – und so ist mein Vertrag nun auch ausgestattet. Ich habe den klaren Auftrag, den Verein in der zweiten Liga weiter zu etablieren. Das bedeutet im Umkehrschluss auch, dass es einen neuen Anlauf aus der dritten Liga so in der Form nicht geben würde.


"Nichts ist so beständig wie der Wandel" schrieb Holger Sanwald in seiner Diplomarbeit. Wäre der Aufstieg in die Bundesliga die schönste Veränderung für den FCH, die Sie sich vorstellen könnten?

Wissen Sie: Ich bin bodenständig, lebe im Hier und Jetzt und rede nicht über das, was einmal sein könnte. Ich bin schon froh, wenn wir am Mittwoch ein tolles Spiel machen und uns von unserer besten Seite zeigen. Ich bin kein Träumer. Ich bin ein Macher.

Verwendete Quellen
  • Portrait des 1. FC Heidenheim auf "swr.de"
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