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Atletico Madrid feiert seinen Heiland Fernando Torres


Romantiker und Friedensstifter
Atletico Madrid feiert seinen Heiland Torres

Von t-online
08.01.2015Lesedauer: 4 Min.
Atletico-Stürmer Fernando Torres gibt wieder die Richtung bei den Rojiblancos vor.Vergrößern des BildesAtletico-Stürmer Fernando Torres gibt wieder die Richtung bei den Rojiblancos vor. (Quelle: Reuters-bilder)
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Aus Madrid berichtet Florian Haupt

Carlo Ancelotti, ein weiser Mann unter den Trainern, hatte es schon vorher geahnt: "Bereits ohne zu spielen, hat Fernando Torres viel Enthusiasmus gebracht". Gegen sein Real Madrid debütierte der Vereinsheld von Atletico Madrid dann am Mittwochabend. Zum Spiel trug er während seiner einstündigen Schicht gar nicht so viel bei. Aber der Enthusiasmus reichte auch, damit Atletico dem Stadtrivalen im Achtelfinalhinspiel des spanischen Pokals mal wieder eine bittere Niederlage beifügen konnte.

Die dritte in Folge, nach dem sommerlichen Erfolg im Supercup und einem 2:1-Auswärtssieg wenig später in der Liga. Atleticos Trainer Diego Simeone scheint sich Real so perfekt ausgeguckt zu haben, das er jederzeit an den richtigen Schrauben zu drehen versteht.

Auch das Champions-League-Finale beider Klubs war ja bis zur 94. Minute gewonnen und ging wohl nur verloren, weil er durch die Caprice seines vermeintlich wundergeheilten und dann doch schnell wieder verletzten Stürmers Diego Costa schon nach neun Minuten hatte wechseln müssen. Gegen Ancelotti führt Simeone in der Derbybilanz klar, und dennoch: Ohne Torres hätte es nun im Estadio Vicente Calderon wohl keinen so erfolgreichen und schon gar nicht so stimmungsvollen Abend gegeben.

Heimkehr des verlorenen Sohnes

Die Heimkehr des verlorenen Sohnes überdeckt zumindest fürs erste die Wunden, die der brutale Mord an einem Fan von Deportivo La Coruna durch Anhänger des "Frente Atletico" hinterlassen hat. Die Mitglieder der tonangebenden Ultra-Gruppierung im Calderon werden jetzt nur noch als Einzelpersonen eingelassen und dürfen ihre Symbole nicht mehr verwenden. Anstatt mit Einsicht reagierten sie jedoch mit einem Anfeuerungsboykott, der das gesamte Publikum spaltete.

Nicht zufällig wurde just das nächste Heimspiel nach dem Todesfall gegen Villarreal verloren – die erste Ligapleite vor heimischem Publikum seit über zwei Jahren.

Atletico muss in allen Bereichen am Limit agieren

Zumindest für Torres' Comeback machte der so mächtige wie gefürchtete "Frente" jetzt eine Ausnahme vom Stimmungsstreik. Gegen Real wurde wieder gesungen. Die für Atleticos Selbstverständnis so wichtige Einheit mit den Rängen scheint fürs erste wieder hergestellt, Simeone konnte die Massen wie eh und je von der Seitenlinie aus dirigieren.

Der Trainer ist fest davon überzeugt, dass die fortgesetzte Herausforderung der ungleich reicheren Real und Barcelona nur möglich ist, wenn Atletico in allen Bereichen am Limit agiert und ein Rädchen perfekt ins andere greift, Publikum inklusive.

Torres: engelsgleiches Gesicht mit epochalem Talent

Wurde Torres also vor allem für den inneren Frieden nach Hause geholt? Romantisch ist seine Geschichte allemal. Vor siebeneinhalb Jahren verließ er seinen Herzensklub, weil er es tun musste: Damals mäanderte Atletico im Mittelmaß herum, wenn überhaupt. Als El Nino mit 17 in der ersten Mannschaft debütierte, spielte die bloß in der zweiten Liga. Das ist auch der Grund für seinen besonderen Status: in der bittersten Stunde erschien er zur Rettung, mit engelsgleichem Gesicht und epochalem Talent.

Doch die Rolle des Heilands kann auch sehr anstrengend sein. Schon mit 19 wurde er Kapitän, früh lastete auf ihm viel Verantwortung, zu viel – womöglich hat er auch deshalb mit 30 seine besten Tage schon hinter sich. Die erlebte er ab 2007 in Liverpool und als Torschütze im EM-Finale 2008 gegen Deutschland. Bei den Siegesfeiern kleidete er sich in die Atletico-Flagge. Er war der Botschafter eines Klubs, der über die Stadtgrenzen hinaus in Vergessenheit zu geraten drohte.

Bei der Begeisterung über seine Rückkehr ist daher auch viel Dankbarkeit mit im Spiel. 45.000 Fans kamen zu seiner Präsentation, über 2000 seiner Trikots verkaufte der Klub an jenem Tag allein im Stadion. Torres hat sich für seine zweite Schaffensphase die Nummer 19 ausgesucht. Seine angestammte 9 ist schon vergeben (an Mario Mandzukic), da entschied er sich für die Nummer seines Jugendidols Kiko, dem Atletico-Mittelstürmer der 1990er Jahre. Noch eine dieser Gesten.

Simeone und der "Resultats-Fußball"

Ob er über seinen emotionalen Wert hinaus auch sportlich gebraucht wird, ist hingegen eine offene Frage. El Nino kommt ja in eine ganz andere Mannschaft zurück, "eine von Männern", wie Simeone sie gern nennt: eine, die wie derzeit keine andere in Europa den "Resultats-Fußball" beherrscht und den Klub so aus dem Mittelmaß an die kontinentale Spitze geführt hat.

Typisch wurde das Pokalspiel gegen Real mit nur 27 Prozent Ballbesitz, intelligenter Abwehrarbeit und atemberaubender Effizienz gewonnen. Die Tore entsprangen einem von Raúl Garcia clever herausgeholten Elfmeter und einem Kopfballtor von Innenverteidiger José Maria Gimenez nach Eckball.

Torres bringt "Motivation und Heiterkeit"

Für einen Stürmer gibt es dankbarere Spielansätze, aber Torres wird sich garantiert nicht beschweren. Erstens ist er Soldatenfußball schon aus seiner Zeit unter José Mourinho bei Chelsea gewohnt. Zweitens ist er nach unglücklichen Jahren in London und einem völlig verkorksten Leihausflug zum AC Mailand so froh, wieder bei Atletico zu sein, dass er sich klaglos auch als Torwart aufstellen lassen würde.

Zumal er jetzt ja eben bei einem Atletico gelandet ist, das gewinnt – im insgesamt zehnten Versuch feierte er seinen ersten Derbysieg überhaupt gegen Real Madrid. "Motivation und Heiterkeit" habe Torres eingebracht, lobte sein Trainer nach dem Spiel.

Entscheidender Ballgewinn gegen Ramos

Simeone hatte Grund, zufrieden zu sein. Konkret war Torres zwar wenig gelungen, er hatte kaum Ballkontakte und rannte viel ins Abseits. Doch er rackerte wie sich das für einen Atletico-Spieler gehört und er hatte eine wichtige Szene: einen fulminanten Ballgewinn gegen Sergio Ramos, der seinen Freund aus der Nationalelf wohl so verstörte, dass er in der nächsten Szene den Elfmeter verursachte.

Überrumpelungstaktik und Detailpflege: so gewinnt Atletico seit der Amtsübernahme von Simeone ein Spiel nach dem anderen. "Ich hoffe, dass mir meine Teamkollegen helfen, zu begreifen, was sich bei Atletico verändert hat", hatte Torres nach seiner Präsentation gesagt. Die ersten Lektionen hat er offenbar schon gelernt.

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