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CDU-Fan Leslie Mandoki: "Söder und Habeck hätten das Land gerockt"


CDU-Fan Leslie Mandoki
Jubel für Laschet: "Das fand ich völlig unangemessen"

  • Steven Sowa
InterviewVon Steven Sowa

16.09.2021Lesedauer: 7 Min.
Interview
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Mandoki feiert mit Laschet: Hier wird der CDU-Kanzlerkandidat nach dem Triell, auch von Prominenten, umjubelt – die Bilder sorgten für Spott. (Quelle: t-online)

Leslie Mandoki hält mit seinen Sympathien für die CDU nicht hinter dem Berg. Doch zuletzt gab es viel Spott für die Partei und auch der Musiker war involviert. Ein Interview über Politik und Fremdscham.

In Budapest jubelten ihm kürzlich 30.000 Leute zu. Leslie Mandoki war mit seinem neuen Album "Utopia for Realists" angetreten – und hatte musikalisch für Begeisterung gesorgt. In einem Video, das Anfang dieser Woche durch die sozialen Medien geisterte, gab es zwar auch Jubel, doch so richtig dafür begeistern konnten sich nur hartgesottene CDU-Anhänger.

Der ehemalige Dschinghis-Khan-Star ist darin neben Unionskanzlerkandidat Armin Laschet zu sehen. "Armin Laschet wird Kanzler" skandieren die Umstehenden, darunter neben Mandoki auch Schauspielerin Uschi Glas. Angesichts der aktuell desaströsen Umfragewerte gab es Spott und Häme für die ausufernden Fangesänge auf Laschet. Auch der bekennende CDU-Fan Mandoki schämt sich – und spricht im Interview mit t-online über das Schlamassel der Union, die Stärken von Markus Söder und sein Problem mit Angela Merkel.

t-online: Sie waren am Sonntag in einer Szene zusammen mit Unionskanzlerkandidat Armin Laschet zu sehen, Herr Mandoki. Jubel brandete auf, auch Uschi Glas war mit dabei. Es wurde "Armin Laschet wird Kanzler" gesungen. War Ihnen die euphorische Stimmung unangenehm?

Leslie Mandoki: Natürlich war ich in dieser für mich extrem überraschenden und befremdlichen Szene sehr zurückhaltend, denn ich fand den Jubel der engagierten, jungen Leute freundlich, aber in diesem Kontext für mich völlig unangemessen. Meine Kritik an diesem gesamten Wahlkampf ist die parteiübergreifende Ambitionslosigkeit.

Wie meinen Sie das genau?

Der Wahlkampf ist entpolitisiert und beschäftigt sich leider fast nur mit Oberflächlichkeiten. Dabei sind die Herausforderungen, die vor uns liegen, so bedeutend, dass wir sie nur gemeinsam, also Old Rebels zusammen mit den Young Rebels, bewältigen können. Deshalb muss unabhängig von der Parteienpräferenz versucht werden, das Miteinander, das Gemeinsame, das Verbindende hervorzuheben und nicht das Spaltende. Das müssen wir überbrücken.

Haben Sie einen Beleg dafür, wie kraftlos und ambitionslos die Situation Ihrer Ansicht nach ist?

Im Triell wurde über das Bildungssystem, in dem wir in allen Bereichen massive Defizite haben, gar nicht gesprochen. Dass sich von den Top 50 Universitäten der Welt keine in Deutschland befindet, ist tragisch. Nicht einmal ansatzweise wurde über Europa gesprochen. Dabei ist es so wichtig, dass die auseinanderdriftende EU wieder zusammengeführt wird. Nach Willy Brandts Motto: "Wandel durch Annäherung".

Sind Ihnen die Bilder, die dort beim Jubelvideo entstanden, also rückblickend unangenehm?

Diese peinlichen Bilder der Jubelaktion geben nicht die kritische Situation wieder. Dass ich vom Triell deshalb mit Armin Laschet und einigen CDU-Granden zum Konrad-Adenauer-Haus fuhr, weil wir schon während der Fahrt und auch später noch genau über diese Redlichkeit der Politik und über die fehlende visionäre Kraft, also ein "Utopia for Realists" sprachen.

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Sie haben für die Union Wahlkampf gemacht, sind mit Armin Laschet gut befreundet, sind CDU-Wähler. Sind Sie politisch wirklich so leicht zu verorten?

Die künstlerimmanente Freiheit passt in keine Schublade. Ich halte Armin Laschet für eine sehr aufrichtige Persönlichkeit, das stimmt. Aber ich kann mich auch für einige Ideen, die Sahra Wagenknecht formuliert, erwärmen. Zum Beispiel was die Rüstungsindustrie betrifft und beim Stopp von Waffenexporten bin ich ihrer Meinung. Ich finde auch Christian Lindners Idee gut, dass wenn wir signifikanten Wohnraumbedarf haben, wir das nur hinkriegen, wenn wir die Leute bauen lassen – das muss mit besseren Rahmenbedingungen gefördert werden. Deckelungen helfen uns nicht weiter, weil sie keinen zusätzlichen Wohnraum schaffen.

Sie wohnen in Bayern am Starnberger See. Müssten Ihnen nicht auch die Grünen aus der Seele sprechen mit ihren Ideen für den Erhalt der Natur?

Der Erhalt der Natur ist substanzielle Generationsgerechtigkeit. Ich kann mich mit vielen Ideen der Grünen identifizieren. Aber hier in Bayern läuft vieles in diesen grünen Bereichen bereits sehr gut. Der Starnberger See hat Trinkwasserqualität. Bayern ist ein Land mit einem funktionstüchtigem Bildungssystem und einer guten Umweltpolitik. Hier wird einfach handwerklich gut regiert. In Bayern wurde schon vor langer Zeit weltweit das erste Umweltministerium gegründet.

Sie sind noch konservativer, als ich dachte.

Ich möchte, dass meine Urenkel noch im Starnberger See baden können und dass in Chile keine Umweltkatastrophen entstehen, weil wir immer mehr Batterien für unsere Autos brauchen, um nur zwei Beispiele aufzugreifen. Ist das konservativ?

Das muss jeder für sich selbst beantworten, wie er die Politik von Markus Söder und der CSU in Bayern nennen will. Aber mitnichten ist es so, dass Bayern das deutsche Paradies auf Erden ist. Allein das Krisenmanagement in der Pandemie hat das gezeigt. Bayern wurde hart getroffen – und rangiert in Sachen Impfquote auf dem vorletzten Platz im Vergleich der Bundesländer.

Da gebe ich Ihnen recht. Meine Gattin hat eine Arztpraxis hier in Bayern. Daher weiß ich: Vieles hat nicht funktioniert. Das Gemeinwesen wird aber eigentlich gut gemanagt, und das ist ein großer Wert.

Wäre Markus Söder also der bessere Kanzlerkandidat für die Union gewesen?

Diese Entscheidung hat Wolfgang Schäuble getroffen. Ich kann nur sagen: Ein Mann wie Markus Söder als Macher begeistert die Massen, er ist ein Charismatiker. Das unterscheidet ihn vielleicht von Armin Laschet. Aber die Entscheidung ist damals gefallen.

Klingt nicht so, als wären Sie sehr überzeugt von Armin Laschet.

Ich kenne und schätze Armin Laschet schon sehr lange. Wir haben uns schon öfter getroffen und immer lange und intensiv diskutiert. Zuletzt bei der Debatte zum Urheberrecht, bei der es um geistiges Eigentum geht. In Zukunft werden die ersten 15 Sekunden eines Musikstücks enteignet, das ist eine Katastrophe für uns Künstler.

Aber das beantwortet nicht die Frage, warum Sie Armin Laschet weniger zutrauen, die Massen zu mobilisieren als Sie es bei Markus Söder tun.

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Wenn Armin Laschet mir sein Wort gab, hat er sich immer daran gehalten, auch bei unserer substanziellen Kontroverse den Hambacher Forst betreffend. Die Baumhäuser zu räumen mit den unzutreffenden Argumenten war falsch. Gerade weil wir nicht immer einer Meinung waren, halte ich ihn für einen sehr integren Mann, eine ehrliche Haut. Er hat eine verbindende Persönlichkeit und ist ein großer Teamplayer. Wie das Beispiel in NRW mit der Staatsministerin für Integration, Serap Güler, und Innenminister Herbert Reul zeigt: Laschet kann scheinbare Ambivalenzen zusammenführen. Er steht für Versöhnung.

Aber eben nicht dafür, die Wahl zu gewinnen.

Wenn ich das so sage, meine ich das nicht oberflächlich. Ich kenne die Umfragen. Die Demoskopen sollten Stimmungen messen und nicht Stimmungen machen.

Was hätten Sie sich denn anders gewünscht?

Ich hätte gerne auch Robert Habeck und Markus Söder im Diskurs, im Zukunftsteam an der Spitze dieses Landes. Diese beiden hätten das Land auch gerockt. Aber wie gesagt: Auch Christian Lindner und Sahra Wagenknecht sind kluge Persönlichkeiten.

Was genau macht diese Leute aus Ihrer Sicht so stark?

Ich kenne Markus Söders Stärke. Er ist sehr ehrgeizig und zielstrebig. Christian Lindner hat sehr wertvolle Ansätze. Robert Habeck ist ein ausgewiesener Intellektueller, er formuliert gute Ideen, ist sehr reflektiert. Etliche Ideen von Sahra Wagenknecht sind sehr gut, die geniale Rhetorik von Gregor Gysi könnte man da auch noch erwähnen. Diese Persönlichkeiten würden zusammen den Reformstau auflösen und eine visionäre Politik machen.

Bei wem würden Sie unruhig werden?

Weniger ruhig wäre ich, wenn Saskia Esken und Janine Wissler in Entscheidungspositionen kämen. Denn sie wüssten sicherlich keine Antwort darauf, wie eine Normalfamilie bei der derzeitigen hohen Inflationsrate und null Prozent Zinsen ihre Finanzplanung gestalten sollte.

Aber beim CDU-Politiker Hans-Georg Maaßen wären Sie entspannt?

Nein, bloß nicht!

Der nach aktuellem Stand wahrscheinlichste Kanzler nach den derzeitigen Umfragewerten spielt in Ihren Überlegungen offenbar keine Rolle.

Mit Olaf Scholz habe ich mich auch schon ausgetauscht. Ich denke schon, dass er ein guter Kanzler wäre. Er hat eine patriotische Höchstleistung vollbracht mit der Agenda und damit eines der größten Probleme unserer Zeit geschultert. Aber er ist mitverantwortlich für den schlimmsten Sozialtransfer von unten nach oben. Mit den Cum-Ex-Geschäften wurden Steuergelder der einfachen Bürger an Multimillionäre umverteilt. Trotz all der vielen negativen Punkte ist er eine veritable Persönlichkeit.

Etwas, das Sie auch über Angela Merkel sagen würden?

Absolut. Sie ist eine sehr kluge, sehr inspirierende, großartige Frau mit Haltung, die unser Land 16 Jahre lang durch schwere Zeiten geführt hat. Aber mit einer Sache habe ich ein Problem.

Dann sagen Sie es uns.

Angela Merkel wird uns eine Terminologie hinterlassen, die ich nicht teile: "alternativlos". Lediglich der Diskurs über die Alternativen ist alternativlos.

Sie als Künstler können viel dazu beitragen. Debatten werden häufig auch von Kunst und Musik befeuert.

Absolut, und dafür stehe ich auch. Keine Toleranz für Intoleranz ist mein Motto. Deswegen möchte ich die AfD bei 0,3 Prozent sehen. Das gelingt uns nur, wenn wir einen Diskurs in der Mitte der Gesellschaft führen. Ein Andersdenkender ist kein Feind, sondern nur jemand, der noch überzeugt werden muss. Meine Mission ist es, Musik zu machen, die verbindet – und nicht spaltet. Musik kann die beste Prophylaxe gegen das Eindringen radikalen Gedankenguts in die Mitte der Gesellschaft sein und ist damit ein wichtiger Schutzmechanismus für die Demokratie und unsere Solidargemeinschaft.

Ist diese Spaltung zuletzt besonders offenkundig erkennbar geworden?

Corona war für uns alle ein Charaktertest. Auch wenn ich sehr privilegiert lebe, spüre ich die Spaltung, die diese Krise noch verschärft hat. Wir brauchen nach der Corona-Zeit eine Utopie für Realisten. Denn wir alle spüren, dass es eine Veränderung geben muss.

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Und Sie helfen dabei mit der Kraft der Musik?

Musik ist die Antwort, Musik ist die verbindende Kraft! Ganz in der Tradition des ungarischen Komponisten Béla Bartók, der Anfang des 20. Jahrhunderts Musik als eine Waffe gegen den aufkommenden Faschismus betrachtet hat, möchte auch ich mit meiner Musik gegen die Spaltung ankämpfen. Music is the greatest Unifier! Mit Kreativität und gesellschaftspolitischer Verantwortung. Als Künstler ist es meine Aufgabe, der Stachel im Fleisch der Gesellschaft zu sein. Genau deshalb gibt es jetzt zwei Tage vor den Wahlen unser neues Album "Utopia for Realists".

Wer hat Sie geprägt, dass Sie Ihre Musik mit solchem Eifer nicht nur als Unterhaltungsprogramm begreifen, sondern ganz gezielt mit Ihrem kritischen Bewusstsein paaren?

Mein Vater hat mir das auf den Weg gegeben. Er hat mir am Sterbebett gesagt: "Versprich mir, dass meine Enkelkinder niemals zensierte Zeitungen lesen müssen. Lebe deine Träume und träume nicht dein Leben", war sein letzter Satz, bevor er starb.

Verwendete Quellen
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