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"Mit 80 Jahren um die Welt": Die beste Reality-Show, die es seit Jahren gab


"Mit 80 Jahren um die Welt"
Die beste Reality-Show, die es seit Jahren gab

MeinungVon Janna Halbroth

Aktualisiert am 27.07.2018Lesedauer: 5 Min.
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"Mit 80 Jahren um die Welt": Erika, Bernd, Marianne, Steven Gätjen, Lothar, Christina und Norbert in Südafrika.Vergrößern des Bildes
"Mit 80 Jahren um die Welt": Erika, Bernd, Marianne, Steven Gätjen, Lothar, Christina und Norbert in Südafrika. (Quelle: ZDF und Tom Strohmetz)

Auch alte Menschen dürfen Spaß haben, etwas Neues erleben, ja, haben sogar ein Recht darauf, Abenteuer zu bestreiten. Genau dafür plädiert jetzt ein Reality-Format der besonderen Art.

In meinem privaten Umfeld habe ich mit keinem einzigen Menschen zu tun, der über 80 Jahre alt ist. Keine Großeltern, keine älteren Nachbarn – die Berührungspunkte mit Senioren halten sich also in Grenzen. Das Alter ist etwas, über das ich lieber nicht gerne nachdenke. Es löst Angst aus. Angst vor körperlichen Beschwerden, davor allein, oder auf Hilfe angewiesen zu sein, nur noch auf den Tod zu warten. Ganz anders kommen die sechs Kandidaten in "Mit 80 Jahren um die Welt" daher. Sie sind aufgeschlossen, lebensfroh und vor allem dankbar und ich bin so glücklich, ihnen zuschauen zu können.

Die schönste Botschaft, die es geben kann

Bernd, Christina, Lothar, Marianne, Erika und Norbert sind alle um die 80 und meine neuen Helden. Sie sind Kandidaten der Show "Mit 80 Jahren um die Welt". Sie alle haben in ihrem Leben nicht viel von der Welt gesehen und wollen das nun nachholen, weil – und das ist die schönste Botschaft – es nie zu spät ist, zu leben.

Als ich mir die erste Folge des neuen Formats anschaue, ist nach einer Viertelstunde völlig klar: Die Taschentücher, die ich mir gerade aus der Schublade gefischt habe, den Blick dabei starr auf den Fernseher gerichtet, brauche ich nicht wieder weglegen. Es ist eine Mischung aus Rührung, grenzenloser Anerkennung und vor allem Respekt vor den Senioren, die sich auf ihr bisher größtes Abenteuer begeben.

"Ich glaube, jetzt weiß ich, was Glück ist"

Reality-Formaten wird oft vorgeworfen, dass sie trashig, gescripted und ja, gerne auch mal asozial sind. Keine Spur davon bei der neuen ZDF-Show. Herrlich ehrlich agieren die Senioren da. Sagen Sätze, wie: "Beim Fotografieren musst du den Daumen von der Linse nehmen", oder "Was stellen die hier auch so dämliche Automaten auf". Sie sind eben manchmal auch einfach so, wie man sich das gerne vorstellt. Und dann überwältigen sie einen. Ganz plötzlich, ganz leise, ganz unerwartet: "Ich habe immer gesagt, ich weiß nicht, was Glück ist, aber ich glaube, das hier ist es!", sagt zum Beispiel Lothar beim Anblick von im Schatten sitzenden Löwen in Südafrika. Er hat Tränen in den Augen und wer sich das Spektakel vor dem Fernseher anschaut, der kann ja gar nicht anders, als loszuflennen.

Norberts Frau wird von irgendwo zusehen

Diese Menschen sind langsam am Ende ihrer Lebensreise angekommen. So vieles ist ihnen schon widerfahren, so viele Enttäuschungen mussten sie schon erleben, so viele Verluste verschmerzen. Norbert hat seinen Sohn und seine Frau verloren. Er ist ganz alleine, hat keine Familie mehr. Ferne Länder zu bereisen war immer sein Traum, doch seine Frau hatte Flugangst. Jetzt ist er in Südafrika, könnte seiner Heimat nicht ferner sein. Er weint, weil er sich sicher ist, dass sich seine Frau jetzt irgendwo für ihn freuen wird. Er ist unfassbar dankbar für diesen einen Moment unter der beißenden Sonne Afrikas.

Das sind Menschen, die während des zweiten Weltkrieges geboren wurden, für die Tod und Angst als Kinder vertraute Gefühle waren. Die teilweise in ärmlichen Verhältnissen aufwachsen mussten, die ein Land erlebt haben, das am Ende war. Von ihnen können, ja müssen (!) wir so unglaublich viel lernen. Christina zum Beispiel, 77 Jahre alt, sagt nach der Tour durch den südafrikanischen Busch: "Bei meiner nächsten Safari habe ich Englisch gelernt." Ans Sterben denkt die Tante-Emma-Laden-Besitzerin nicht. Warum auch, sie lebt jetzt, genießt den Augenblick und strahlt dabei, macht Pläne. "Das ich das noch erleben darf", wird die flippige Erika aus Berlin nicht müde zu sagen, den Blick immer nach vorne gerichtet.

Sechs Senioren, die sich vorher noch nie gesehen haben, auf eine Weltreise schicken – ist das nicht eine Zumutung? Im Alter ist es nicht leicht, sich auf neue Menschen einzulassen, viele Gewohnheiten geben Sicherheiten, sich auf Neues einzustellen ist anstrengend. Von wegen! Das passt vielmehr zu den 20-jährigen "Bachelorette"-Kandidaten, die es nicht schaffen, in einer Luxusvilla mit Pool respektvoll miteinander umzugehen und sich nach weniger als einer Woche wüst beschimpfen. "Wir sind ein munteres, gemischtes Häuflein. Jeder ist ein Individuum und jeden muss man so nehmen, wie er ist", weiß die 79-jährige Marianne. Und ist damit so unglaublich viel cooler, als jeder halbstarke Mittzwanziger.

"Mensch, wir sind auch noch da!"

Wir brauchen die Alten und wir brauchen sie vor allem auch im Fernsehen! Sie spiegeln nicht nur einen großen Teil unserer Gesellschaft wider, sie lassen uns auch von ihrer Erfahrung profitieren. "Gerade im Alter muss man solche Sachen doch noch mal erleben, um zu sagen: 'Mensch, wir sind auch noch da'", sagt der 82-jährige Norbert. Recht hat er! Die sind auch noch da und das ist gut so! Es muss nicht immer der ganz grelle, laute, peinliche Trash sein, der die Zuschauer fasziniert. Es kann auch einfach mal eine Gruppe betagter Mitmenschen sein, die gut miteinander auskommen. Die sich freuen, über das, was sie erleben dürfen, die dankbar sind. Es kann ein 77-jähriger Bernd sein, dessen Augen sich mit Tränen füllen, wenn er sich für vier Wochen von seiner Frau verabschiedet, mit der er seit 52 Jahren verheiratet ist. Das sind "Relationship Goals" (deutsch: Beziehungsziele), von denen die Generation Instagram nicht mal eine Ahnung hat, dass es sie gibt.

Auch der Tod gehört zum Leben

"Eigentlich werden Träume meistens nicht wahr. Aber dieser hier wird wahr", sagt Lothar völlig überwältigt in Dubai. Kurze Zeit danach stirbt er an den Folgen einer Lungenentzündung. Aber auch das gehört eben zum Älterwerden dazu, ist Teil unseres Lebens. Vorher hat der 80-Jährige aber noch etwas gewagt, sein Glück gefunden und das gemacht, was wir alle vielmehr machen sollten: Er hat das Leben wertgeschätzt und es in vollen Zügen genossen, auch noch mit 80 Jahren.

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Die Ausstrahlungstermine der Sendung sind/waren wie folgt (auch in der ZDF-Mediathek verfügbar):

1. Folge: Südafrika – Dienstag, 24. Juli, 22.45 Uhr
2. Folge: Dubai – Mittwoch, 25. Juli, 23.15 Uhr
3. Folge: Indien – Donnerstag, 26. Juli, 23.00 Uhr
4. Folge: Mongolei – Dienstag, 31. Juli, 22.45 Uhr
5. Folge: Vietnam – Mittwoch, 1. August, 23.15 Uhr
6. Folge: Schweden – Donnerstag, 2. August, 23.00 Uhr

Verwendete Quellen
  • "Mit 80 Jahren um die Welt"-Sendung
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