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Autos | Experte: "Chinesische Marken haben gute Erfolgsaussichten"


Marktstarts in Deutschland
Experte: "Chinesische Marken haben gute Erfolgsaussichten"

InterviewVon Markus Abrahamczyk

Aktualisiert am 10.09.2021Lesedauer: 4 Min.
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Wey-Messestand auf der IAA in München: Die junge Marke aus China (2016 gegründet) zeigt nicht nur aktuelle Modelle, sondern auch Ideen für die Zukunft.Vergrößern des Bildes
Wey-Messestand auf der IAA in München: Die junge Marke aus China (2016 gegründet) zeigt nicht nur aktuelle Modelle, sondern auch Ideen für die Zukunft. (Quelle: Manfred Segerer/imago-images-bilder)

Demnächst starten etliche chinesische Marken auf dem deutschen Automarkt. Andere sind längst da. Nach einem Scheitern wie bei früheren Versuchen sieht es nicht aus. Was kommt da auf unsere Autoindustrie zu?

Manchmal genügen schon wenige Zahlen, um zu beschreiben, was sonst nur mit vielen, vielen Worten gelingt. So ist es auch mit Chinas rasantem Aufstieg vom Land des Fahrrads zur unschlagbaren Auto-Weltmacht. Obwohl hier ein einziges Wort ausreichen würde: unvorstellbar.

Trotzdem, erst einmal ein paar Zahlen:

  • Noch im Jahr 1980 gab es in dem riesigen Reich, damals noch nicht ganz so bevölkert, gerade einmal 350.000 Autos. Nur einer von 2.800 Chinesen hatte also eines. In der Regel natürlich ein wichtiger Parteikader.
    Stellen Sie sich doch mal kurz vor, in ganz Berlin gäbe es nur 1.300 Autos. So ungefähr sah es damals in China aus. Und noch ein Vergleich: In Deutschland war das Auto schon im Jahr 1910 deutlich verbreiteter als 70 Jahre später in China.
  • Heute, rund 40 Jahre später, fahren dort um die 250 Millionen Autos. Und in guten Jahren kommen bis zu 24 Millionen neue hinzu. Einer von fünf Chinesen besitzt inzwischen ein Auto.

Was für ein gigantischer Sprung.

Aber nicht nur die Menge der Autos, die in China vom Band laufen, ist in ungeheurem Tempo nach oben geschnellt. Sondern auch deren Qualität. Noch vor 10, 15 Jahren wurden die Modelle von der Konkurrenz in Deutschland, Japan und den USA nicht sonderlich ernst genommen: schlechte Kopien, billig gemacht. Autos von vorgestern. Keine Gefahr, außer für die Insassen. Entsprechend kläglich scheiterten die ersten Versuche, auch in Europa Fuß zu fassen.

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Davon kann heute keine Rede mehr sein. Crashtests belegen, was Fahreindrücke vermitteln: In China baut man längst richtig gute Autos. Und einmal mehr schicken sich diese Autos an, den europäischen Markt zu erobern. Noch unbekannte Marken wie Wey und Ora zeigen gerade auf der IAA, was schon bald auch bei uns zu kaufen sein wird. Andere werden nachziehen. Und wieder andere sind längst da.

Was kommt da auf uns zu? Das erklärt Auto-Insider Stefan Randak von der Managementberatung Atreus t-online.

Stefan Randak leitet den Bereich Automotive bei der Münchener Managementberatung Atreus. Er arbeitete unter anderem als General Manager für die Daimler AG und für weitere internationale Unternehmen der Autoindustrie. Zu seinen Fachgebieten zählen unter anderem Konnektivität und alternative Antriebe.

t-online: Auf der Mobilitätsmesse IAA in München steht, was uns in Zukunft bewegt. Viele wichtige, alteingesessene Hersteller fehlen zwar. Dafür zeigen sich zwei junge Marken aus China, die demnächst auch in Deutschland starten. Und sie sind nicht die einzigen. Worauf müssen sich die deutschen Autobauer einstellen?

Stefan Randak: Für die deutschen Marken ist dies sicherlich ein Déjà-vu-Erlebnis. Es wird Erinnerungen an den nun circa 50 Jahre zurückliegenden Markteintritt der Asiaten wecken. Auch damals glaubte man nicht an einen Siegeszug von Toyota & Co. und spottete über die zunächst mangelnde Qualität der Corolla, Celica und anderer Modelle – die langsam, aber sicher Kunden und Straßen in Deutschland eroberten. Toyota hat heute, für einen asiatischen Hersteller, einen ansehnlichen Marktanteil an deutschen Zulassungen und verkaufte im Jahr 2020 in Europa, wohlgemerkt einem Corona-Jahr, circa 922.000 Pkw-Einheiten. Also eine Erfolgsstory.

Für die Chinesen wiederum ist es nicht der erste Versuch. Frühere Anläufe scheiterten. Das lag zum einen an den damaligen Autos, an ihrer bescheidenen Qualität und einem entsprechenden Image. Zum anderen aber auch an der Markentreue der deutschen Autofahrer. Wie bewerten Sie heute die Chancen?

Es gibt gute Erfolgsaussichten. Laut einer repräsentativen Umfrage des Marktforschers Innofact wären 19 Prozent der deutschen Autobesitzer bereit, ein E-Auto eines chinesischen Herstellers zu kaufen. Der Anteil junger Käufer, also zwischen 18 und 39 Jahren, liegt sogar zwischen 23 und 27 Prozent. Das heißt: Was zum Beispiel Toyota vor 50 Jahren begonnen hat, werden auch die großen chinesischen Hersteller wie BYD, Dongfeng, Geely, Great Wall und SAIC schaffen. Da bin ich mir sicher. Es wird auch keine 50 Jahre dauern. Es gibt schon Fahrzeuge von chinesischen Herstellern zu kaufen, die Vertriebsstrukturen werden bereits ausgebaut und man konzentriert sich voll auf den elektrischen Antrieb. Darüber hinaus haben Elektroprodukte aus Asien in Deutschland mittlerweile einen hohen Stellenwert. Davon werden auch die chinesischen Autohersteller profitieren.

Wie konnte China in sehr kurzer Zeit zu seiner heutigen Bedeutung für die Autowelt gelangen?

Das hat zum einen mit dem marktwirtschaftlichen Umdenken der kommunistischen Regierung und deren Öffnung für Ansiedelungen und Kooperationen durch westliche Unternehmen zu tun, was Know-how und Wohlstand über viele Jahre in das Land brachte. Zum anderen natürlich aber auch mit dem Ehrgeiz und der Intelligenz der Chinesen selbst, in wichtigen Branchen künftig weniger eine kooperierende als eine eigenständige Rolle zu spielen. Insofern hat man beim eigenen Markteintritt in die Automobilwelt relativ schnell auf den Zukunftsmarkt der Elektromobilität gesetzt.

Im Krisenjahr 2020 lief mehr als jedes dritte weltweit gebaute Auto in China vom Band – etwa 20 Millionen Stück. Wer so schnell zum Weltmarktführer wächst, macht nicht alles falsch. Was müssen die deutschen Autohersteller jetzt von der chinesischen Konkurrenz lernen?

Ich würde es anders formulieren: Von den deutschen Herstellern kann man im Moment lernen, wie man – kommend aus einer klassischen Antriebswelt – rasch in eine neue Antriebstechnologie – zum Beispiel Elektromobilität oder Wasserstoff – zusätzlich wechseln kann, ohne den weiter existierenden und gewinnbringenden 'klassischen' Antriebsmarkt gänzlich außer Acht zu lassen. Das ist eine wesentlich größere Herausforderung, als wenn man gleich in eine neue Technologie startet.

Auch China begann zwar noch im Zeitalter des Verbrenners, hat aber in kurzer Zeit einen enormen technologischen Rückstand aufgeholt. Warum sollten sich die Unternehmen mit dem Aufholen begnügen? Ist es nicht folgerichtig, dass sie die bisherigen Technologietreiber bald überholen?

Das glaube ich weniger. Die deutschen Konzerne haben in den letzten zwei bis drei Jahren viel in innovative Technik wie Elektromobilität, Fahrassistenzsysteme, autonomes Fahren und Car-Connectivity investiert und tun dies auch noch weiter. Darüber hinaus hat man sich weltweit mit Marken platziert, die für Zuverlässigkeit, Qualität und Innovation stehen, aber auch Ausdruck eines gewissen Wohlstandes sind – insbesondere das Oberklassensegment. Einen gewissen Anteil des Marktes wird man aber auch an die Chinesen – wie vor circa 50 Jahren mit dem Markteintritt der Japaner und Koreaner – abtreten werden müssen.

Herr Randak, vielen Dank für das Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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