Vergesslichkeit: Was ist noch normal und was bereits krankhaft?
Sie haben die ganze Wohnung durchsucht, doch die Brille scheint unauffindbar zu sein. Oder Sie sitzen im Auto und fragen sich, ob die Herdplatte aus ist und Sie die HaustĂŒr zugezogen haben? Jeder hat solche Situationen schon einmal erlebt. Wenn sich die Aussetzer jedoch hĂ€ufen, stellt sich die Frage: Steckt vielleicht eine Krankheit hinter der Vergesslichkeit?
Das Wichtigste im Ăberblick
- Vergesslichkeit: Untersuchungen und Tests
- Vergesslichkeit im Alter: Abgrenzung zu Demenz
- Vergesslichkeit kann viele Ursachen haben
- Vergesslichkeit im jungen Alter
- Vergesslichkeit wird durch Stress schlimmer
- Hinter GedÀchtnisproblemen können Depressionen stecken
- GedÀchtnisstörungen in der Schwangerschaft
Wo Vergesslichkeit aufhört und Demenz anfĂ€ngt, ist fĂŒr Betroffene und Angehörige meist schwer zu sagen. Treten GedĂ€chtnislĂŒcken hin und wieder auf, ist das kein Grund zur Panik. Normal ist auch, dass das GedĂ€chtnis und die LeistungsfĂ€higkeit des Gehirns im Alter nachlassen. Dennoch gibt es bestimmte Kriterien, an denen sich krankhafte Vergesslichkeit festmachen lĂ€sst.
Vergesslichkeit: Untersuchungen und Tests
Wenn Sie Ihr GedĂ€chtnis immer hĂ€ufiger im Stich lĂ€sst oder Sie vertraute ArbeitsablĂ€ufe nicht mehr durchfĂŒhren können, sollten Sie die Ursachen Ihrer Vergesslichkeit vom Arzt abklĂ€ren lassen. Folgende Tests und Untersuchungen kommen bei der Diagnosestellung in Betracht:
- Anamnese: Im GesprĂ€ch mit dem Patienten informiert sich der Arzt ĂŒber die Krankheitsgeschichte und stellt Fragen zum Auftreten der Vergesslichkeit.
- Neuropsychologische Tests: Der Arzt beobachtet dabei, wie konzentriert der Patient bestimmte Aufgaben erfĂŒllt und welche Informationen er in seinem GedĂ€chtnis abrufen kann. Der bekannteste Demenztest dieser Art ist der so genannte Uhren-Test. Dabei soll der Patient auf dem Ziffernblatt einer Uhr eine bestimmte Uhrzeit mit Hilfe eines Stunden- und Minutenzeigers einzeichnen. Gelingt ihm das nicht, kann dies ein Anzeichen fĂŒr Demenz oder Alzheimer sein.
- Körperliche Untersuchung: Hier untersucht der Arzt Blutdruck, Puls, Blut und Urin. Dabei versucht er herauszufinden, ob die Ursachen der Vergesslichkeit möglicherweise durch Stoffwechsel- oder Hormonstörungen hervorgerufen wurden.
- EKG/EEG: Diese Untersuchungen können Aufschluss ĂŒber die Herzfrequenz und Hirnfunktion geben. Daraus lassen sich auch RĂŒckschlĂŒsse auf die Gehirndurchblutung ziehen.
- Computertomografie (CT)/Kernspintomografie (MRT): Diese bildgebenden Verfahren geben Ausschluss ĂŒber VerĂ€nderungen im Gehirn, die auf eine Demenz oder Alzheimererkrankung hinweisen.
- Blutuntersuchungen / Liquordiagnostik: Sie weisen nach, ob möglicherweise eine Stoffwechselstörung zugrunde liegt, die Demenz auslöst oder ob im Nervenwasser (Liquor) EiweiĂe vorhanden sind, die fĂŒr Alzheimer typisch sind.
Die ersten Untersuchungen werden in der Regel vom Hausarzt durchgefĂŒhrt. Bei Verdacht auf eine Demenzerkrankung ĂŒberweist er den Patienten an einen Neurologen, der dann die weiterfĂŒhrende Diagnostik einleitet.
Vergesslichkeit im Alter: Abgrenzung zu Demenz
Dass sich die Vergesslichkeit mit zunehmendem Lebensalter verstĂ€rkt und man hĂ€ufiger unter Wortfindungsstörungen leidet, ist ein natĂŒrlicher Altersprozess und weist nicht zwangslĂ€ufig auf eine Krankheit hin. Besonders das KurzzeitgedĂ€chtnis lĂ€sst bei Ă€lteren Menschen im Laufe der Zeit nach, das LangzeitgedĂ€chtnis dagegen sehr viel weniger.
Gut zu wissen: Vergesslichkeit ist nicht nur eine negative Erscheinung, sondern eine sinnvolle FĂ€higkeit des Gehirns. Sie dient nĂ€mlich als Schutzwall gegen ReizĂŒberflutung. Das GedĂ€chtnis funktioniert nur, wenn bestimmte Dinge wieder vergessen werden. Dass im Alter auch das Speichern und Abrufen der GedĂ€chtnisinhalte langsamer ist, ist normal. Daher tritt Vergesslichkeit hĂ€ufiger bei Ă€lteren Menschen auf.
GrundsĂ€tzlich gibt erst die Ă€rztliche Diagnose Auskunft darĂŒber, ob nur eine altersbedingte GedĂ€chtnisschwĂ€che vorliegt oder eine Demenz. Doch es gibt eine Reihe einfacher Kriterien, die auf eine möglicherweise Erkrankung hinweisen.
Im Gegensatz zu einer altersbedingten Vergesslichkeit verschlechtert sich das Erinnerungsvermögen der Demenzkranken sehr viel rascher. VerĂ€nderungen der GedĂ€chtnisleistung sind innerhalb eines Jahres deutlich erkennbar. AuĂerdem werden wichtige GegenstĂ€nde, auf die man sonst besonders achtet, immer öfter verlegt. Selbst Notizzettel und Merkhilfen helfen dann nicht mehr. Typisch fĂŒr Alzheimer im fortschreitenden Stadium ist, dass neben dem KurzzeitgedĂ€chtnis auch das LangzeitgedĂ€chtnis aussetzt. Der Abbau der geistigen FĂ€higkeitens chreitet kontinuierlich fort, denn die geschĂ€digten Nervenzellen im Gehirn könenn sich kaum erneuern. Altersvergesslichkeit dagegen verĂ€ndert sich kaum. Zudem ist bei Altersvergesslichkeit nur das GedĂ€chtnis betroffen, andere FĂ€higkeiten wie das Sprachvermögen oder die Motorik funktionieren in der Regel einwandfrei.
Vergesslichkeit kann viele Ursachen haben
Die GrĂŒnde, warum Menschen GedĂ€chtnisstörungen oder Konzentrationsstörungen haben, sind vielfĂ€ltig. Einige sind banal und leicht behebbar, andere mĂŒssen behandelt werden. Mögliche Ursachen fĂŒr Vergesslichkeit sind:
- Hormonstörungen
- Erkrankungen der SchilddrĂŒse
- Depressionen
- Parkinson-Erkrankung
- Nierenerkrankungen
- Alkohol- und Drogensucht
- Mangel an Vitaminen / Eisenmangel
- Schlaganfall
- FlĂŒssigkeitsmangel
- Hirntumore
- Stress / Schlafmangel / Medikamente
Da Vergesslichkeit immer nur ein Symptom ist hinter denen sich komplexe Krankheitsbilder verbergen können, ist eine Àrztliche AbklÀrung umso wichtiger.Auf dieser Basis wird entschieden, welche Behandlungsmethode eingesetzt werden kann.
Vergesslichkeit im jungen Alter
Die LeistungsfĂ€higkeit des Gehirns unterliegt einem natĂŒrlichen Alterungsprozess. GrundsĂ€tzlich haben Menschen unter 50 Jahren eher selten Probleme mit dem GedĂ€chtnis. Dennoch gibt es Menschen, die auch in jungen Jahren unter Vergesslichkeit leiden, die ĂŒber eine normale Schusseligkeit hinaus geht. In seltenen FĂ€llen können sogar Kinder betroffen sein. Die Ursachen fĂŒr Vergesslichkeit in jungen Jahren können neben Stress und psychischen Störungen auch eine Aufmerksamkeits-HyperaktivitĂ€tsstörung (ADHS) sein, bei der die Impulskontrolle beeintrĂ€chtigt ist. Das wiederum wirkt sich negativ auf Konzentration und GedĂ€chtnis aus. Doch auch Mangelerscheinungen (zu wenig FlĂŒssigkeit, Vitamine oder Mineralstoffe) oder MĂŒdigkeit und Erschöpfung können die Ursache fĂŒr GedĂ€chtnisprobleme und ErinnerungslĂŒcken bei jungen Menschen sein.
Vergesslichkeit wird durch Stress schlimmer
Dauerstress im Job und im Privatleben macht nicht nur vergesslich, sondern erhöht auch das Risiko, im Alter an Demenz zu erkranken oder eine Depression zu bekommen. ZunĂ€chst bedeutet Stress fĂŒr den Körper, dass er sich auf eine Gefahrensituation einstellt und in Alarmbereitschaft ist. Dabei werden so genannte Stresshormone wie Adrenalin, Noradrenalin und Corticoide ausgeschĂŒttet.
Auf Dauer kann Stress sogar zu anatomischen VerĂ€nderungen im Gehirn fĂŒhren. Betroffen ist vor allem der Hippocampus, also der Teil im Hirn, der fĂŒr die GedĂ€chtnisleistung, speziell das KurzzeitgedĂ€chtnis, verantwortlich ist. Daher sind Menschen unter Stress hĂ€ufig zerstreut, vergessen Dinge oder haben einen Tunnelblick.
Hinter GedÀchtnisproblemen können Depressionen stecken
Depressionen können sich ebenfalls negativ auf das GedĂ€chtnis auswirken. In Folge kommt es zu GedĂ€chtnislĂŒcken, KonzentrationsschwĂ€che und einem allgemeinen Abfall geistiger LeistungsfĂ€higkeit. Circa 90 Prozent der depressiven Menschen leiden darunter. Die Betroffenen fĂŒhlen sich hierdurch so stark beeintrĂ€chtigt, dass private und berufliche AktivitĂ€ten nahezu unmöglich werden. Mit Medikamenten wie Antidepressiva oder einer Psychotherapie lassen sich die Probleme wieder in den Griff bekommen. Daher ist es wichtig, möglichst frĂŒh Ă€rztliche Hilfe aufzusuchen.
GedÀchtnisstörungen in der Schwangerschaft
Auch wĂ€hrend der Schwangerschaft oder der Stillzeit werden viele Frauen schusselig. Sie verlegen Dinge, vergessen Termine oder haben leichte Wortfindungsstörungen. Schuld an den GedĂ€chtnislĂŒcken sind keine strukturellen VerĂ€nderungen im Gehirn, sondern hormonelle oder psychische GrĂŒnde. Experten vermuten, dass dabei das Prolaktin (Milchbildungshormon) und die erhöhte AusschĂŒttung des Hormons Oxytocin dabei eine wichtige Rolle spielen. Welche AblĂ€ufe dabei genau stattfinden, ist wissenschaftlich bislang noch nicht ausreichend erforscht.
Vergesslichkeit in der Schwangerschaft ist völlig harmlos und stellt nur vorĂŒbergehend ein Problem dar, das sich in der Regel nach dem Ende der Stillphase von selbst löst. Dennoch können Frauen etwas tun, um ihre GedĂ€chtnisleistung zu unterstĂŒtzen. Hierzu gehört vor allem, darauf zu achten, dass der Körper genug Schlaf und ausreichend FlĂŒssigkeit (mindestens zwei Liter pro Tag) bekommt. Schwangere und stillende MĂŒtter sollten zudem darauf achten, sich Pausen zu gönnen. Auch EntspannungsĂŒbungen wirken positiv auf das kognitive Leistungsvermögen.
Vergesslichkeit vorbeugen: Diese Tipps helfen
Um das Gehirn bis ins hohe Alter fit zu halten und Konzentrationsproblemen vorzubeugen, kann jeder aktiv etwas tun. So tragen ein gesunder Lebensstil mit ausgewogener, vitamin- und mineralstoffreicher ErnĂ€hrung (vor allem Vitamin B12 und Eisen), viel Bewegung und maĂvoller Alkoholgenuss dazu bei, dassGedĂ€chtnisinhalte gut abrufbar sind. EntspannungsĂŒbungen wie autogenes Training und Yoga helfen zudem, Stress abzubauen. Was auch wichtig ist: ausreichender Schlaf. Denn ein mĂŒdes Gehirn funktioniert nicht gut. In der Regel sollte die nĂ€chtliche Ruhe nicht weniger als sieben Stunden betragen.
Denken Sie auĂerdem daran, dass ein gut funktionierendes Gehirn gefördert sein möchte. Geistige Anregungen durch Hobbys, aber auch der Kontakt zu anderen Menschen sind daher wichtig. Auch wenn ein gezieltes GedĂ€chtnistraining nicht vor Alzheimer schĂŒtzt, hilft es dennoch, die grauen Zellen im Alter fit zu halten.