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Neue Delta-Variante | Coronavirus: Virologe fordert weiter Maskenpflicht


Virologe: "Nur doppelte Impfung bietet Schutz"

Von Christiane Braunsdorf

Aktualisiert am 17.06.2021Lesedauer: 4 Min.
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In Großbritannien schien Corona fast vorbei: Nun holt das Land die Delta-Variante ein.Vergrößern des Bildes
In Großbritannien schien Corona fast vorbei: Nun holt die Delta-Variante das Land ein. (Quelle: IMAGO / ZUMA Wire)

In Großbritannien scheint die Delta-Variante des Coronavirus aus Indien alle Lockerungen zunichtezumachen. Droht das auch in Deutschland? Ein Virologe schätzt die aktuelle Lage ein.

Am kommenden Montag wollte Großbritannien alle Anti-Corona-Maßnahmen aufheben. Nun zog Premierminister Boris Johnson die Reißleine und verschob die Öffnungen um einen Monat. Der Grund: Auf der Insel breitet sich die Delta-Variante des Coronavirus aus. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt dort aktuell bei 79. Über 90 Prozent der Infektionen verursacht eine Mutante aus Indien, die wesentlich ansteckender ist und auch zu schwereren Verläufen der Krankheit führt.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach warnte auf Twitter vor einer ähnlichen Entwicklung in den Vereinigten Staaten: "In den USA liegt der Anteil der indischen Delta-Variante jetzt schon bei 20 %. Die Gesamt-Inzidenz liegt umgerechnet bei ungefähr 35 und sinkt kaum mehr. Die Impfquote steigt nur noch langsam. Da baut sich leider ein perfekter Sturm für den Herbst auf."

Droht uns das auch? Eine Übersicht über die Entwicklung und die Einschätzung eines Virologen.

Was ist in Großbritannien passiert?

Nach über drei Monaten hartem Lockdown öffnete das Land Mitte April bereits wieder Geschäfte, Gastronomie und Fitnessstudios. Mitte Mai wurde die Maskenpflicht an Schulen aufgehoben. Zu diesem Zeitpunkt wurde eine Ansteckung mit der Delta-Variante bereits bei über 50 Prozent der Neuinfektionen als Ursache ausgemacht. Die Inzidenzen blieben zunächst niedrig. Mit Ausbreitung der wesentlich infektiöseren Variante schnellten sie jedoch in die Höhe. Von ähnlichen Werten wie sie derzeit in Deutschland herrschen (unter 20 pro 100.000 Einwohner) stiegen sie auf fast 80.

Delta-Variante: Höheres Risiko für schwere Verläufe

Die Delta-Variante wurde erstmals im Oktober vergangenen Jahres in Indien nachgewiesen. Eine im Fachmagazin "Lancet" veröffentlichte Studie kommt zu dem Schluss: Das Risiko für einen schweren Verlauf mit Krankenhausaufenthalt (Hospitalisierung) ist bei der Delta-Variante etwa doppelt so hoch wie beim Wildtyp des Coronavirus.

Die britische Gesundheitsbehörde Public Health England sieht die Gefahr, dass Angehörige ein Mitglied des eigenen Haushalts infizieren, um etwa 60 Prozent erhöht.

Wie wirken die Impfstoffe?

Das Robert Koch-Institut (RKI) gibt an: Die Delta-Variante "zeichnet sich durch Mutationen aus, die mit einer reduzierten Wirksamkeit der Immunantwort in Verbindung gebracht werden, und durch Mutationen, die die Übertragbarkeit des Virus erhöhen könnten. Erste Laborexperimente und Daten von Beobachtungsstudien aus Großbritannien deuten darauf hin, dass die Impfstoffwirksamkeit nach vollständiger Impfung geringfügig unterhalb der Wirksamkeit gegenüber B.1.1.7 liegt."

B.1.1.7 ‒ die Alpha-Variante ‒ verbreitete sich ab Dezember 2020 zunächst in Großbritannien und schnell auch in anderen Ländern. In Deutschland macht sie derzeit 94 Prozent der Neuinfektionen aus.

Knackpunkt Erstimpfungen

Kann eine so flächenendeckende Verbreitung der Delta-Variante auch hierzulande drohen? Experten sehen neben dem erhöhten Ansteckungsrisiko der neuen Mutante noch einen anderen Grund für die rasante Verbreitung des Virus auf der Insel.

Dr. Ulf Dittmer, Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Essen, erläutert im Gespräch mit t-online: "In Großbritannien sehen wir vor allem die Folgen einer Entwicklung: Hier wurde alles daran gesetzt, Erstimpfungen zu ermöglichen. Damit sieht man aber auch: Eine Infektion mit der Delta-Variante trifft vor allem Ungeimpfte und dabei viele Jüngere, die aber meist nicht schwer erkranken. Aber es infizieren sich auch Menschen, die bislang nur eine Erstimpfung erhalten haben."

Ein Problem scheint bei den Briten auch der bevorzugte Impfstoff zu sein: "Dort wurde vor allem Astrazeneca verimpft. Bekannt ist, dass nach der ersten Dosis dieses Impfstoffes nur um die 30 Prozent Schutz vor einer Infektion besteht, ein besserer Schutz tritt erst nach der zweiten Impfung ein. Das könnte den Briten auf die Füße gefallen sein, angesichts der wesentlich ansteckenderen Delta-Variante."

Welche Gefahr droht in Deutschland?

Laut RKI liegt der Anteil der Delta-Variante aktuell bei 6,2 Prozent der Neuinfektionen in Deutschland. Dittmer: "Wir haben das genau im Blick. In Städten mit Universitätskliniken werden positive PCR-Tests sequenziert, das heißt, man sucht nach der Variante, mit der die Infektion erfolgte. Die Alpha-Variante, also die britische Mutante, ist in Deutschland vorherrschend."

Der Virologe mahnt aber auch: Das Infektionsgeschehen sei nicht vorhersehbar. Und er fordert: "Angesichts der möglichen Ausbreitung von Varianten halte ich die Abschaffung von Maßnahmen wie Maskenpflicht und Schnelltests für nicht Geimpfte oder Genesene für nicht verantwortbar. Beides sind sehr effektive Mittel auch gegen die neue Mutante, die auf keinen Fall aufgegeben werden sollten."

Wichtig bleibe die dauernde Überwachung des Infektionsgeschehens. Woche für Woche müsse die Ausbreitung der Delta-Variante im Auge behalten werden, damit schnell reagiert werden könne. Dittmers Appell: "Die Aufrechterhaltung des Impfdrucks ist das wichtigste Mittel, denn nur eine doppelte Impfung bietet sehr guten Schutz auch vor der Delta-Variante."

Impfstoffe auch in Deutschland anpassen

Darüber hinaus fordert der Virologe, bestimmte Vakzine nicht mehr einzusetzen. "Bezüglich der Impfstoffe bleiben die mRNA-Vakzine die Messlatte. Ich halte es zum Beispiel für unverantwortlich, den Johnson & Johnson-Impfstoff auch in die Betriebs- und Hausarztpraxen zu geben. Hier ist nur eine Impfung nötig, aber die Schutzwirkung vor einer Infektion ist dementsprechend vermindert. Auch angesichts der Delta-Variante ist das nicht hinnehmbar."

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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