Corona-Subvariante breitet sich weiter aus Ist Delta Plus noch gefährlicher als Delta?
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Eine neue Variante des Coronavirus breitet sich vor allem in Großbritannien aus. Auch in Deutschland ist der Ableger der Delta-Variante aufgetaucht. Neue Daten zeigen, welche Gefahr von AY.4.2 ausgehen könnte.
Seit dem Sommer 2021 dominiert die Delta-Variante das Pandemiegeschehen in Deutschland und sorgt auch weltweit für die meisten Infektionen mit dem Coronavirus. In Großbritannien wurde allerdings bereits im Juni eine neue Untervariante von Delta entdeckt, die mittlerweile in immer mehr Proben nachgewiesen wird. Was bisher über AY.4.2 bekannt ist und welche Rolle sie hierzulande spielt.
Zwölf Prozent britischer Corona-Fälle mit Delta-Subvariante
Die Delta-Subvariante AY.4.2 ist inzwischen für mehr als jede zehnte Neuinfektion in Großbritannien verantwortlich. Das geht aus der großangelegten React-Studie des Imperial College London hervor, deren Ergebnisse nun veröffentlicht wurden.
Demnach konnten 11,8 Prozent von 841 sequenzierten positiven Proben der Subvariante AY.4.2. – auch bekannt als Delta Plus – zugeordnet werden. Insgesamt waren für die Studie PCR-Tests von mehr als 100.000 Menschen ausgewertet worden, von denen knapp 1.400 ein positives Ergebnis hatten.
Die Subvariante breitet sich den Erkenntnissen zufolge wohl schneller aus als die bisher vorherrschende Delta-Variante. Seit der vergangenen Studie im September berechneten die Wissenschaftler ein tägliches Wachstum des AY.4.2.-Anteils von 2,8 Prozent.
Symptome treten seltener auf
Gleichzeitig sind symptomatische Erkrankungen seltener, wie die Forscher feststellten. Auch die typischen Symptome wie Verlust oder Veränderung des Geruchs- und Geschmackssinns, Fieber und ein lang anhaltender Husten kommen demnach bei Infektionen mit Delta Plus weniger häufig vor. Insgesamt sei das seltenere Auftreten von Symptomen natürlich eine gute Sache, ergänzte Studienleiter Paul Elliott.
Wie sich die Subvariante auf den Verlauf der Pandemie auswirken werde, könne noch nicht abgeschätzt werden, sagte die an der Studie beteiligte Forscherin Christl Donnelly dem Sender "Sky News". Weniger symptomatische Fälle bedeuteten, dass weniger infizierte Fälle erkannt würden, so die Forscherin. Auf der anderen Seite könne das Fehlen von Symptomen wie Husten die Ansteckungsgefahr auch verringern.
Delta Plus auch in Deutschland nachgewiesen
Die Subvariante AY.4.2. wird von der Weltgesundheitsorganisation WHO bislang nicht als besorgniserregend eingestuft, steht aber unter Beobachtung.
Auch in Deutschland wurde sie bereits nachgewiesen. Seit dem ersten Nachweis von Anfang Juli bis Mitte November sind 766 Treffer erfasst, wie das Robert Koch-Institut (RKI) mitteilte. Der Anteil der Subvariante sei in den vergangenen Wochen in Zufallsstichproben mit circa 1 Prozent relativ konstant gewesen. Daher gehe das RKI derzeit davon aus, "dass sich diese Variante unter den in Deutschland herrschenden Infektionsschutzmaßnahmen nicht signifikant stärker als andere Linien ausbreiten kann".
Weitere Länder melden einige Fälle mit AY.4.2
Andere betroffene Länder sind zum Beispiel Dänemark, Irland und zahlreiche weitere europäische Staaten. Israel, die USA, Kanada, Russland, Indien und Japan sind aktuell die einzigen außereuropäischen Länder, die das Virus nachweisen konnten. Dort gibt es allerdings – wie in Deutschland – einen sehr geringen Anteil der neuen Fälle mit AY.4.2.
Es ist aber auch möglich, dass der Subtyp schon viel stärker vorhanden ist, aber bei Proben nicht sequenziert wurde. Denn aus Zeit- und Kostengründen wird beispielsweise in Deutschland nur ein Bruchteil der Proben einer Genom-Analyse unterzogen.
Delta Plus: Welche Fragen noch offen sind
Nicht nur die genaue Ausbreitung der Subvariante ist unklar. Derzeit laufen auch Untersuchungen, um herauszufinden, wie groß die Gefahr ist, die von dieser Virusvariante ausgeht. Der britischen Gesundheitsbehörde zufolge ist Delta Plus nachweislich ansteckender als die Delta-Variante – nach Schätzungen um etwa zehn Prozent. Auch hier seien besonders ältere Menschen von einem schweren Krankheitsverlauf bedroht.
Ebenfalls offen bleibt die Frage, ob sich Delta Plus gegen den ursprünglichen Delta-Typ durchsetzen wird. Nach Ansicht von Experten ist dies eher unwahrscheinlich. Auch wenn der Delta-Plus-Subtyp etwas ansteckender sein sollte, wird er nicht innerhalb weniger Wochen die bisher vorherrschende Variante verdrängen, meint auch Sandra Ciesek, Direktorin des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt im NDR-Podcast "Coronavirus-Update".
"Wenn sich diese Untervariante AY.4.2 einmal durchsetzen wird gegen Delta, dann wird das deutlich länger dauern als Delta versus Alpha, weil die Transmission nur geringfügig höher ist", so Ciesek.
Zur Erklärung: Die Transmission – also die Übertragbarkeit des Virus – wird für Delta Plus nur etwas höher angenommen als für Delta. Bei Delta ist sie im Vergleich zur davor dominierenden Alpha-Variante deutlich höher – laut Studien um 50 Prozent.
Wirken die Corona-Impfstoffe auch gegen Delta Plus?
Die gute Nachricht: Alle in Deutschland zugelassenen Impfstoffe gegen Covid-19 wirken auch gegen Delta Plus. Vorausgesetzt ist ein kompletter Impfschutz. Laut RKI kann nur dieser angemessen gegen jegliche Form der Delta-Variante wirken. Experten betrachten die Ausbreitung von Delta Plus deshalb aktuell nicht mit Sorge. Das viel größere Problem sei die niedrige Impfquote in Deutschland.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Robert Koch-Institut (RKI)
- NDR-Podcast "Coronavirus-Update" vom 26. Oktober 2021
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP
- BBC: "Covid-19: New mutation of Delta variant under close watch in UK", 19.10.2021
- BR24: "Coronavirus-Varianten: Das wissen wir über Delta-Plus", 27.10.2021
- Eigene Recherche