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Drogensucht: Wie sich die Betroffenen verändern und wie man Hilfe findet


Der vertraute Mensch verschwindet
Drogensucht: Wie sich die Betroffenen verändern


Aktualisiert am 10.03.2024Lesedauer: 4 Min.
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Drogenabhängiger und Dealer beim Austausch einer Spritze: Drogensucht führt in eine starke körperliche und psychische Abhängigkeit. Dadurch verändert sich auch die Persönlichkeit der Betroffenen.Vergrößern des Bildes
Drogenabhängiger und Dealer beim Austausch einer Spritze: Drogensucht führt in eine starke körperliche und psychische Abhängigkeit. Dadurch verändert sich auch die Persönlichkeit der Betroffenen. (Quelle: diego_cervo/getty-images-bilder)

Eine Drogensucht ist nicht nur für die Betroffenen eine große psychische Belastung. Die Angehörigen erleben, wie ein nahestehender Mensch plötzlich fremde Wesenszüge entwickelt und sich zunehmend distanziert.

Für Familie, Partner und Freunde kann die Suchterkrankung eines Menschen zu einer schweren Belastung werden. Neben der Sorge um die Gesundheit des geliebten Menschen können auch die Persönlichkeitsveränderungen eines süchtigen Menschen das Miteinander stark belasten. Wie der Konsum von Drogen das Verhalten, Denken und Fühlen der Betroffenen verändert und wo Drogensüchtige und deren Angehörige Hilfe finden.

Eine Drogensucht führt zu Kontrollverlust

"Die direkte Wirkung wird durch die Substanzen selbst verursacht. Abhängig von der Art der Droge kann diese euphorisierend, aufputschend oder beruhigend wirken. Stimmungen wie Niedergeschlagenheit oder Gereiztheit können sich zum Beispiel unter Alkoholeinfluss noch verstärken", sagt Christian Muhl, Direktor der salus klinik Friedberg, einer Rehabilitationseinrichtung zur Behandlung von Drogenabhängigkeit. "Die indirekte Wirkung ist dem Suchtverhalten zuzuschreiben. Der Betroffene verliert zunehmend die Kontrolle über den Konsum. Seine Gedanken und sein Verhalten sind immer stärker auf die Beschaffung des Suchtmittels und den Konsum ausgerichtet."

Zahlen und Fakten

Abhängigkeitserkrankungen sind schwere chronische Krankheiten, die zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und vorzeitiger Sterblichkeit führen können. Der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zufolge weisen rund 600.000 Menschen in Deutschland einen problematischen Konsum von Cannabis und anderen illegalen Drogen auf. Laut der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS) sterben in Deutschland jährlich zwischen 1.200 und 2.000 Menschen aufgrund der direkten Wirkung illegaler Drogen.

Wie Drogen Menschen verändern

Drogen führen dazu, dass das Belohnungszentrum im Gehirn vermehrt Dopamin und Serotonin ausschüttet und sich zunehmend Nervenzellverbindungen verändern. Wahrnehmungen, Denken und Gefühle verändern sich. Durch die positive Wirkungserwartung und zunehmende Gewöhnung an das Suchtmittel entsteht ein immer größeres Verlangen nach der Droge, das lebensbestimmend werden kann. Ebenso reagieren Körper und Psyche mit Stress, wenn die Substanz fehlt. Das starke Verlangen nach den Drogen, die bewusstseinsverändernde Wirkung der Substanzen sowie die Entzugserscheinungen wirken sich auf das Verhalten und die Persönlichkeit des Drogensüchtigen aus.

Zu extremen Stimmungsschwankungen wie beispielsweise Euphorie, Niedergeschlagenheit, Wut und Angst kommen meist zunehmende Distanzierung, Gefühlskälte, Unzuverlässigkeit, Abwesenheit und fehlendes Interesse an Familie und Freunden hinzu. "Der soziale Rückzug ist meist das Verhalten, das nahestehende Personen zuerst bemerken", sagt Muhl.

Die zunehmende Distanzierung habe verschiedene Ursachen. Zum einen stehe das Suchtmittel immer stärker im Fokus und die Beschäftigung damit nehme immer mehr Zeit ein. Zum anderen hätten die Betroffenen oft Angst vor Ablehnung, wollen ihr soziales Umfeld nicht enttäuschen. "Mitunter scheuen sie auch rechtliche Konsequenzen, etwa wenn sie befürchten müssen, bei Entdeckung den Umgang mit ihren Kindern oder ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Viele versuchen daher ein 'Doppelleben' aufrechtzuerhalten, bis es dann irgendwann nicht mehr geht", erklärt Muhl.

Streit, Konflikte und Gereiztheit

Der Rückzug ist, ebenso wie das Bekanntwerden der Sucht und die Versuche, zu helfen Grundlage für Streitigkeiten, Konflikte, Spannungen im sozialen Umfeld und manchmal auch Gewalt. Kinder suchtkranker Eltern sind den schädigenden Einflüssen besonders ausgeliefert.

"Während das Umfeld besorgt ist und vielleicht helfen möchte, verliert der Betroffene zunehmend das Interesse an seinen Mitmenschen. Er kommt immer weniger seinen Pflichten nach, Hobbies werden vernachlässigt, Schule und Beruf leiden. Dem Umfeld gelingt es nicht mehr, in dem Maße zu ihm oder ihr durchzudringen wie erhofft", sagt Muhl. "Das führt zu Spannungen, Abwehr und Widerständen auf beiden Seiten – und endet oft in Resignation und noch mehr Rückzug."

Wie erkennt man eine Drogensucht?

Mediziner nennen sechs typische Kriterien einer Drogenabhängigkeit. Treten drei der Drogensucht-Symptome gleichzeitig auf, liegt eine Drogensucht vor:

  1. unbezwingbares Verlangen zur Einnahme und Beschaffung des Rauschmittels (Craving)
  2. Unfähigkeit, auf die Droge zu verzichten (psychische und meist auch physische Abhängigkeit). Unkontrollierbarkeit von Zeitpunkt, Dauer und Menge des Konsums (Kontrollverlust)
  3. Tendenz zur Dosissteigerung (Toleranzentwicklung)
  4. psychische und physische Entzugserscheinungen bei Absetzen der Drogen
  5. Fortsetzen des Drogenkonsums trotz negativer Folgen für sich selbst und andere
  6. Vernachlässigung von Interessen und Verpflichtungen. Beschaffung und Konsum stehen zunehmend im Lebensmittelpunkt.

Christian Muhl ist Direktor der salus klinik Friedberg, einer Rehabilitationseinrichtung zur Behandlung von Drogenabhängigkeit, sowie Vorstandmitglied des Fachverbandes SUCHT e.V.

Suizid und Gewalt: die Gefahr der Drogen für sich und andere

Einige Drogen können zudem Psychosen auslösen, wie das halluzinogen wirkende LSD oder "Magic Mushrooms" ("magische" Pilze). Während sogenannter "Horrortrips", die mehrere Tage andauern können, verspüren die Betroffenen Ängste, Panik sowie starke Erregung und haben eine wahnhaft veränderte Wahrnehmung. Im Extremfall kann solch eine Psychose im Selbstmord (Suizid) oder in der Verletzung anderer Personen enden. Die durch Drogen ausgelösten Stimmungsschwankungen, die veränderte Gefühlswahrnehmung sowie die häufig enthemmende Wirkung der Drogen können zu Ausbrüchen körperlicher und sexueller Gewalt führen. Wenn das Geld nicht mehr reicht, kann es sein, dass Abhängige Straftaten begehen oder sich prostituieren, um die Sucht finanzieren zu können.

Wo Betroffene und Angehörige Hilfe finden können

Betroffene einer Drogensucht finden oft nicht aus eigener Kraft den Weg aus der Sucht. Zu stark ist das zwanghafte Verlangen nach bestimmten Rauschmitteln. Professionelle Unterstützung ist in jedem Fall ratsam. „Eine erste Anlaufstelle für drogenabhängige Menschen sowie ihre Angehörigen kann eine Drogenberatungsstelle sein“, sagt Muhl. „Neben einer ersten Betreuung erhalten sie dort Unterstützung bei der Suche nach Hilfsangeboten. Auch Kontakte zu Selbsthilfegruppen können durch die Beratungsstellen hergestellt werden.“ Eine Onlinesuche für Suchtberatungsstellen in der Nähe bietet beispielsweise die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) an.

Drogensucht therapieren: Drei Säulen der Behandlung

Der Wille des Betroffenen, die Sucht zu überwinden, ist die wichtigste Voraussetzung für den Beginn und den Erfolg einer Drogentherapie. Beratungsgespräche und therapeutische Einzel- und Gruppengespräche können helfen, die Motivation für eine Therapie zu stärken. Die Therapie der Drogensucht hat drei Ziele:

  1. Entgiftungsphase: Die Entgiftungsphase ist Teil des körperlichen Drogenentzugs. Bis zu 48 Stunden nach der letzten Drogendosis erreichen die Entzugssymptome ihren Höhepunkt. Sowohl die akute Entgiftung als auch der weitere Entzug stellt gesundheitlich ein Risiko dar und wird daher meist stationär durchgeführt. Der Entzug dauert zwischen zwei bis vier Wochen. Beim "kalten" Entzug werden die Suchtmittel abrupt abgesetzt. Beim "warmen" Entzug lindern Medikamente die Entzugssymptome. Möglich ist auch, eine "Ersatzdroge" zu verabreichen. Mediziner sprechen von Substitutionstherapie. Heroinabhängige beispielsweise bekommen meist Methadon. Es erzeugt keine Rauschwirkung, lindert aber die Entzugsbeschwerden. Die Methadon-Dosis wird im Rahmen der Entgiftung Stück für Stück verringert.
  2. Entwöhnung: Nach der Entgiftung folgt die Entwöhnung. Hier geht es darum, die psychische Abhängigkeit zu überwinden. Die Entwöhnung dauert in der Regel bis zu einem halben Jahr – manchmal auch länger – und erfolgt häufig im Rahmen einer Rehabilitation in einer Spezialklinik.
  3. Stabilisierung: An eine erfolgreiche Entwöhnung schließt sich die Stabilisierungsphase an. Ziel ist es, Rückfälle zu verhindern und die weitere Abstinenz zu unterstützen.

Ein niedergelassener Therapeut oder eine ambulante Suchtnachsorgestelle begleiten die Stabilisierung. Selbsthilfegruppen bieten vielen Betroffenen ebenfalls wertvolle Unterstützung und Austausch.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Interview
  • Illegale Drogen. Online-Information der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS). (Stand: Aufgerufen am 23. August 2021)
  • Der Weg aus der Abhängigkeitserkrankung. Die 7 Schritte aus der Abhängigkeit. Online-Information des Fachverbands Sucht e. V. (Stand: Aufgerufen am 23. August 2021)
  • Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2019. Forschungsbericht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). (Stand: Juni 2019)
  • Gesundheitsgefahren. Sucht und Drogen. Online-Information der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). (Stand: Aufgerufen am 23. August 2021)
  • Häufig gestellte Fragen zum Thema Sucht. Online-Information der Caritas Deutschland. (Stand: Aufgerufen am 23. August 2021)
  • Drogenabhängigkeit. Suchtmedizinische Reihe Band 4. Ratgeber der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS). (Stand: Aufgerufen am 23. August 2021)
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