Zum 80. Jahrestag des Kriegsendes Putin lässt Reichstag nachbauen – und erstürmen
In Moskau steht ein Nachbau des Deutschen Reichstags. Er ist Teil von Putins Propaganda-Show zum Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs.
Russland hat bereits mit Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs begonnen und lässt seine Propagandamaschine auf Hochtouren laufen. Staats- und Regierungschefs aus aller Welt sind eingeladen, der chinesische Präsident Xi Jinping ist bereits eingetroffen. Putin will Stärke zeigen, und deshalb wird der historische Moment, an dem die sowjetische Flagge erstmals auf dem deutschen Reichstag gehisst wurde, in einer monumentalen Rekonstruktion gefeiert.
Dafür ließ der russische staatstreue Filmemacher Igor Ugolnikov im Moskauer Kinopark eigens den Reichstag nachbauen. Dort werden dann die historischen Ereignisse so nachgespielt, wie sie in das russische Narrativ passen. "Sieg! Die Flagge über dem Reichstag" heißt das Event, das noch bis zum 11. Mai besucht werden kann, wie die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass berichtet.
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Projektionen auf der Fassade des Reichtags
Die halb zerstörte Fassade des Reichstags ist dafür in Originalgröße nachgebaut worden. "Das wird dazu beitragen, eine realistische Atmosphäre zu schaffen, in die man voll eintauchen kann", meint der Regisseur. Auf Bildschirmen wird gezeigt, was der russische Filmemacher als "historisch korrekt" sieht. Historische Aufnahmen und digitale Nachstellungen werden auf die Reichstagskulisse projiziert. So wird den Zuschauern ein Panzer als digitale Projektion vorgeführt, der von Belarus bis nach Berlin gefahren sei. Auch anderes Militärgerät wie MiG-3-Kampfjets und ein Truppenfahrzeug des deutschen Herstellers "Hanomag" sind zu sehen.
Dass es ein Ukrainer war, der Soldat Oleksiy Berest, der die Eroberung des Reichstags anführte, wird nach Angaben des ukrainischen Nachrichtenportals Euromaidan nicht erwähnt. Doch die Propagandashow ist nicht nur ein historischer Rückblick. Sie soll Russlands Stärke in der Vergangenheit und heute zeigen.
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Dass Putin für die Feierlichkeiten eine dreitägige Feuerpause im Angriffskrieg gegen die Ukraine ausrief, ist ebenso Teil der russischen Propaganda wie die noch immer behauptete Begründung, der Angriff auf die Ukraine sei Teil einer Entnazifizierungskampagne wie einst gegen Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg.
Weiter Drohungen gegen Ukraine
Während viele der ehemaligen Kriegsbeteiligten den Jahrestag zum Anlass nehmen, für den Frieden auf der Welt zu kämpfen, bleibt Russland im Kriegsmodus. So drohte der Vorsitzende des russischen Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew, dass die Ukraine "nicht den 10. Mai erleben werde", wenn es Angriffe auf Moskau gebe.
Dass sich Szenen wie im Mai 1945 erneut abspielen können, ist zumindest aus russischer Sicht nicht ausgeschlossen. Medwedew hatte vor zwei Jahren sogar damit gedroht, Berlin mit Raketen anzugreifen, sollte Wladimir Putin in Deutschland festgenommen werden. Vorausgegangen war ein internationaler Haftbefehl des Strafgerichtshofs in Den Haag gegen den russischen Machthaber.
Im August vergangenen Jahres drohte Medwedew damit, russische Panzer wieder zum "Platz der Republik" zu bringen, weil deutsches Militärgerät von der Ukraine beim Angriff auf die russische Region Kursk benutzt worden sein soll.
Die russischen Feierlichkeiten sind deshalb auch im Kontext des Kriegs gegen die Ukraine zu sehen. Es geht Putin offenbar nicht darum, aus der Geschichte eines Kriegs mit Millionen Toten zu lernen, sondern zu demonstrieren, dass sie sich jederzeit wiederholen könnte. So hatte die ausgeschiedene Kulturstaatssekretärin Claudia Roth gewarnt, "dass in diesem Jahr für die Feiern zu 80 Jahren Kriegsende, die in Moskau am 9. Mai begangen werden, ein unerträgliches Propagandafeuerwerk des Kreml zu erwarten ist". Der Kreml werde versuchen, "den verbrecherischen Angriffskrieg gegen die Ukraine in geschichtsverfälschender Weise zu rechtfertigen".
- tass.ru: "Премию ‘Золотой орел’ за лучший фильм получила картина ‘Право выбора’" (russisch)
- euromaidanpress.com: "Russians build Reichstag replica for Victory Day, use it for war propaganda amid war with Ukraine" (englisch)
- merkur.de: "Russische Panzer in Berlin? Putin-Vasall Medwedew droht wegen deutschen Panzern im Ukraine-Krieg"
- berliner-zeitung.de: "Ex-Präsident Medwedew droht mit Raketen auf Berlin"
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa