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Nach Rücktritt von Napolitano: Italien sucht neuen Staatspräsidenten


Nach Napolitano-Rücktritt
Italien sucht neuen Vater der Nation

Von Annette Reuther, dpa

Aktualisiert am 14.01.2015Lesedauer: 3 Min.
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Für viele Italiener war Staatschef Giorgio Napolitano eine Integrationsfigur - sein Rücktritt hinterlässt eine große LückeVergrößern des Bildes
Für viele Italiener war Staatschef Giorgio Napolitano eine Integrationsfigur - sein Rücktritt hinterlässt eine große Lücke (Quelle: imago/Rainer Unkel)

Bisher regierte Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi mit der Rückendeckung eines erfahrenen Präsidenten. Nun hinterlässt der jahrelange und sehr beliebte Staatschef Giorgio Napolitano eine große Lücke, die mitten in einer der schwersten Wirtschaftskrisen des Landes möglichst schnell gefüllt werden muss - sonst droht Italien eine Katastrophe. Und Europa eine gefährliche Krise.

Regierungschef Renzi muss bei der Wahl eines Nachfolgers beweisen, dass er nicht nur viel versprechen kann, sondern auch die Macht in seiner Demokratischen Partei PD hat. Stolpert er über Fallstricke, die ihm seine Gegner legen, und endet die Wahl im selben Chaos wie die letzte, dann bricht den Italienern die letzte identitätsstiftende politische politische Institution weg.

Rücktritt in sehr ungünstigem Moment

Das wäre eine Katastrophe, denn: Italien steckt in einer nicht enden wollenden Rezession, die Arbeitslosigkeit ist auf einem Rekordhoch, junge Menschen verlassen in Scharen das Land. Die EU-Kommission prüft im März, ob Italien die explodierende Verschuldung in den Griff bekommt.

Renzi, der vor knapp einem Jahr vollmundig als "Verschrotter" der alten Politik angetreten ist, hat unter Napolitanos schützenden Händen zwar wichtige Reformen angestoßen - darunter die des komplizierten Wahlrechts und des Senats. Aber sie ziehen sich in die Länge.

Renzi gibt sich zuversichtlich

Napolitanos Nachfolger wird also keineswegs geordnete Verhältnisse erben. Aber Unkenrufe, wonach Italien Griechenland folgen wird, das nach einer gescheiterten Präsidentenwahl Neuwahlen ausrufen musste, halten Beteiligte für übertrieben. Im Gegensatz zu der Wahl im April 2013, als zwei Kandidaten scheiterten und sich Italien mit einer chaotischen Wahl blamierte (und Napolitano noch einmal weitermachte, obwohl er gar nicht mehr wollte), scheinen sich die politischen Verhältnisse etwas gefestigt zu haben.

"Ich bin zuversichtlich, dass die Wahl schnell und positiv ausgeht", sagt Laura Garavini, Mitglied im Vorstand der PD-Fraktion. Vor zwei Jahren sei die Fraktion noch nicht etabliert gewesen. "Das sieht jetzt anders aus." Auch herrsche unter Renzis Führung mehr Zusammenhalt.

Daueroptimist Renzi setzt schon Wetten darauf, dass man im vierten Wahlgang - wenn nicht mehr eine Zwei-Drittel-Mehrheit sondern eine absolute für den Sieger reicht - einen neuen Staatschef habe. Das könnte schon Ende Januar sein.

Berlusconi wird ein Wörtchen mitreden

Doch da Präsidentenwahlen in Italien gerne für innere Machtkämpfe genutzt wurden, steht auch diesmal in den Sternen, wie es ausgeht. Renzi ist in seiner Partei umstritten. Vor allem dem linken Flügel geht die Hauruck-Mentalität des 40-Jährigen gegen den Strich. Er muss also erst mal seine eigene Partei auf einen Kandidaten einschwören und dann um Unterstützung bei anderer Parteien buhlen.

Ein entscheidendes Wort hat Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi von der Partei Forza Italia mitzureden. Der wurde zwar wegen Steuerbetrugs verurteilt und aus dem Senat geworfen. Aber in der täglichen Politik mischt er immer noch kräftig mit. Der 78-Jährige kommt gut mit dem jungen Renzi aus. Sie kooperieren bei wichtigen Reformen. Doch befürchtet wird, dass Berlusconi einen Präsidenten-Kandidaten unterstützt, der vor allem ihm nützen würde.

Bislang noch kein Favorit in Sicht

Einen "weisen Schiedsrichter" sucht Renzi als Präsident. Einer, der das Land wie Napolitano als Vater der Nation durch stürmische Zeiten steuert. Die Liste der möglichen Kandidaten ist lang, aber ein klarer Favorit hat sich noch nicht herauskristallisiert.

Der Napolitano-Biograf und Kommentator für die Zeitung "Corriere della Sera", Paolo Franchi, betont, dass ein erfahrener Politiker mit internationalem Ansehen der ideale Kandidat wäre. "Ich sehe nicht viele davon", schränkt der politische Beobachter ein.

Draghi lehnt Kandidatur ab

Genannt werden Ex-Premiers wie Massimo D'Alema und Giuliano Amato oder auch Romano Prodi, der allerdings schon bei der letzten Präsidentenwahl durchgefallen ist. Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank und ohne Frage ein internationales Schwergewicht, erteilte seinen Landsleuten erneut eine Absage.

Chancen werden auch Kulturminister Dario Franceschini und Finanzminister Pier Carlo Padoan zugesprochen. Ein bisschen Glamourfaktor brächte der frühere Bürgermeister von Rom, Walter Veltroni. Der hatte einst Hollywoodstar George Clooney und seine Frau Amal getraut.

"Zeit wäre reif für eine Frau"

Vielleicht zaubert Renzi auch eine Frau aus dem Hut. "Das wäre ein großer PR-Coup", glaubt der Politikwissenschaftler Francesco Clementi. "Die Zeit wäre reif für eine Frau. Aber ich denke, das ist eher unwahrscheinlich", sagt die PD-Abgeordnete Laura Garavini.

Wer immer als Favorit in das Rennen geht. Bei Präsidentenwahlen in Italien gilt das gleiche Sprichwort wie für die Papstwahl: "Wer als Papst in das Konklave geht, kommt als Kardinal wieder heraus."

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