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TV-Kritik zu "Anne Will": Macrons Sieg "eine Revolution der Jugend"


TV-Kritik zu "Anne Will"
Macrons Sieg "eine Revolution der Jugend"

t-online, David Heisig

08.05.2017Lesedauer: 4 Min.
Der französische Politologe Alfred Grosser sprach bei Anne Will zum Thema "Frankreich nach der Wahl - Wie verändert das Europa?".Vergrößern des BildesDer französische Politologe Alfred Grosser sprach bei Anne Will zum Thema "Frankreich nach der Wahl - Wie verändert das Europa?". (Quelle: dpa-bilder)
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Die Stichwahl um das Präsidentenamt in Frankreich gab Anne Will das erste Thema nach ihrer Osterpause vor. Ihrer Runde merkte man die Erleichterung über das Wahlergebnis an.

Die Gäste

  • Ursula von der Leyen (CDU), Bundesministerin für Verteidigung
  • Gesine Schwan (SPD), Politologin
  • Alfred Grosser, französischer Politologe
  • Xavier Bettel, Premierminister von Luxemburg

Das Thema

Lag am Mittag noch der Schatten eines möglichen Wahlsiegs von Marine Le-Pen vom Front National über der thematischen Ausrichtung der Sendung, hieß es kurz nach 20 Uhr aufatmen. Emmanuel Macron hatte die Rechtsradikale ausgestochen. Für Will bedeutete das allerdings, eine andere Herangehensweise finden zu müssen. Die neue Ausgangsfrage sollte sein, wie der neue Präsident seine selbst ausgerufene Revolution in einem gespaltenen Land organisieren will. Politisch angenehm sei der Zustand nicht, dass viele, statt Macron zu wollen, ihn nur gewählt hätten, um Le Pen zu verhindern. So die Ausgangsthese Wills.

Die Positionen

Es war an Grosser, den Eröffnungspass abzufangen. Ob die Franzosen jetzt den gewünschten Präsidenten hätten, fragte Will. „Befriedigend“ sei das Ergebnis, so der Altmeister, der bekundete, den jungen Politiker ob seiner Ideale unterstützt zu haben. Allerdings könne der ein Problem bekommen. Macron verfechte die soziale Marktwirtschaft, die mit den Gewerkschaften in Frankreich nicht zu machen sei. Macron fordere Mitbestimmung für die Politik in den Betrieben. Im September seien daher „Hunderttausende auf der Straße“, prognostizierte Grosser Streiks. Ohne Frage sei sein Sieg aber eine „Revolution der Jugend“, „die Alten“ im Politikbetreib seien weg. Schwan sah es ähnlich, auch wenn das Ergebnis (von rund 65 %) ein „gutes, aber kein hervorragendes“ sei, so die Sozialdemokratin.

Kern der Diskussion

Man war sich sehr schnell, sehr einig. Nicht nur Schwan betonte, Macron habe in dem Jahr seit der Bekanntgabe der Kandidatur sehr viel erreicht. Von der Leyen ergänzte, er habe seine Linie durchgehalten, während Le Pen „nur gehasst“ habe. Kopfnicken allenthalben in der Runde. Also musste es Will anders probieren, legte den Fokus auf die Spaltung in der französischen Gesellschaft. Immerhin hätten 35% den Front National gewählt. Ob Macron das überwinden könne, fragte sie Bettel. „Das kann er“, antwortete der trocken. Er tue das, was er sage, habe ein Programm der Freiheiten und etwas in Frankreich etabliert, was es dort so noch nicht gegeben habe: eine Mitte. Allerdings benötige er für die anstehenden Parlamentswahlen Mehrheiten. Hier kam Will thematisch also auch nicht weiter. Die Runde trat nicht in eine Diskussion ein.

Aufreger des Abends

Will suchte weiter nach dem Pulverfass. Ein kleines fand sich beim Thema Europa. Schwan riss es zuerst an, als sie das Wahlergebnis als „unglaubliche Chance, die uns Deutschen da geschenkt worden ist“, bezeichnete. Deutschland könne nun Verantwortung für Solidarität übernehmen, statt Europa nur wirtschaftlich kontrollieren zu wollen. Das Ergebnis sei ein gutes Beispiel, dass man „mit Europa noch Wahlen gewinnen könne“, freute sich von der Leyen. Aber nicht „mit ihrem“, konterte Will lächelnd. Sie spielte auf das Grundsatzproblem an, das Schwan aufgeworfen hatte. Von der Leyen betonte, dass nach Brexit und Trump-Wahl „wir wieder lernen, dass wir für das offene Europa kämpfen müssen.“ „Aber ich finde, wir müssen eine andere Politik machen“, konterte Schwan energisch. Reden alleine helfe nicht. Gegen das Ungleichgewicht in Europa müssten Investitionen aus Deutschland kommen. So sei Macrons Idee eines EU-Finanzministers eine gute, da demokratische, die Investitionen überall in Europa ermögliche. Der „technokratische europäische Währungsfond“, der nur stur analysiere, welche Staaten die 3%-Hürde nicht schafften, sie der falsche Weg, so die Sozialdemokratin. Von der Leyen konterte, nicht die deutsche Stärke sei das Problem, andere Staaten der Union müssten mitziehen. Außerdem gehe ihr die „Negativtonalität“ auf die Nerven. Es gehe ihr nicht um Schlechtreden, erwiderte Schwan. Werde nichts getan, fliege „uns Europa um die Ohren.“ Das sehe man an der ungeklärten Flüchtlingsfrage.

Tiefpunkt des Abends

Der Sturm zwischen den beiden Damen ging allerdings in einem lauen Lüftchen auf. Will sorgte für einen anderen Tiefpunkt. Sie konnte nicht widerstehen, von der Leyen wegen der aktuellen Ereignisse bei der Bundeswehr aufs Korn zu nehmen. Grundsätzlich völlig berechtigt. Allerdings hier nicht zum Thema passend. So musste die Ministerin sich erneut für ihre Aussage rechtfertigen, bei der Bundeswehr gäbe es ein Haltungsproblem und Führungsschwäche. Von der Leyen musste vehement gegensteuern. Will bohrte nach. Fast konnte der Eindruck entstehen, die Moderatorin habe 50 Minuten nur auf diesen Moment gewartet, als sei von der Leyen bis dahin für das eigentliche Thema nur Staffage gewesen. Das war schade.

Was fehlte

Ein bisschen mehr Pepp hätten die 60 Minuten verdient gehabt. Keinen Krawall. Das wäre den zu feinsinnigen Diskussionen fähigen Schwan und Grosser unwürdig gewesen. Krakeel machen andere. Aber so ein bisschen mehr Reibung wäre schön gewesen. Chance vertan, nach dem Start passierte nicht mehr viel. Und dass die Anwesenden erleichtert waren, dass nicht Le Pen die Wahl gewann, dafür hätte man sie nicht auf das Podium bitten müssen. So war die Sendung etwas für die, die das deutsch-französische Verhältnis schon tiefer hinterfragt haben, die die französische Seele verstehen. Die anderen schwammen einfach so mit. Zumindest fürs Herz gab es noch was: Macron, vor dem Louvre, Händchen haltend mit der Gattin.

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