Musks Parteigründung "Er wird den Kürzeren ziehen"
Elon Musk hat eine Partei gegründet und will in der US-Politik mitmischen. Doch die Herausforderungen für eine neue politische Kraft sind groß.
Elon Musk macht Ernst und will mit einer eigenen Partei den US-Präsidenten und früheren Verbündeten Donald Trump herausfordern. Die Amerika-Partei soll den US-Bürgern laut Musk "ihre Freiheit zurückgeben".
Nachdem er Trump im Wahlkampf noch mit rund 250 Millionen US-Dollar unterstützt hatte und nach dessen Amtsantritt die Kostensenkungsbehörde Doge leitete, hat er sich mit ihm nun zerstritten. Während Musk die Staatsausgaben reduzieren wollte, hat Trump mit dem "Big Beautiful Bill" ein Gesetz verabschiedet, das die Staatsschulden voraussichtlich um über drei Milliarden Dollar anwachsen lässt. Doch auch wenn Musk mit seiner Partei nun Trump Konkurrenz machen will, so sind die Hürden für den reichsten Mann der Welt hoch.
So betont Julian Müller-Kaler, Politikwissenschaftler der Washingtoner Denkfabrik Stimson Center, im ZDF: "Ich halte die Erfolgschancen für einen wirklichen Politikwechsel in den USA über eine von Elon Musk gegründete Partei für sehr unwahrscheinlich."
Institutionelle Hürden und Wahlrechtsvorgaben
Nach Einschätzung von Hans Noel, Professor für Politikwissenschaft an der Georgetown University, steht Musk vor einem politischen System, das Drittparteien kaum Chancen bietet. Noel sagte der "Washington Post": "Die Vereinigten Staaten haben keine Institutionen, die offen dafür sind, dass mehrere Parteien sehr erfolgreich sein können." Er fügte hinzu: "Du musst einen Wahlkreis direkt gewinnen, um etwas zu erreichen. Es ist nicht wie in anderen Demokratien, wo du als kleine Partei mit 20 oder 30 Prozent der Stimmen einen Teil der Sitze bekommst."
Zusätzlich stellen die unterschiedlichen Wahlrechtsvorgaben der Bundesstaaten eine große Hürde dar. Mac McCorkle von der Duke University sprach in der "Washington Post" von einer "gewaltigen Herausforderung": "Um auf den Wahlzettel zu kommen, sind eine Menge Unterschriften erforderlich", sagte McCorkle. Gleichzeitig hält er es für möglich, dass Musk diese Hürde finanziell überwinden kann: "Auf der anderen Seite hat er wahrscheinlich genug Geld, um das zu schaffen."
So haben es bei der Wahl im vergangenen Jahr selbst die bekannteren Kandidaten von Drittparteien nicht in allen 50 Staaten auf den Wahlzettel geschafft.
Historische Schwierigkeiten für Drittparteien
Drittparteien hatten in der US-Geschichte ohnehin nur selten nachhaltigen Erfolg. Noel erinnert daran, dass der Milliardär Ross Perot 1992 rund 19 Prozent der Stimmen erhielt, aber dennoch leer ausging: "Perot hat unglaublich gut abgeschnitten, aber er hat in keinem Bundesstaat gewonnen, und wie das Wahlmännerkollegium funktioniert, bedeutet das, dass er nichts bekommen hat."
Ein weiteres Beispiel ist Ralph Naders Präsidentschaftskandidatur im Jahr 2000. Der Grünen-Kandidat sorgte dafür, dass es in Florida zu einem knappen Sieg für George W. Bush kam, der den demokratischen Kandidaten Al Gore wohl letztlich die Präsidentschaft kostete. Wahlmännerstimmen erhielt Nader dennoch nicht.
Auch andere unabhängige Politikerinnen und Politiker blieben Ausnahmen. Laut "Washington Post" zeigen Beispiele wie Bernie Sanders oder Angus King, dass selbst erfolgreiche Unabhängige sich meist einer der großen Parteien annähern müssen, um Einfluss zu behalten.
Musk als "Spielverderber und Verwirrer"?
Musk will seine neue Partei offenbar zunächst auf die Kongresswahlen im kommenden Jahr konzentrieren. Auf X erklärte er, er plane eine "extrem konzentrierte Kraft an einem präzisen Punkt auf dem Schlachtfeld", in Anlehnung an die Strategie des antiken Feldherrn Epaminondas. "Angesichts der hauchdünnen Mehrheiten im Parlament würde das ausreichen, um bei umstrittenen Gesetzen die entscheidende Stimme zu sein", schrieb Musk auf X.
McCorkle glaubt, dass Musk mit seinen Kandidaten vor allem als Störfaktor wirken könnte: "Sie werden als Spielverderber und Verwirrer auftreten", sagte er. In entscheidenden Bundesstaaten wie North Carolina könnten Musks Kandidaten den Republikanern Stimmen abnehmen. McCorkle verwies darauf, dass bei den Midterms "wahrscheinlich ein Rückgang der MAGA-Wähler" zu erwarten sei.
Fragezeichen gibt es allerdings bei der langfristigen Parteistrategie. Widerstand gegen Staatsausgaben wird dabei wohl nicht ausreichen. So hält McCorkle Musks Argumentation gegen Staatsausgaben für widersprüchlich: "Hier ist der Typ, der mehr Regierungsaufträge hat, als man sich vorstellen kann, und er soll der Fahnenträger der Libertären werden? Ich weiß ja nicht."
Wer sind Musks "80 Prozent der Mitte"?
Musk spricht davon, "die 80 Prozent in der Mitte" ansprechen zu wollen. Doch Hans Noel bezweifelt in der "Washington Post", dass diese Gruppe eine einheitliche politische Bewegung bilden kann: "Die Leute hängen immer noch an den bestehenden Parteien, auch wenn sie frustriert sind und sie nicht mögen", sagte er. Und weiter: "Es gibt keine Art von Wählerbasis, die er schon hätte. Was genau verfolgt er? Diese 80 Prozent sind überhaupt nicht klar definiert."
Ein auf X diskutiertes Parteiprogramm umfasst unter anderem Schuldenabbau, eine Modernisierung des Militärs mit KI-Technologie, Deregulierung, freie Meinungsäußerung sowie eine pronatalistische und technologieoffene Politik. Ob dies ausreicht, um breite Unterstützung zu gewinnen, bleibt fraglich.
Musk auf der Suche nach politischen Verbündeten
Nach Musks Bruch mit Trump und den Republikanern im Kongress scheint sein politischer Einfluss geschwächt. Der Trump-nahe Aktivist James Fishback kündigte laut "Washington Post" bereits an, eine eigene Super-PAC zu gründen, um Musks Vorhaben entgegenzutreten. Müller-Kaler sagt im ZDF: "Er ist zwar der reichste Mann der Welt, aber im Kampf gegen den mächtigsten Mann der Welt wird er meiner Ansicht nach den Kürzeren ziehen."
Hans Noel wies darauf hin, dass erfolgreiche Parteien nicht nur Geld, sondern auch Netzwerke und engagierte Unterstützer brauchen: "Deine Fähigkeit, Geld zu sammeln, bedeutet, dass du eine Verbindung zu einer ganzen Menge Leute hast, die dir nicht nur Geld geben, sondern vielleicht auch etwas für dich tun – oder zumindest für dich stimmen."
Ohne eine solche Basis, sagte Noel, bleibe der Parteiaufbau schwierig: "Du brauchst eine außergewöhnlich engagierte Wählerschaft, die bereit ist, nach frühen Niederlagen weiterzumachen. Das kann man nicht einfach kaufen."
Einige Gruppen haben sich dennoch offen für eine Zusammenarbeit gezeigt, darunter das Libertarian National Committee und die zentristische Bewegung No Labels. Auch mit dem libertären Abgeordneten Thomas Massie (R-Kentucky) verbindet Musk weiterhin politische Übereinstimmungen.
Hat Musk die nötige Geduld?
Ob Musk langfristig die Ausdauer für den Aufbau einer Partei aufbringt, ist laut Experten fraglich. McCorkle sagte: "Ich bin mir nicht sicher, ob er die Geduld hat." Er verwies auf die Herausforderungen bei der Kandidatensuche: "Da werden eine Menge Leute auftauchen, die denken: 'Hey, Elon Musk finanziert mich. Warum nicht?' … Es könnte auch peinlich für Musk werden, wenn er versucht, viele Leute auf den Wahlzettel zu bringen."
Dass viel Geld allein nicht reicht, hat Musk bereits erlebt. So unterstützten seine Gruppen einen konservativen Kandidaten bei einer Wahl zum Obersten Gerichtshof von Wisconsin mit mehr als 20 Millionen Dollar – dennoch verlor dieser gegen eine liberale Kandidatin. Damals sagte er, er plane künftig "wesentlich weniger" politische Ausgaben. McCorkle kommentiert in der "Washinton Post": "Ich glaube nicht, dass er den Rest seines Lebens damit verbringt, eine neue Partei aufzubauen." Vielmehr gehe es Musk derzeit vor allem darum, "Trumps Vermächtnis zu zerstören".
- washingtonpost.com: "6 of the biggest challenges facing Musk’s new political party" (englisch)
- zdfheute.de: "Welche Erfolgschancen Elon Musks Pläne haben"