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Ema empfiehlt Astrazeneca-Impfstoff trotz Thrombose-Risiko


"Nutzen deutlich höher"
Ema empfiehlt Astrazeneca-Impfstoff trotz Thrombose-Risiko

Von dpa
Aktualisiert am 07.04.2021Lesedauer: 4 Min.
Astrazeneca-Impfstoff: Die EMA will den Impfstoff nicht einschränken.Vergrößern des BildesAstrazeneca-Impfstoff: Die Ema will den Impfstoff nicht einschränken. (Quelle: Political-Moments/imago-images-bilder)
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Die Europäische Arzneimittelagentur gibt weiterhin grünes Licht für das Vakzin. Großbritannien ändert dennoch seine Empfehlung und will Astrazeneca nur noch an über 30-Jährige verimpfen.

Die Europäische Arzneimittelbehörde (Ema) gibt weiterhin grünes Licht für den Corona-Impfstoff des Herstellers Astrazeneca. Trotz sehr seltener Fälle von Blutgerinnseln in Hirnvenen empfiehlt die Ema weiterhin uneingeschränkt die Anwendung des Impfstoffes. "Der Nutzen des Wirkstoffes bei der Bekämpfung von Covid-19 ist deutlich höher zu bewerten als die Risiken", sagte Ema-Chefin Emer Cooke am Mittwoch in Amsterdam.

Die Experten stellten zwar einen Zusammenhang zwischen Impfstoff und Thrombosen bei einer sehr geringen Zahl von Blutplättchen fest. Dies trete allerdings sehr selten auf. Die Behörde hält damit weiterhin an ihrer Bewertung des Präparates fest. Experten hatten zuvor Meldungen von Thrombosen nach einer Impfung eingehend untersucht. Diese Analysen würden fortgesetzt, wie die Ema mitteilte.

WHO: Zusammenhang ist plausibel, aber nicht bestätigt

Kurz nach der Ema sprach sich am Mittwoch auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vorerst für die weitere Verwendung des Impfstoffs von Astrazeneca aus. Nach aktueller Datengrundlage scheine ein Zusammenhang mit Thrombosen zwar plausibel, aber nicht bestätigt, teilten die Experten des Impfkomitees der WHO am Mittwochabend mit. Es bedürfe noch weiterer Studien, um eine mögliche Verbindung zwischen Impfung und etwaigem Risiko zu untersuchen.

Darüber hinaus wies die WHO darauf hin, dass die Vorfälle angesichts von inzwischen weltweit 200 Millionen mit Astrazeneca geimpften Menschen sehr selten seien. Demgegenüber seien inzwischen 2,6 Millionen Menschen im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben. "Die Verabreichung von Impfstoffen basiert auf einer Kosten-Nutzen-Analyse", so die WHO-Experten. Das Komitee werde nächste Woche erneut beraten.

Großbritannien will mit Astrazeneca nur noch über 30-Jährige impfen

Trotz des Votums der Ema hat die britische Impfkommission am Mittwoch ihre Empfehlung für den Astrazeneca-Impfstoff nach einer Überprüfung geändert. Das Präparat soll künftig möglichst nur noch über 30-jährigen Erwachsenen verabreicht werden, wie die Kommission am Mittwoch mitteilte. Grund sind auch hier Berichte über seltene Fälle von Blutgerinnseln im Zusammenhang mit einer Impfung mit dem Vakzin.

Wer in Großbritannien die erste Impfung mit dem Mittel von Astrazeneca erhalten hat, soll es aber auch bei der zweiten Impfung bekommen. Das gab Lim Wei Shen bekannt, Vorsitzender des Corona-Ausschusses beim Gemeinsamen Impfausschuss (JCVI).

Die neuen Empfehlungen für den Einsatz von Astrazeneca werden nach Angaben des Vize-Gesundheitschefs für England, Jonathan Van-Tam, zu keiner nennenswerten Störung des Impfplans in Großbritannien führen. Die Impfstoffe anderer Hersteller dürften in genügender Menge verfügbar sein, sagt er.

In Großbritannien sind nach Angaben der Arzneimittelbehörde MHRA bislang 79 Fälle von seltenen Blutgerinnseln nach Impfungen mit dem Astrazeneca-Impfstoff aufgetreten. Dabei kam es zu 19 Todesfällen. Die meisten dieser Fälle betrafen junge Menschen. Ein direkter Zusammenhang mit dem Impfstoff konnte laut Impfkommission zwar noch nicht nachgewiesen worden. Aber angesichts des geringeren Risikos für jüngere Menschen, an Covid-19 zu sterben, habe man diese Abwägung getroffen, hieß es.

Deutsche Stiko bleibt vorerst bei ihrer Einschätzung

Die Entscheidung der EU-Arzneimittelbehörde hat voraussichtlich keine unmittelbare Auswirkung auf das bisherige Votum der Ständigen Impfkommission (Stiko) in Deutschland. Was die EMA gemacht habe, könne man mit Sicherheit rechtfertigen, sagte Stiko-Mitglied und Infektionsimmunologe Christian Bogdan am Mittwoch bei einer Online-Diskussion des Science Media Centers. "Aber das, was die Stiko gemacht hat, kann man sicherlich genauso rechtfertigen."

Die Stiko hatte den Astrazeneca-Impfstoff zuletzt erst ab 60 Jahren empfohlen – und dabei auch Erfahrungen aus Großbritannien mit einbezogen, das schon einige Monate länger ältere Menschen mit diesem Vakzin impft. Die EMA-Entscheidung werde aber sicher ein Thema in einer der nächsten Stiko-Sitzungen werden, ergänzte Bogdan. "Vielleicht gibt es dann ja auch einen Begründungstext. Da werden wir uns nicht primär an einer Pressemitteilung orientieren."

"Es muss etwas sehr Seltenes sein"

Auch die Entscheidung der britischen Arzneimittelbehörde MHRA, das Astrazeneca-Vakzin nur noch an Erwachsene über 30 zu geben, habe keinen unmittelbaren Einfluss auf die Empfehlungen für Deutschland.

Grund für die Stiko-Einschränkung vor rund einer Woche war unter anderem das Auftreten von Hirnvenenthrombosen bei 1 bis 2 unter 100.000 geimpften jüngeren Frauen in Deutschland. Es gab auch wenige Fälle bei Männern in Deutschland – allerdings wurden bisher bundesweit 2,5 Mal mehr Frauen das erste Mal mit Astrazeneca geimpft.

"Es muss etwas sehr Seltenes sein", sagte Bodgan zu der schweren Nebenwirkung. "Wir müssen hier einen Mechanismus haben, wo es eine gewisse quasi Prädisposition geben muss." Denn wenn die Thrombosen durch das Transportmittel, durch das der Impfstoff in die Zellen geschleust wird, bedingt wären, "dann müsste das sehr viel häufiger auftreten".

31 Verdachtsfälle in Deutschland

Unklar ist, was für Folgen die Ema-Entscheidung nun für die Impfungen in anderen Ländern haben wird. Mehrere EU-Länder hatten wie auch Deutschland zuvor den Einsatz des Impfstoffes auf Personen ab 60 Jahre eingeschränkt. Hintergrund waren seltene Fälle von Blutgerinnseln (Thrombosen) in Hirnvenen nach einer Astrazeneca-Impfung. In Deutschland gab es 31 Verdachtsfälle.

Daraufhin hatte die Ema im März eine Expertengruppe eingesetzt. Sie hatte zunächst keinen Zusammenhang mit der Impfung festgestellt. Die Untersuchung war aber fortgesetzt worden. Die Experten vermuten, dass es um eine sehr seltene Immunreaktion gehe. Die meisten Fälle waren den Angaben zufolge etwa zwei Wochen nach der Impfung aufgetreten. Die Experten hätten keine besonderen Risikofaktoren wie Alter oder Geschlecht festgestellt.

Geimpften riet die Ema, auf die entfernte Möglichkeit der sehr seltenen Blutgerinnsel zu achten. Bei entsprechenden Symptome sollten sie sofort medizinischen Rat einholen, hieß es weiter. Der Impfstoff mit dem Marktnamen Vaxzevria hatte Ende Januar eine bedingte Marktzulassung für die EU erhalten. Danach ist der britisch-schwedische Hersteller weiterhin verpflichtet, alle Daten zu möglichen Nebenwirkungen weiterzuleiten.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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