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Putin ordnet sein Erbe

Eine Kolumne von Gerhard Spörl

Aktualisiert am 17.01.2022Lesedauer: 3 Min.
Wladimir Putin: Er hat den Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine veranlasst.
Wladimir Putin: Er hat den Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine veranlasst. (Quelle: Russian Look/imago-images-bilder)
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Russland befeuert den Konflikt mit der Ukraine weiter, Truppen sind mobilisiert. Wie verhält sich der russische Machthaber? Kolumnist Gerhard Spörl geht der Frage auf den Grund.

Was hat er vor und warum geht er so vor? Diese Fragen stellt sich momentan so ziemlich jeder, der Anteil an der Welt dort draußen nimmt, sei es privat, sei es öffentlich. Eine plausible Antwort hier wie dort lautet: Weil Wladimir Putin entweder unter Druck steht oder, angesichts seines Alters, sein Erbe sortieren will.


Diese Länder werden 2022 die gefährlichsten der Welt

Hunger, Krieg, Vertreibung: Die Hilfsorganisation IRC (International Rescue Committee) hat die zehn Länder ermittelt, die 2022 am schlimmsten von humanitären Katastrophen betroffen sein werden – und sendet einen "Weckruf" an die neue Bundesregierung. "Die Rekordzahl an Menschen in humanitärer Not, ohne Nahrung, auf der Flucht vor Gewalt und Verfolgung, (...) ist schockierend", sagt IRC-Präsident David Miliband. 274 Millionen Menschen werden 2022 humanitäre Hilfe brauchen – ein enormer Anstieg.
Der Geschäftsführer der deutschen Abteilung betont, Kanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock müssten die ersten 100 Tage für strategische Weichenstellungen nutzen, um diesen Krisen zu begegnen. "Wir fordern eine Verdoppelung der aktuell nur 13 Prozent der humanitären Hilfe des Auswärtigen Amts die an Nichtregierungsorganisationen fließen", sagte Ralph Achenbach. Welche Länder der IRC im kommenden Jahr auf seiner "Watchlist" hat, sehen Sie bei den kommenden Bildern.
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Putin ist 69 Jahre alt. Er lässt sein Land größer und wichtiger erscheinen, als es in Wahrheit ist. In Syrien. In Libyen. Barack Obama nannte Russland abschätzig eine Regionalmacht, womit er recht hatte, was aber für die Nachbarländer eine existenzielle Gefahr bedeutet. An den Unruhen in Kasachstan ist Russland vermutlich nicht unbeteiligt. Belarus ist abhängig wie in den alten guten Zeiten, denen Putin nachtrauert, was Größe und Einfluss anbelangt. Schließlich die Ukraine: Krim annektiert, Unruhen im Donbass orchestriert. Und jetzt 100.000 Mann unter Waffen an der Grenze.

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Wer mit Alter und Erbe argumentiert, geht davon aus, dass Putin einen politischen Zweck erreichen will: die Garantie, dass die Nato förmlich auf die Aufnahme der Ukraine und auch Georgiens verzichtet. Kann sie nicht, sagt sie, die Nato. Wenn aber die Alternative Krieg oder Zugeständnis noch näher rückt, was dann? Dann sollte der Westen Putin entgegenkommen, schreibt Klaus von Dohnanyi in seinem neuen Buch. Oder Amerika gesteht unter der Hand Russland zu, was es unbedingt zugesichert haben will.

Klaus von Dohnanyi: Er war Bundesminister für Bildung und Wissenschaft sowie Erster Bürgermeister Hamburgs.
Klaus von Dohnanyi: Er war Bundesminister für Bildung und Wissenschaft sowie Erster Bürgermeister Hamburgs. (Quelle: Rüdiger Wölk/imago-images-bilder)

Putin ist gar nicht der neue Zar, nicht der unumstrittene Alleinherrscher im Kreml, wie der Westen denkt, so geht die andere Spekulation über die Gründe für sein erpresserisches Verhalten. Der Gedankengang vollzieht sich so: Zwei Fraktionen stehen sich in Moskau gegenüber – hier Putin und seine Gefolgschaft, dort die Hardliner in Militär und Geheimdienst, die kalt und illusionslos auf die Welt schauen. An Putin kritisieren sie die Fixierung auf Europa und Amerika, wobei es aus ihrer Sicht ganz egal ist, was der Westen sagt und macht. Entscheidend ist, dass er ein Papiertiger ist. Folglich wird der Westen keinesfalls eingreifen, wenn Russland sein Terrain maximal sortiert und sich Verlorenes zurückholt, wozu eindeutig die Ukraine zählt. Warum nicht das Land angreifen und besetzen, zumal es dort ja zumindest eine starke Minderheit der Russland-Freunde gibt?

Die Machtverhältnisse in Russland kann jetzt Annalena Baerbock studieren, wenn sie morgen in Moskau Sergej Lawrow trifft. Größer könnte der Gegensatz nicht sein: hier die Novizin, dort der Veteran, seit 18 Jahren im Amt, der Inbegriff zynischer Interpretation russischer Interessen und Putins Zweitstimme. Kein Zweifel, dass er die Riege deutscher Außenminister der letzten Jahre nicht besonders ernst nahm: Steinmeier, Westerwelle, Steinmeier, Gabriel, Maas. Und jetzt wird er eben kalt lächelnd der neuen Außenministerin den unverrückbaren Standpunkt herunterbeten, wie es seine Kollegen vorher beim Treffen mit der US-Delegation und im Nato-Russland-Rat bereits getan haben: Sicherheitsgarantien oder ihr werdet schon sehen.

Baerbock wird die deutschen Interessen nachhaltig vertreten

Übrigens traue ich Annalena Baerbock durchaus zu, dass sie die deutschen Interessen nachhaltig vertritt. Sie hat den Vorteil, dass auch Lawrow weiß, wie wenig sie von Nord Stream 2 hält, und die Gründe, die dagegen sprechen, nehmen ja fast täglich zu. Und jemand wie sie, die mit frischen Augen den alten Haudegen studieren kann, kommt sicherlich mit neuen Eindrücken zurück, die vielleicht die Frage klären helfen, was Putin treibt: das Alter oder die Hardliner.

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Allerdings muss auch die neue deutsche Regierung einsehen, dass sich der Konflikt zwischen Amerika und Russland abspielt und niemandem sonst. Das liegt schon einmal an Putins Ehrgeiz, als Großer nur mit den Großen dieser Erde zu verhandeln. Europa, und damit Deutschland, bleibt allein die Rolle des Vermittlers, wenn es hochkommt. Und Vermittlung zwischen den Antagonisten könnte bald noch wichtiger werden.

Das Problem des Westens besteht ja darin, dass es ziemlich egal ist, ob Putin von seinem Alter oder von den Gegnern in Moskau getrieben wird. Wenn er nicht bekommt, was er will, wenn ihm lediglich ein Angebot gemacht wird, dass er eigentlich nicht annehmen kann, bleibt ihm nur diese Alternative: unehrenhafter Rückzug oder Angriff auf die Ukraine und Besetzung.

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Und für Wladimir Putin ist das keine echte Alternative.

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Von Miriam Hollstein
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