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Angriff in Gaza: Explosion im Krankenhaus wirft Fragen auf


Angriff auf Krankenhaus in Gaza
Da passt etwas nicht zusammen

Von Lucas Maier

18.10.2023Lesedauer: 3 Min.
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Raketen aus dem Gazastreifen (Archivbild): Nach einer Explosion in einem Krankenhaus in Gaza Stadt wirft ein Video auf der Plattform X fragen auf.Vergrößern des Bildes
Raketen aus dem Gazastreifen (Archivbild): Nach einer Explosion in einem Krankenhaus in Gaza Stadt wirft ein Video auf der Plattform X Fragen auf. (Quelle: Samar Abu Elouf/imago images)

Im Gazastreifen kam es zu einer Explosion in einem Krankenhaus. Die Folge waren mutmaßlich hunderte Tote. Ein Video, das der israelische Staat über X teilte, wirft Fragen auf.

Die Explosion in einem Krankenhaus in Gaza-Stadt löste weltweit Bestürzung aus. Am Dienstagabend sollen durch die Detonation mehr als 500 Menschen getötet worden sein, wie die Terrorgruppe Hamas schreibt.

Seit der Attacke geben sich beide Seiten die Schuld an dem Angriff. Die islamistische Terrorgruppe Hamas wirft Israel vor, einen Luftangriff auf das Ahli-Arab-Krankenhaus in der Innenstadt geflogen zu haben. Israel spricht wiederum von einer Rakete der Terrororganisation Islamischer Dschihad und weist die Vorwürfe eines Angriffs von sich.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) drückte über die Plattform X, vormals Twitter, seine Bestürzung aus. Weiter forderte der 65-Jährige eine genaue Aufklärung des Vorfalls. In den sozialen Netzwerken kursieren seit der Explosion unzählige Videos, die den vermeintlichen Angriff zeigen sollen.

So hat auch Israel auf seinem offiziellen Account noch am Abend ein Video auf die Plattform X hochgeladen: Es soll zeigen, dass eine fehlgezündete Rakete des Islamischen Dschihad für die Explosion verantwortlich ist. Später wurde das Video wieder gelöscht. Möglicherweise deshalb, weil es mehrere Fragen aufgeworfen hatte.

Was war in dem Video zu sehen?

Das Video erweckte den Eindruck, dass dort drei Live-Kameras aus drei verschiedenen Städten im Nahen Osten zu sehen sind. Die obere Hälfte soll Aufnahmen aus Gaza-Stadt zeigen. Unten im Video sollen Bilder aus Jerusalem und Aschdod, beide in Israel, zu sehen sein. Die Verortung wird durch den Namen in der unteren linken Ecke deutlich.

Der Beitrag auf X, bevor dieser bearbeitet wurde:

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Auffällig sind die Zeitstempel in den Videos. Die 1,25 Minuten lange Aufnahme aus Gaza-Stadt soll demnach um 20 Uhr Ortszeit aufgenommen worden sein, die aus Jerusalem ungefähr eine Minute zuvor. Aus Aschdod sollen die Aufnahmen um kurz nach Mitternacht am Folgetag aufgenommen worden sein. Da das Video nachweislich am 17. Oktober gepostet wurde, ist die Echtheit der Zeitstempel also fraglich.

Die vermeintlichen Aufnahmen aus Gaza-Stadt zeigen mehrere Raketen, die in den Himmel aufsteigen. Es wirkt so, als würde mindestens eine der Raketen eine andere Flugbahn einschlagen. Nach 34 Sekunden ist eine vermeintliche Explosion in der Richtung der mutmaßlichen Querschläger zu sehen.

Welche Fragen wirft das Video auf?

Der Fakt, dass die Zeitstempel sich unterscheiden und dass der Zeitstempel aus Aschdod in der Zukunft liegt, lässt an der Echtheit des Videos zweifeln. Aber selbst wenn der Zeitstempel aus Gaza-Stadt zutreffend sein sollte, wäre das Video rund 40 Minuten nach den ersten Berichten über die Explosion im Ahli-Arab-Krankenhaus aufgenommen worden.

Die ersten Berichte wurden bereits um 19.20 Uhr publik, wie Aric Toler, Journalist bei der "New York Times" über X anmerkt.

Eine offizielle Reaktion zu der Löschung gab es bisher nicht. Ein Sprecher der israelischen Streitkräfte (IDF) gab gegenüber "Newsweek" an, dass das entsprechende Video nicht von der Armee stamme. "Alles, was nicht mit der IDF zusammenhängt, können wir nicht kommentieren", sagte Oberstleutnant Jonathan Conricus "Newsweek". Das israelische Militär veröffentlichte später noch weitere Aufnahmen von dem Angriff. Neben Videomaterial finden sich auch Audiomitschnitte darunter. Mehr dazu lesen Sie hier.

Wie verlässlich sind Videos und Fotos auf Social Media?

Zu dem mutmaßlichen Angriff kursieren im Netz noch weitere Videos. Die Analystin Kolina Koltai vom Recherchenetzwerk Bellingcat hat eines davon analysiert. Auf dem Video soll ebenfalls eine Querschlägerrakete der Hamas zu sehen sein, wie in verschiedenen Posts auf X behauptet wird. Koltai verwies darauf, dass dieses Video bereits im Jahr 2022 aufgenommen wurde.

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Videos aus Krisen- und Kriegsgebieten lassen sich häufig schwer verifizieren. Auf den ersten Blick wirken viele der Materialien valide. Die Europäische Union hat kurz nach dem jüngsten Angriff der Hamas die Plattformen X, Meta und TikTok zur Einhaltung des Digital Service Acts aufgefordert. Dieser verpflichtet die Plattformen dazu, terroristische Inhalte, Gewaltdarstellungen sowie Falschinformationen zu löschen. EU-Kommissar Thierry Breton schrieb von einer Häufung an Berichten über "umfunktionierte alte Bilder in bewaffneten Konflikten, die nichts damit zu tun haben."

Nicht immer entstehen Falschinformationen durch eine technische Fälschung der Video- und Bildmaterialien. Oft würden auch Materialien aus anderen Kontexten in falsche Zusammenhänge gestellt. Werden diese durch prominente Personen geteilt, wirken sie für viele noch glaubhafter und erreichen in kürzester Zeit eine Vielzahl an Menschen. Bellingcat hatte bereits wenige Tage nach dem Angriff der Hamas verschiedene Falschmeldungen aufgedeckt.

"Wichtig ist, dass in diesen Fällen keine ausgefeilten Bildbearbeitungstechniken erforderlich waren, um Benutzer davon zu überzeugen, dass die Bilder glaubwürdig genug waren, um verstärkt zu werden", heißt es in dem Bericht von Bellingcat.

Verwendete Quellen
  • bellingcat.com: "Hamas Attacks, Israel Bombs Gaza and Misinformation Surges Online" (englisch)
  • twitter.com: Tweet von @Israel, @KolinaKoltai, @AricToler, @ThierryBreton
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
  • newsweek.com: "Deleted Israeli Video Adds to Confusion Around Gaza Hospital Blast" (englisch)
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