Krieg löst Ölpest aus Putins Schattenflotte verursacht Urlaubsdesaster

Ein havarierter Öltanker hat die Strände bei Anapa am Schwarzen Meer verwüstet und den Tourismus schwer getroffen. Hotels kämpfen mit leeren Zimmern um Schadensbegrenzung.
Einst volle Strände und ausgebuchte Hotels im russischen Küstengebiet am Schwarzen Meer bleiben in diesem Jahr wohl weitgehend leer. Grund dafür ist neben dem Ukraine-Krieg eine neue Ölkatastrophe, die zu kontaminierten Stränden in der beliebten Tourismusregion geführt hat. Im Dezember 2024 traten an der Küste von Anapa rund 2.000 Tonnen Masut aus – ein schweres, minderwertiges Öl, das hauptsächlich in Kraftwerken verwendet wird. Grund des Unglücks: ein Tanker aus Putins Schattenflotte war havariert.
Die daraus resultierende Ölpest breitete sich rasch entlang der Küste auf umliegende Ferienorte aus. Trotz des unermüdlichen Einsatzes von Freiwilligen und Beschäftigten aus der Tourismusbranche, die den ganzen Winter und Frühling über Aufräumarbeiten leisteten, wurden bereits geplante Sommerurlaube in der Region mehrheitlich storniert und Rückerstattungen eingefordert. Neue Buchungen blieben nahezu vollständig aus.
Krise lockt unerwünschte Gäste an
Ein Umstand, der die heimische Tourismusbranche in einen Schockzustand versetzte. Als schließlich auch noch die Behörden sämtliche Aktivitäten rund um die Strände der Region sowie das Baden im Meer untersagten, wurde den Einheimischen klar, dass dieser Sommer kein gewöhnlicher werden würde.
Auch wenn die Zimmerauslastung derzeit statt der üblichen 100 Prozent zur Sommerzeit nur bei etwa 10 Prozent liegt, wäre eine vollständige Schließung des Hotelbetriebs laut Hotelbetreiberin Oksana noch schädlicher fürs Geschäft, wie sie gegenüber der russischen Journalistenkooperation "Bereg" berichtet. Man biete Zimmer daher zu stark vergünstigten Preisen an – was allerdings, so Oksana, dazu geführt habe, dass sich auch unerwünschte Gäste in ihrem Hotel an der Küste von Anapa eingefunden hätten.
Laut Berichten hatten mehrere Hoteliers mit randalierenden Gästen und Diebstählen zu kämpfen. Oksana berichtet, es sei so weit gekommen, dass Hotelgäste sogar die Einrichtung mitgenommen hätten – inklusive fest installierter Gegenstände wie Haartrockner, die mitsamt Kabeln herausgerissen worden seien.
Behörden versuchen zu unterstützen
Die regionalen Behörden versuchen unterdessen, die Hotelbranche mit staatlichen Unterstützungsmaßnahmen zu stabilisieren. Zu den Hilfen gehören etwa die automatische Verlängerung von Alkohollizenzen oder die Abschaffung der erst kürzlich eingeführten Tourismussteuer. Oksana zeigt sich dafür grundsätzlich dankbar, kritisiert jedoch, dass diese Maßnahmen dem tatsächlichen wirtschaftlichen Schaden nicht gerecht würden.
In der Branche hofft man nun auf zinsgünstige Kredite, um zumindest laufende Kosten decken zu können. Doch die Hoffnung ist gedämpft: Hotelbesitzer Maxim weist darauf hin, dass allein die Entscheidung zur Verlängerung der Alkohollizenzen bereits fünf Monate gedauert habe – entsprechend groß sei die Sorge, dass weitere Hilfen zu spät kommen könnten.
Die einzige realistische Chance auf eine wirtschaftliche Erholung ihrer Betriebe sehen beide Unternehmer derzeit in der Wiedereröffnung der Strände. Doch die zuständigen Gesundheitsbehörden geben vorerst keine Entwarnung. Die Küste sei nach wie vor nicht für touristische Zwecke geeignet – Wasser und Sand seien noch zu stark mit Ölresten belastet, um den Sicherheitsstandards zu genügen.
Offizielle Grenzwerte für den maximalen Erdölgehalt im Sand gibt es bislang nicht. Inoffiziell wird jedoch häufig ein Wert von 5 Milligramm pro Kilogramm genannt. Laut Igor Shkradyuk, Spezialist für Industrieökologie, sei es jedoch nahezu unmöglich, Sand manuell so gründlich zu reinigen. Freiwillige hätten durch wiederholtes Sieben den Ölwert an manchen Stränden immerhin auf 20 bis 50 Milligramm pro Kilogramm senken können, so Shkradyuk.
Verärgerung über undurchsichtige Regelungen
Besonders verärgert sind die Hotelbetreiber nun darüber, dass in angrenzenden Regionen Bodenrichtwerte von bis zu 1.000 Milligramm pro Kilogramm als unbedenklich gelten – und weisen darauf hin, dass dort Tomaten und Kartoffeln angebaut werden. Den Sand in Anapa hingegen beabsichtige schließlich niemand zu essen, so Oksana. Für sie sei es daher unverständlich, wie es zu solchen Regelungen kommen könne.
Die Betreiber der Region verweisen in der aktuellen Krise häufig auf bereits bekannte Herausforderungen aus der Corona-Pandemie – auch damals blieben viele Urlauber dem beliebten Badeort fern. Doch es gibt einen entscheidenden Unterschied: Während der Pandemie war eine Anreise mit dem Flugzeug größtenteils möglich. Seit Beginn der russischen Invasion in die Ukraine ist der Flughafen von Anapa jedoch geschlossen. Eine Zugfahrt aus Moskau dauert inzwischen rund 22 Stunden – ein weiterer Faktor, der potenzielle Urlauber abschreckt.
- meduza.io: "A ‘Glob’ summer" (Englisch)