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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Studie der Uni Leipzig zeigt Viele Cholesterin-Patienten sind falsch eingestellt

Millionen Deutsche nehmen Medikamente gegen hohes Cholesterin – doch nur wenige profitieren wirklich davon. Eine neue Analyse zeigt, woran das liegt.
Wer erhöhte Cholesterinwerte hat, riskiert schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Um dem vorzubeugen, verschreiben Ärzte häufig sogenannte Statine. Diese Medikamente senken das LDL-Cholesterin – auch bekannt als "schlechtes Cholesterin". Doch obwohl Statine wirksam sind, bleiben viele Patienten hinter den Erwartungen zurück. Eine aktuelle Auswertung zeigt: Die Therapie wird selten angepasst – und noch seltener dauerhaft fortgeführt.
Studie zeigt große Versorgungslücke
Ein Forschungsteam der Universitätsklinik Leipzig um Julius Katzmann hat die Verordnungen von über 247.000 gesetzlich Versicherten zwischen 2016 und 2022 untersucht. Alle Patienten hatten ein hohes oder sehr hohes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Erkenntnis: Nur wenige erreichten die Zielwerte für ihr LDL-Cholesterin, obwohl wirksame Mittel verfügbar sind.
So wirken Statine
Statine hemmen ein Enzym in der Leber, das für die Bildung von Cholesterin zuständig ist. Dadurch sinkt der Spiegel des LDL-Cholesterins im Blut, das sich in den Gefäßen ablagern und sie verengen kann.
Zwar lagen den Forschern keine Laborwerte vor, also keine konkreten Messdaten zu den Blutfetten. Trotzdem lässt sich laut Studie ein deutlicher Rückschluss ziehen. "Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass es ein großes Potenzial gibt, das Erreichen der LDL-C-Zielwerte zu verbessern", schreiben die Autoren. Aus ihrer Sicht müsste die Therapie häufiger frühzeitig mit Kombinationen aus mehreren Wirkstoffen beginnen – und langfristig fortgeführt werden.
Behandlung kaum angepasst – oft ganz abgebrochen
Besonders auffällig: Nur 4,7 Prozent der Patienten, die ursprünglich Statine verschrieben bekamen, erhielten später eine Therapieanpassung oder einen Wechsel des Medikaments. Noch gravierender ist der Langzeitblick: Nach sechs Jahren nahm nur noch etwa jede vierte betroffene Person die Statine weiter ein. Das entspricht einer Quote von nur 26,6 Prozent.
Warum brechen so viele Menschen die Behandlung ab? Der Kardiologe Ulrich Laufs vom Universitätsklinikum Leipzig sieht einen Grund im sogenannten Nocebo-Effekt. Das heißt: Patienten spüren Nebenwirkungen, weil sie sie erwarten. Dieser psychologische Effekt sei bei Statinen wissenschaftlich gut belegt. Manche berichten etwa über Muskelschmerzen – auch dann, wenn sie nur ein Scheinmedikament erhalten.
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Statine wirken – trotz ihres schlechten Rufs
Trotz dieser Vorbehalte gilt der Nutzen von Statinen als eindeutig. Sie senken das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle – und retten damit Leben. Deshalb fordern Fachleute, die Einnahme zu vereinfachen. Denn: Je unkomplizierter die Anwendung, desto größer die Chance, dass Patienten die Medikamente auch wirklich einnehmen. Kombipräparate könnten dabei helfen, den Alltag der Betroffenen zu entlasten, so Martin Schulz von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA)
Was das für Patienten bedeutet
Für Menschen mit hohem Risiko bedeutet das: Sie sollten ihre Cholesterinwerte regelmäßig kontrollieren lassen – und bei Bedarf eine Kombinationstherapie in Betracht ziehen. Denn wer dauerhaft erhöhte LDL-Werte hat, lebt mit einem ständigen Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Fachärzte empfehlen Patienten zudem, sich nicht mit einer einmaligen Verschreibung zufriedenzugeben. Lassen Sie Ihre Therapie regelmäßig überprüfen und anpassen.
- link.springer.com: "Treatment pathways of lipid-lowering therapies in Germany 2016–2022" (Englisch)
- aponet.de: "Cholesterinsenker: Viele Patienten sind nicht richtig eingestellt"
- pharmazeutische-zeitung.de: "Therapie intensivieren, Persistenz steigern"
- herzstiftung.de: "Cholesterin – was ist das?"
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.