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Patriot-System: Das kann das Raketen-Abwehr-System


Patriot-System
Das ist die wohl wichtigste Waffe für die Verteidigung der Ukraine

Von t-online
14.07.2025 - 14:52 UhrLesedauer: 4 Min.
Eine Patriot-Rakete beim Start (Symbolbild): Deutschland hat angekündigt zwei weitere Systeme für die Ukraine beschaffen zu wollen.Vergrößern des Bildes
Eine Patriot-Rakete beim Start (Symbolbild): Deutschland hat angekündigt, zwei weitere Systeme für die Ukraine beschaffen zu wollen. (Quelle: IMAGO/ IDF/Chameleons Eye/imago-images-bilder)
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Patriot-Systeme bilden das Rückgrat der ukrainischen Luftverteidigung. Die hochmodernen Abwehrwaffen können sogar russische Hyperschallraketen abfangen.

Seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs fordert die Ukraine wiederholt die Lieferung von Flugabwehr-Systemen. Das wohl wichtigste ist das sogenannte Patriot-System. Insgesamt verfügt die Ukraine über sechs dieser Raketen-Abwehr-Plattformen, wobei drei davon von Deutschland zur Verfügung gestellt wurden. Deutschland hat aber bereits angekündigt, zwei weitere für die Ukraine beschaffen zu wollen. Um den Kauf dieser dürfte es auch bei Besuch des Verteidigungsministers Boris Pistorius (SPD) in Washington gehen. Doch was macht das Patriot-System so besonders?

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Was ist das Patriot-Flugabwehrsystem?

Das Patriot-System (MIM-104) ist ein hoch entwickeltes bodengestütztes Luft- und Raketenabwehrsystem aus den USA, das seit den 1980er-Jahren kontinuierlich weiterentwickelt wurde. Patriot steht dabei für Phased Array Tracking Radar to Intercept on Target (Phased-Array-Verfolgungsradar zum Abfangen von Zielen). Phased Array ist dabei eine bestimmte Radartechnik. Es dient primär der Abwehr von ballistischen Raketen, Marschflugkörpern und Flugzeugen. Herzstück des Systems ist ein leistungsfähiger Radar, welcher gleichzeitig mehrere Ziele verfolgen kann. Die eingesetzten PAC-3-MSE-Raketen sind sogenannte "Hit-to-Kill"-Waffen, die ihre Ziele durch direkte Kollision zerstören, anstatt wie klassische Flugabwehrraketen mit Sprengköpfen zu arbeiten.

Wie funktioniert das System technisch?

Das Patriot-System besteht aus vier Hauptkomponenten: einem Radar, einer Feuerleitzentrale, Abschussrampen und den Raketen selbst. Das Radar erkennt anfliegende Flugkörper in großer Entfernung und sendet die Zielinformationen an die Feuerleitung. Diese entscheidet – in der Regel automatisiert –, ob ein Ziel bekämpft wird, und steuert dann die Raketen auf den Flugkörper zu. Die Raketen erreichen Geschwindigkeiten von bis zu Mach 5 und sind mit eigenen Suchköpfen ausgestattet, die in der Endphase des Fluges selbstständig ins Ziel steuern. Die Raketen haben dabei eine effektive Reichweite von bis zu 100 Kilometern und können Ziele in bis zu 34 Kilometern Höhe bekämpfen.

Welche Rolle spielt das System im Ukraine-Krieg?

Seit Anfang 2023 ist das Patriot-System Teil der ukrainischen Luftverteidigung. Die USA, Deutschland und weitere Länder stellten mehrere Batterien zur Verfügung, die vor allem zur Verteidigung von Städten und kritischer Infrastruktur eingesetzt werden. Besonders in der Hauptstadt Kiew kommen die Systeme zum Einsatz, um russische Raketenangriffe abzuwehren. Durch die Fähigkeit, verschiedene Zieltypen gleichzeitig zu bekämpfen, bildet das Patriot-System einen wichtigen Pfeiler der ukrainischen Luftabwehr, insbesondere gegen hochfliegende oder besonders schnelle Bedrohungen.

Wie effektiv ist das System bisher im Kriegsverlauf?

Die Wirksamkeit des Patriot-Systems in der Ukraine gilt als belegt. Im Mai 2023 wurde erstmals eine russische Hyperschallrakete des Typs Kinschal erfolgreich abgeschossen – ein technologischer Meilenstein. Auch mehrere russische Kampfflugzeuge wie die Su-34 wurden von Patriot-Raketen getroffen. Die Ukraine nutzt dabei taktische Finessen wie das häufige Verlegen der Batterien, Tarnmaßnahmen und eine schnelle Wartungslogistik, um die Systeme einsatzfähig zu halten und schwer auffindbar zu machen. Diese "Moving-Target"-Strategie hat sich als effektiv erwiesen, auch gegenüber gezielten russischen Angriffen.

Welche Vorteile bringt das System der Ukraine?

Das Patriot-System bietet der Ukraine in mehrfacher Hinsicht Vorteile. Erstens schützt es wichtige militärische und zivile Ziele zuverlässig vor Luftangriffen – ein entscheidender Faktor für das Funktionieren der Infrastruktur und das Durchhaltevermögen der Bevölkerung. Zweitens sendet die Bereitstellung des Systems durch westliche Staaten ein deutliches politisches Signal der Solidarität und technologischen Unterstützung. Und drittens profitieren sowohl die Ukraine als auch die Herstellerstaaten von Erfahrungswerten aus dem realen Kriegseinsatz, die zur Weiterentwicklung des Systems beitragen.

Wo liegen die Schwächen und Grenzen des Systems?

Trotz seiner technologischen Leistungsfähigkeit hat das Patriot-System klare Grenzen. So kann es nur gegen Ziele ab einer bestimmten Größe eingesetzt werden. Ein weiterer Schwachpunkt ist die geringe Verfügbarkeit. Derzeit kann nur ein Teil des Landes effektiv geschützt werden. Zudem sind die Kosten pro abgefeuerter Rakete hoch: Je nach Version liegen sie zwischen drei und acht Millionen US-Dollar. Der Einsatz gegen billige Drohnen oder bei Massenangriffen ist damit wirtschaftlich problematisch. Hinzu kommt, dass stationäre Patriot-Rampen selbst Ziele für Angriffe darstellen – mehrere wurden sie bereits durch russische Iskander-Raketen beschädigt oder zerstört.

Welche strategische Wirkung hat das System auf den Kriegsverlauf?

Strategisch gesehen hat das Patriot-System die Spielregeln im Luftkrieg über der Ukraine verändert. Es zwingt Russland dazu, komplexere Angriffsstrategien zu entwickeln und reduziert die Effizienz konventioneller Raketenangriffe erheblich. Gleichzeitig verschafft es der Ukraine taktische Vorteile, da geschützte Räume entstehen, in denen Infrastruktur aufgebaut oder militärische Kräfte konzentriert werden können. Dennoch kann das System den Kriegsverlauf nicht allein zugunsten der Ukraine entscheiden – es ist Teil eines vielschichtigen Verteidigungsnetzwerks und muss durch weitere Systeme ergänzt werden.

Gibt es Kontroversen rund um den Einsatz?

Ja, vor allem im Hinblick auf die Kosten-Nutzen-Rechnung. Kritiker argumentieren, dass der Einsatz extrem teurer Raketen gegen günstige Drohnen unverhältnismäßig sei. Zudem zögern viele Nato-Staaten, weitere Systeme zu liefern, weil sie ihre eigenen Bestände nicht gefährden wollen. Auch werden zunehmend alternative Systeme wie SAMP/T oder das deutsche IRIS-T diskutiert, die günstiger und flexibler sind – allerdings nicht die gleiche Reichweite oder Zielvielfalt wie das Patriot-System bieten. Die Debatte dreht sich daher weniger um die Wirksamkeit, sondern um die Effizienz und strategische Nachhaltigkeit des Einsatzes.

Verwendete Quellen
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