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USA: Schlechte Arbeitsmarktzahlen – Trump feuert Statistikchefin


"So etwas geschieht in Diktaturen"
Schlechte Zahlen – Trump feuert Statistikchefin

Von reuters, t-online, cc

Aktualisiert am 02.08.2025 - 10:12 UhrLesedauer: 4 Min.
Trump und sein Vize J.D. Vance bei einer Veranstaltung im Weißen Haus.Vergrößern des Bildes
Trump und sein Vize J.D. Vance bei einer Veranstaltung im Weißen Haus. (Quelle: Kent Nishimura/Reuters)
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Die Arbeitsmarktzahlen für die USA sind rückläufig. Dem US-Präsidenten gefällt das nicht. Also setzt er die Chefin der Statistikbehörde vor die Tür.

US-Präsident Donald Trump hat nach unerwartet schwachen Arbeitsmarktdaten die Zahlen als manipuliert bezeichnet und die Chefin der zuständigen Statistikbehörde entlassen. "Meiner Meinung nach wurden die heutigen Arbeitsmarktzahlen GEFÄLSCHT, um die Republikaner und MICH schlecht aussehen zu lassen", schrieb Trump am Freitag auf seinem Dienst Truth Social. Belege dafür legte er nicht vor.

Kurz zuvor hatte er die Entlassung der Chefin der Statistikbehörde BLS, Erika McEntarfer, angekündigt. "Wir brauchen akkurate Arbeitsmarktzahlen", erklärte Trump. McEntarfer werde durch jemanden ersetzt, der "weitaus kompetenter und qualifizierter" sei.

Die demokratische Partei war außer sich. Einige ihrer Vertreter äußerten scharfe Kritik an dem Schritt. "Was macht ein schlechter Leader, wenn er unliebsame Nachrichten erhält? Er erschießt den Boten", sagte Chuck Schumer, der Minderheitsführer im republikanisch dominierten US-Senat, vor Reportern.

Die demokratische Senatorin Elizabeth Warren sparte ebenfalls nicht mit Kritik. "Anstatt den Bürgern dabei zu helfen, gut bezahlte Jobs zu bekommen, feuert Donald Trump die Expertin, die ihm bescheinigt, dass sein Möchtegern-Königreich nicht die gewünschten Arbeitsmarktzahlen liefert", schrieb sie bei X. Und Martin Heinrich, demokratischer Senator aus New Mexico, kommentierte ebenfalls bei X: "Das ist purer Sowjet-Scheiß."

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Analyst fragt, warum Trump jetzt erst handelt

Auch der demokratische Senator Bernie Sanders schrieb bei X, dass ihn Trumps Vorgehen an totalitäre Regime erinnere. Er fügte hinzu: "Die heutigen Arbeitsmarktzahlen belegen exakt, was die meisten Amerikaner schon längst wissen: Trotz Rekordgewinnen an den Börsen, funktioniert 'die Wirtschaft' eben nicht mehr für die einfachen Leute."

Bei Börsenanalysten stieß Trumps Schritt auf geteilte Reaktionen. "Meiner Meinung nach geschieht so etwas in Diktaturen, nicht in Demokratien", sagte Art Hogan, Chef-Anlagestratege bei B. Riley Wealth. Trump habe an den vorherigen fünf Berichten der Statistikerin nichts auszusetzen gehabt. Erst beim jetzigen Bericht gelte McEntarfer offenbar als inkompetent.

Dagegen erklärte Jamie Cox, geschäftsführender Gesellschafter der Harris Financial Group, es sei an der Zeit, dass jemand für die widersprüchlichen Daten zur Rechenschaft gezogen werde. "In den vergangenen Jahren waren die Schwankungen so groß, dass es schwerfällt, die Genauigkeit der veröffentlichten Daten zu glauben." McEntarfer war 2023 von Trumps Vorgänger Joe Biden nominiert und im folgenden Jahr vom Senat bestätigt worden.

Der monatliche Arbeitsmarktbericht der US-Regierung war zuvor schwächer ausgefallen als erwartet. Im Juli kamen demnach außerhalb der Landwirtschaft 73.000 neue Stellen hinzu, während von Reuters befragte Ökonomen mit 110.000 gerechnet hatten. Zudem wurde die Zahl der im Juni geschaffenen Stellen massiv von 147.000 auf nur noch 14.000 nach unten korrigiert. Die Arbeitslosenquote stieg von 4,1 auf 4,2 Prozent.

Ökonom: "Alle sind ziemlich schockiert"

An den US-Börsen sorgten die schwachen Arbeitsmarktzahlen und die Entlassung McEntarfers für Turbulenzen. Am Freitag gaben daher einige Indizes deutlich nach. "Außerdem sind alle ziemlich schockiert darüber, wie stark die Zahlen für Mai und Juni nach unten korrigiert wurden", sagte Kevin Gordon, Chefstratege beim Finanzdienstleister Charles Schwab.

Marktanalyst Steve Sosnick von Interactive Brokers sagte, es habe bei den Zahlen zuletzt zwar Korrekturen sehr großen Ausmaßes gegeben. "Aber ich denke auch, dass es wirklich beispiellos ist, dass ein Präsident einfach jemanden wegen Zahlen feuert, die ihm nicht gefallen, ohne wirklich zu versuchen, die Gründe dafür zu ermitteln." Das sei kein gutes Zeichen. "Wenn die Leute, die die Daten sammeln, den politischen Launen des Präsidenten unterworfen sind, kann das den Wahrheitsgehalt dieser Daten in Frage stellen."

Ähnlich sieht das der demokratische Senator Ron Wyden aus dem US-Bundesstaat Oregon. "Unterm Strich bedeutet das doch: Trump ist bereit, die Zahlen manipulieren zu lassen." Er nannte die Entlassung an der Spitze der Behörde den Akt von jemandem, der "schwach ist und Angst davor hat, das Chaos, das er mit seiner Wirtschaftspolitik angerichtet hat, einzugestehen".

US-Arbeitsministerin Lori Chavez-DeRemer kündigte unterdessen an, dass McEntarfers bisheriger Stellvertreter, William Wiatrowski, bis auf Weiteres den Platz als BLS-Chef einnehmen werde, bis eine dauerhafte Nachfolgeregelung gefunden sei.

Druck auf Fed-Chef Powell steigt

Zudem sorgte noch eine andere Nachricht am Freitag für Turbulenzen in den USA. Demnach teilte auch die US-Notenbank Fed mit, ihre Gouverneurin Adriana Kugler werde ihren Posten schon am 8. August und nicht erst Ende Januar 2026 räumen. Die Wirtschaftswissenschaftlerin will als Professorin zur Georgetown-Universität in Washington zurückkehren.

Kugler hatte sich immer wieder geweigert, die von Trump geforderte Leitzinssenkung abzusegnen. Sie hatte stets für die Beibehaltung des Leitzinses gestimmt – zwei von Trump ernannte Vorstandsmitglieder sprachen sich bei der vergangenen Abstimmung erstmals für eine Senkung aus. Ein ungewöhnlicher Vorgang in dem Gremium, das sonst immer einstimmig entscheidet. Der Präsident bescheinigte der Fed danach "starke Meinungsverschiedenheiten", die "nur noch stärker" würden. Trump äußerte sich vor Journalisten "sehr glücklich" darüber.

Das gibt Trump die Möglichkeit, einen Nachfolger nach seinem Geschmack auszuwählen und damit noch mehr Druck auf den Fed-Chef Jerome Powell auszuüben. Trump wirft Powell seit Monaten nahezu täglich und teils mit Angriffen unter der Gürtellinie vor, die Zinsen zu hoch zu halten.

Nachricht sorgt für Turbulenzen an den Börsen

Auch die Nachricht vom Rückzug Kuglers sorgte an den Börsen kurz vor Handelsschluss noch einmal zusätzlich für schlechte Stimmung. Der Dollar-Index verlor rund 1,2 Prozent. Händler hatten sich wiederholt besorgt gezeigt, Trump könne sich zu sehr in die Geldpolitik der unabhängigen Fed einmischen. Diese sorgt sich, dass Trumps Zollpolitik die Inflation in den kommenden Monaten anheizen könnte. Ob die Fed im September die Zinsen senkt, könnte nun vom nächsten Arbeitsmarktbericht für August abhängen.

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Für Verunsicherung sorgten auch die jüngsten Entwicklungen in der Handelspolitik. Trump kündigte zum 1. August Strafzölle zwischen zehn und 41 Prozent gegen Dutzende Handelspartner an – darunter Kanada, Brasilien, Indien und die Schweiz. Zudem verschob Trump die gerade erst beschlossenen neuen Zölle auf Importe aus der Europäischen Union in Höhe von 15 Prozent um eine Woche.

"Hin und Her statt Klarheit und Planungssicherheit – kein gutes Fundament für ein Engagement in Aktien mitten im Sommerloch", kommentierte Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets.

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