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Unruhen in Israel: Ist Netanjahus "Antwort auf Terror" erst der Anfang?


Unruhen in Israel
Jetzt kracht es richtig

  • David Schafbuch
Von David Schafbuch

Aktualisiert am 31.01.2023Lesedauer: 3 Min.
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ISRAEL-PALESTINIANS/VIOLENCEVergrößern des Bildes
Benjamin Netanjahu: Die Regierung des israelischen Ministerpräsidenten will mit Härte auf die jüngsten Terroranschläge reagieren. (Quelle: Ronen Zvulun/imago images)

Israel wird von einem der blutigsten Terroranschläge der vergangenen Jahre erschüttert. Nichts deutet gerade auf eine Entspannung hin. Ein Überblick.

Antony Blinken hatte eine deutliche Botschaft parat: "Dringende Schritte" seien nötig, um die jüngsten Eskalationen zwischen Palästinensern und Israelis zu stoppen, sagte der Außenminister am vergangenen Montag nach Gesprächen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Jerusalem. Ziel sei, dass sich Israelis und Palästinenser gleichermaßen sicher fühlen, so der US-Außenminister.

Wie bitter nötig das ist, haben die vergangenen Wochen und Monate gezeigt: Immer wieder kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen der israelischen Armee und Palästinensern im Westjordanland. Zudem erschütterte am vergangenen Freitag einer der blutigsten Terroranschläge seit Langem Jerusalem. Was ist da los? Und wie geht es weiter im Nahen Osten? t-online gibt einen Überblick über die wichtigsten Ereignisse:

Was ist in Israel vorgefallen?

Kurz nach Beginn des Sabbats hatte am vergangenen Freitag – dem Internationalen Holocaustgedenktag – ein 21-jähriger Palästinenser vor einer Synagoge in Ost-Jerusalem das Feuer eröffnet und sieben Menschen getötet. Drei weitere Personen wurden verletzt. Der Täter wurde noch am Abend von israelischen Sicherheitskräften erschossen.

Ein weiterer Anschlag erschütterte Jerusalem dann tags drauf am Samstagmorgen: In der Nähe der Altstadt eröffnete ein 13-jähriger Palästinenser das Feuer und verletzte zwei Israelis schwer.

Die radikalislamische Hamas bezeichnete die Anschläge als Reaktion auf eine Razzia der israelischen Armee in der Stadt Dschenin im Westjordanland, bei der am Donnerstag zuvor zehn Palästinenser getötet worden waren. Sie sollen zum Teil Mitglieder der palästinensischen Terrororganisation Islamischer Dschihad gewesen sein.

Im Westjordanland kommt es seit Monaten immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Schon die Vorgängerregierung hatte im vergangenen Jahr die sogenannte "Operation Wellenbrecher" verkündet, um gegen den Terror in dem Palästinensergebiet verstärkt vorzugehen.

Wie reagiert Israels Regierung auf die Anschläge?

Nach den Attacken kündigte die israelische Regierung harte Gegenmaßnahmen an: "Unsere Antwort auf Terror sind eine harte Hand und eine starke, schnelle und gezielte Reaktion", sagte Netanjahu und verkündete ein ganzes Bündel an Maßnahmen. Unter anderem ließ die Regierung das Haus des Attentäters versiegeln und verkündete einen baldigen Abriss.

Zudem wurden zahlreiche Verschärfungen gegen mutmaßliche Terroristen verkündet: Man plane unter anderem ein Gesetz, um Terror-Unterstützern den Wohnsitz entziehen und sie in die Palästinenser-Gebiete abschieben zu können. Auch soll es Arbeitgebern künftig möglich sein, mutmaßliche Terroristen sofort zu entlassen, ohne dass der Beschuldigte sich dazu äußert.

Am bedeutsamsten dürfte allerdings der folgende Schritt sein: Die Ausstellung von Waffenscheinen soll künftig in Israel erleichtert werden, damit sich die Bürger besser verteidigen können. Zusätzlich plant die Regierung, die Siedlungspolitik im Westjordanland weiter auszubauen.

Kritiker fürchten, dass die Gewalt durch die Maßnahmen nur weiter angeheizt wird. Dass die israelische Regierung nicht auf Deeskalation setzt, lässt sich vor allem auf das rechtsextreme Lager im Kabinett zurückführen, dem etwa der Verteidigungsminister Bezalel Smotrich und der Minister für Öffentliche Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, angehören. (Mehr zu Ben-Gvir lesen Sie hier.)

Beide gelten als Hardliner, die die gesamte Annexion des Westjordanlandes durch Israel fordern. In Beratungen sollen sie nach dem Terroranschlag auch vorgeschlagen haben, Teile Ost-Jerusalems komplett abzuriegeln. Der Chef des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, Ronen Bar, soll allerdings aus Angst vor weiteren Eskalationen davon abgeraten haben.

Warum demonstrieren so viele Israelis gegen Netanjahu?

Weil es sich bei seiner Regierung um eine Koalition handelt, die so weit rechts steht wie noch keine zuvor. Dass Netanjahu mit den Parteien von Ben-Gvir und Smotrich ein Bündnis geschmiedet hat, ist für viele Israelis ein Tabubruch.

Auch am vergangenen Samstag protestierten in Tel Aviv mehr als 100.000 Menschen auf der Straße – was angesichts von 9,3 Millionen Einwohnern im gesamten Land eine sehr hohe Zahl ist.

Die Demonstranten gedachten dabei zuletzt auch der Opfer der Anschläge. Zugleich richtet sich ihre Wut vor allem gegen die von der Regierung geplante Justizreform: Sie sieht vor, dass das israelische Parlament künftig per Mehrheitsentscheid Urteile des obersten Gerichts des Landes überstimmen kann.

Zudem solle das Parlament das Recht haben, die Richter eigenständig zu ernennen. Kritiker sehen darin eine schwere Beschädigung der demokratischen Prinzipien des Landes.

Wie blickt das Ausland auf den Konflikt?

Mit großer Sorge. Neben US-Außenminister Blinken warnte auch der französische Präsident Emmanuel Macron am Montag in einem Telefonat mit Netanjahu vor einer "Spirale der Gewalt". Ähnlich äußerte sich auch der russische Außenminister Sergej Lawrow nach Gesprächen mit seinem israelischen Amtskollegen Eli Cohen und Außenminister der palästinensischen Autonomiegebiete, Riyad al-Maliki.

Blinken wiederholte am heutigen Dienstag nach einem Gespräch mit dem Palästinenserpräsident Mahmut Abbas seine Aufforderung zur Deeskalation. Die US-Regierung lehne jedes Vorgehen von beiden Staaten ab ab, das der Zwei-Staaten-Lösung – also dem Streben nach zwei unabhängigen Staaten Israel und Palästina – im Wege stehe. Ebenfalls in Israel unterwegs ist SPD-Chef Lars Klingbeil, der heute unter anderem den israelischen Präsidenten Jitzchak Herzog trifft.

Verwendete Quellen
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