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Russland, Putin und Ukraine-Krieg: Plötzlich haben Russen Mitleid mit Musk


Kolumne "Russendisko"
Jetzt haben die Russen Mitleid mit Musk

MeinungEine Kolumne von Wladimir Kaminer

04.07.2025 - 08:28 UhrLesedauer: 4 Min.
Elon Musk: Russland hatte Besuch von seinem Vater.Vergrößern des Bildes
Elon Musk: Russland hatte Besuch von seinem Vater. (Quelle: Rachel Wisniewski/reuters)
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Russland führt einen brutalen Angriffskrieg, da bleiben Gäste meist eher aus. Nun hatten die Russen Elon Musks Vater zu Besuch – und haben es schnell bereut. Meint Wladimir Kaminer.

Jede Nacht wird irgendwo gebombt, die Menschen, die darüber nur aus den Nachrichten erfahren, gewöhnen sich schneller daran, als diejenigen, denen die Bomben auf den Kopf fallen. Auch im vierten Jahr des Krieges sind die russischen Großstädte ruhig geblieben, die Menschen dort merken nichts davon. Fast nichts.

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Den Krieg gibt es für sie hauptsächlich in den Nachrichten. Und die Regierung tut alles Mögliche, damit das auch so bleibt. Sie will den Menschen um jeden Preis ein trügerisches Gefühl der Sicherheit geben. Die Bevölkerung soll wissen: Alles läuft nach Plan. In der Sommerzeit finden beinahe jede Woche patriotische Kongresse, Wirtschaftsforen und Symposien statt, die sich mit der Zukunft Russlands beschäftigen.

(Quelle: Frank May)

Zur Person

Wladimir Kaminer ist Schriftsteller und Kolumnist. Er wurde 1967 in Moskau geboren und lebt seit Jahrzehnten in Deutschland. Zu seinen bekanntesten Werken gehört "Russendisko". Sein aktuelles Buch ist "Mahlzeit! Geschichten von Europas Tischen", am 27. August 2025 erscheint dann "Das geheime Leben der Deutschen".

Diese Kongresse haben noch immer den Zusatz "International" in ihren Namen, es soll keiner auf die Idee kommen, dass das Land international isoliert ist. In der heutigen Welt der digitalen Medien lassen sich die Selbstsicherheit des Staates und die internationale Akzeptanz gut faken. Das einzige Problem besteht darin, dass es in der letzten Zeit schwierig geworden ist, internationale Gäste von Belang für diese Kongresse aufzutreiben.

Die politischen Akteure des Westens, Europäer und Amerikaner, meiden Russland. Die chinesischen Freunde sind auch nicht scharf darauf, die russischen Kongresse zu besuchen. Die iranischen Kollegen mussten sich zwischenzeitlich wiederum sehr tief unter der Erde verstecken. Es bleiben nur die Taliban, einige afrikanische Teilnehmer und natürlich Frau Karin Kneissl, die ehemalige österreichische Außenministerin.

Vorgetäuschtes Interesse

Der russische Präsident hatte ihr zur Hochzeit einst einen Kosakenchor in die Steiermark einfliegen lassen und – Berichten zufolge – einen echten Tanzbären geschenkt. Seitdem ist viel Wasser den Bach runter- und manchmal raufgeflossen, Frau Kneissl wurde ihres Amtes enthoben, ihr Mann, der Bär und die Kosaken sind ihr weggelaufen, sie fühlte sich in Österreich zunehmender Hetze ausgesetzt und bat Putin um humanitäres Asyl. Nun sitzt sie auf etlichen Podien der russischen Zukunftskongresse und mimt das Interesse des Westens.

In ihrer Freizeit lebt sie auf dem Land und melkt eine Kuh, die sie günstig erworben hat. Sie hat Melkkurse absolviert und gestand einer russischen Zeitung, dass "Melken eine wunderbar spirituelle Art ist zu meditieren". Arme Kuh.

Zum aktuellen Kongress "Russland 2050" haben sich die Gastgeber aber bei der Suche nach möglichen ausländischen Gästen mit aussagekräftigen Namen Mühe gegeben und einen tollen Fang ins beziehungsweise an Land gebracht. Einen ganzen Musk, nicht Elon, sondern Errol, den Vater des reichsten Menschen der Erde.

Der Vater von Musk wurde aus Südafrika nach Moskau gelotst und mit einer Gage im sechsstelligen Bereich beehrt. Erstaunlich, aber wahr, anscheinend gibt der reichste Sohn der Welt seinem Vater kein Geld und lässt ihn von Schurken bezahlen. Drei Tage lang lief der Vater von Musk durch Moskau und machte den Job des Putinverstehers und Russlandfreundes, begleitet von Journalisten und russischem Staatsfernsehen, die seinen Besuch medial ausschlachteten. Der Vater machte seinen Job gewissenhaft, er druckste nicht und produzierte Schlagzeilen ohne Ende.

Die Moskauer erfuhren verblüfft Tag für Tag, was der Vater von Musk zum Frühstück gegessen und welches Restaurant er besucht hat. "Der Vater von Musk lobte die Quarktaschen" lasen die Russen in der Zeitung und dachten: "Aha, wer hätte das gedacht." So ging es fort. "Die russischen Lebensmittel schmecken sehr frisch", äußerte sich der Vater von Musk. "Ich fühle mich hier sicherer als in den USA. Die Menschen sind sehr freundlich, offen und direkt."

Musks Vater hat eine lockere Hand

"Der Vater von Musk hat mit 500 Frauen geschlafen", titelte dann eine Internetzeitung. Mit dieser Information konnten die Russen nichts anfangen, die Schlagzeile wurde wenig später entfernt. In einem großen Fernsehinterview fragte Putins Lieblingsjournalist den Vater von Musk, welche Erziehungsmethode er angewandt hatte. Immerhin sei es ihm gelungen, den reichsten Mensch der Welt großzuziehen. "Was muss man tun, damit die Kinder zu Genies heranwachsen?", fragte folgerichtig der russische Journalist.

"Man muss sie öfter schlagen," antwortete Musks Vater. Der Journalist hielt das für einen Witz und lachte fröhlich, doch der Vater von Musk bestand auf seiner Weisheit. "Man muss den Kindern richtig einen Klaps auf den Po geben, morgens, mittags und abends," erklärte er. "Aber wichtig ist, wessen Hand die Kinder verkloppt!", versuchte der Journalist die Unannehmlichkeit aufzulösen. Es muss schon eine besondere Hand sein.

"Ich bin bereit", sagte der Vater von Musk und hob die Hand. Er dachte wahrscheinlich, die Russen würden ihm ihre Kinder zum Schlagen bringen. Meine Cousine in Moskau hatte die Reportage gesehen und seufzte: "Oh Gott, was für ein Idiot!" In der westlichen Presse habe ich gelesen, dass Elon Musk zu seinem Vater "eine schwierige Beziehung" habe. Die Russen können ihn verstehen. Nun wissen sie Bescheid.

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