Krisen & Konflikte Skandalöser Wunderjäger
Wenn es um den Kampfjet F-35 geht, überschlagen sich die Superlative: Das Flugzeug sei die tödlichste Vernichtungswaffe, die je für die Luftwaffe entwickelt wurde, schwärmen Militärstrategen. Der F-35 sei das teuerste Rüstungsprojekt aller Zeiten, schütteln Kritiker den Kopf. Der Wunderflieger strotze nur so vor Mängeln, warnen erfahrene Piloten. Wir werfen einen näheren Blick auf den Jet von Lockheed Martin.
Der einsitzige Kampfflieger glänzt mit viel neuer Technik und extremer Vielseitigkeit. Die etwa 15 Meter lange und (ohne Zuladung) rund 30 Tonnen schwere Maschine kann als eine Art Überschall-Tarnkappen-Jagdbomer eingesetzt werden. Es gibt verschiedene Varianten, vom Kurzstartflugzeug, das auch senkrecht landen kann, über eine konventionelle Ausführung bis zu einer Variante für Flugzeugträger mit beiklappbaren Tragflächenenden, verstärktem Fahrwerk und Fanghaken.
Tarnkappenbomber mit Einschränkungen
Die F-35 ist als Stealth-Flugzeug vom gegnerischen Radar kaum zu erfassen. Doch genau das ist auch einer ihrer entscheidenden Mängel: aufgrund der Form ihres Rumpfs kann die Maschine keine besonders große Menge an Waffen im Innern transportieren. Zwar können Raketen und Bomben auch extern aufgehängt werden - aber das schmälert sowohl die Tarnkappen-Eigenschaften als auch die Aerodynamik.
Die gesamte High-Tech-Ausrichtung ordnet sich dem Kampfeinsatz unter. Dazu zählt modernste Avionik, durch welche die Arbeitsbelastung der Piloten möglichst gering gehalten werden soll, um eine bessere Konzentration auf das Kampfgeschehen zu ermöglichen. So perfektionieren ausgeklügelte automatische Systeme die Navigation und Zielidentifizierung im Grenzbereich, um eine hohe Luftüberlegenheit zu gewährleisten.
Doch seit dem Ende des Kalten Krieges und in Zeiten asymmetrischer Kriegführung besteht eigentlich gar kein Bedarf mehr für reine Luftkampfmaschinen. Die Zeiten, in denen die Geschwader des Ostblocks in Schach gehalten werden sollten, dürften wohl längst vorbei sein.
Ungeprüfte Lobeshymnen
Dennoch wird die Herstellerfirma nicht müde, die technischen Raffinessen des Kampfjets zu betonen. Im Luftkampf sei die F-35 vier Mal besser als herkömmliche Kampfjäger, meint etwa George Standridge, Vice President, Business Development, bei Lockheed Martin in Fort Worth. Beim Angriff auf Bodenziele sei die Maschine sogar acht Mal effektiver und immerhin noch drei Mal erfolgreicher bei der Abwehr von gegnerischer Luftabwehr.
Und das alles, obwohl bisher noch keine einzige Angriffs- oder Kampfübung mit einer F-35 stattgefunden hat.
Teurer als das Apollo-Programm
Doch nicht nur wegen seiner Technik macht der Jet von sich reden. Das US-Verteidigungsministerium plant, 2443 dieser Maschinen anzuschaffen. Bei einer Laufzeit von 50 Jahren dürfte das Gesamtprogramm F-35 demnach den amerikanischen Steuerzahler – mit Entwicklung, Bau und langjährigem Betrieb – 1510 Milliarden Dollar kosten. Zahlen, die das Pentagon selbst errechnet hat.
Damit ist das Militärprojekt um ein Vielfaches teurer als das amerikanische Mondlandeprogramm Apollo, das 1969 bis 1972 insgesamt zwölf Astronauten auf den Mond und sicher zurück zur Erde brachte.
Gravierende Mängelliste
"Das Programm ist beides – ein Skandal und eine Tragödie", schimpfte im vergangenen Dezember John McCain, der republikanische Senator aus Arizona. Sein Ärger ist verständlich, schließlich hat das Rüstungsprojekt "nach zehn Jahren und der Ausgabe von 56 Milliarden Dollar Steuergeldern mit noch nicht einmal 20 Test- und operationellen Flugzeugen nur wenig zu bieten".
Und es kommt noch schlimmer: Das Pentagon präsentierte Ende des vergangenen Jahres den Herstellern eine sehr ernst zu nehmende Mängelliste mit erstaunlich gravierenden Fehlern. So beschädige etwa der Betrieb des Nachbrenners gleich das ganze Flugzeug. Das für Notfälle vorgesehene Treibstoff-Ablass-System lässt die F-35 selbst abfackeln. Die Flugzeugstruktur hält die vorgesehene Lebensdauer der Maschine nicht durch.
Zusätzlich musste jetzt das Verteidigungsministerium schon eine Verkürzung des Aktionsradius bei der F-35A, eine verlängerte Startstrecke bei der F-35B und andere Kröten schlucken.
Politische Unliebsamkeiten drohen
Außer den USA bauen derzeit noch acht weitere Nationen auf das Projekt F-35. Australien, Dänemark, England, Holland, Italien, Kanada, Norwegen und die Türkei haben bereits einen Teil der Entwicklungskosten übernommen, bauen teilweise an der Maschine mit und wollen sie auch in Dienst stellen. Der plötzliche Absturz der neuen Vielzweckwaffe könnte den USA also beträchtliche politische Unliebsamkeiten einbringen. Also hält das Pentagon eisern an seinem neuen Superflieger fest.
"Lasst uns mal eine Sekunde träumen", schrieb kürzlich ein amerikanischer Blogger, "wenn wir nur zehn Prozent von dem Geld für Erziehung und Gesundheit in Amerika ausgeben würden. Stellt euch nur vor, was das für unsere Kultur und unser Wohlergehen bedeuten würde."