Auftritt in St. Petersburg Putin: "Die ganze Ukraine ist unser"

Wladimir Putin gibt sich unversöhnlich. Er dringt auf die Einnahme der ganze Ukraine. Selenskyj verweist auf Russlands kriselnde Wirtschaft und nennt Putin "Ajatollah".
Russlands Staatschef Wladimir Putin hat den russischen Anspruch auf die Ukraine bekräftigt. Er sehe Russen und Ukrainer als ein Volk, sagte Putin beim Internationalen Wirtschaftsforum in seiner Heimatstadt St. Petersburg. "In dem Sinn ist die ganze Ukraine unser", erklärte er unter großem Beifall. Auf die Frage des Moderators, wie weit er die Ukraine erobern wolle, antwortete er: "Wo der Fuß eines russischen Soldaten steht, das gehört uns." Auch für diese Aussage zu Russlands Angriffskrieg in der Ukraine bekam er Applaus.
Erstmals drohte Putin auch mit einer möglichen Eroberung der ukrainischen Gebietshauptstadt Sumy. "Wir haben nicht das Ziel, Sumy einzunehmen, aber im Prinzip schließe ich das nicht aus", sagte er über ein mögliches neues Ziel Russlands im Ukraine-Krieg.
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Krieg in der Ukraine: Front verläuft in der Nähe der Stadt Sumy
Die russischen Truppen nehmen im gleichnamigen Gebiet im Nordosten der Ukraine seit Monaten immer mehr Orte ein. Putin erklärte, dass seine Armee dort eine Pufferzone errichteten. Bisher gehe sie zehn bis zwölf Kilometer tief ins Land.
Möglich sei die Einnahme der Gebietshauptstadt Sumy. Die Frontlinie verläuft nur etwa 18 Kilometer von der Stadtgrenze entfernt.
Ende des Ukraine-Kriegs: Moskau erhöht den diplomatischen Druck
Zugleich erhöhte Russland auch den diplomatischen Druck. Russlands Memorandum zu einem Friedensvorschlag sei das "beste Angebot, das die Ukraine heute bekommen kann", sagte
Der russische Botschafter bei den Vereinten Nationen (UN), Wassili Nebensja, sagte auf einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats in New York: "Dies ist das beste Angebot, das die Ukraine heute bekommen kann. Wir raten dazu, es anzunehmen, da sich die Lage für Kiew von nun an nur noch verschlechtern wird."
Der Botschafter bezog sich dabei auf Putins Angebot bei den Gesprächen in Istanbul. Russland hatte dort seine Forderungen wiederholt, dass der Westen vor einer Waffenruhe seine Waffenlieferungen an die Ukraine komplett einstelle.
Selenskyj dringt auf neue Sanktionen gegen Russland
Die Ukraine reagierte entsetzt. Putin zeige klar, dass er keinen Frieden wolle, erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in Kiew. "Russland will Krieg führen", sagte er in einer Videobotschaft. Es gebe aus Russland immer neue Drohungen, sagte Selenskyj. Er forderte neue Sanktionen: "Das bedeutet, dass ihnen der Druck, den die Welt ausübt, noch nicht weh tut."
Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha erklärte, wohin immer ein russischer Soldat seinen Fuß setze, bringe er Tod und Zerstörung. Putins Äußerungen unterliefen die Friedensbemühungen der USA. "Für jedes Bein eines russischen Soldaten gibt es eine ukrainische Drohne", schrieb Selenskyjs Redenschreiber Dmytro Lytwyn im Netzwerk X.
Putin über Ende des Ukraine-Kriegs: "Anerkennung der Realitäten"
In dem mehr als drei Jahre andauernden Angriffskrieg hat Russland bisher die ukrainischen Gebiete Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson annektiert. Moskau hat zuletzt damit gedroht, dass weitere Regionen folgen könnten, wenn Kiew nicht den russischen Maximalforderungen für ein Ende des Ukraine-Kriegs zustimmt.
Der russische Präsident begründete den Ukraine-Krieg erneut mit der Ostausdehnung der Nato. Einen möglichen Beitritt zum möglichen Bündnis will Moskau auf keinen Fall zulassen. Die Ukraine sei 1991 aus der Sowjetunion als neutraler Staat in die Unabhängigkeit entlassen worden, sagte Putin. Zu dem neutralen Status solle sie zurückkehren.
Auf eine Frage entgegnete er, dass man sein Vorgehen in der Ukraine nicht mit der Forderung von US-Präsident Donald Trump nach bedingungsloser Kapitulation des Irans gleichsetzen dürfe. Russland strebe keine Kapitulation der Ukraine an. "Wir bestehen auf einer Anerkennung der Realitäten, die sich vor Ort ergeben haben." Darunter versteht die russische Führung, dass ihre Truppen einen großen Teil der Ukraine beherrschen und weiter vorrücken.
Selenskyj sieht Russlands Wirtschaft im Niedergang
Doch steht Putin auch wirtschaftlich unter Druck. So sprach Russlands Wirtschaftsminister Maxim Reschetnikow in St. Petersburg von einer drohenden Rezession. Putin zeigte sich optimistischer. Er sagte zur Zukunft von Russlands Wirtschaft: "Stagnation oder sogar Rezession darf auf keinen Fall zugelassen werden."
Selenskyj reagierte in seiner Videobotschaft entschiedener. Er sprach von russischem Niedergang. Der ukrainische Präsident verwies darauf, dass die russische Wirtschaft trotz Putins optimistischer Reden große Probleme habe. "Die russische Wirtschaft ist bereits im Niedergang begriffen. Unterstützen wir diesen Prozess noch mehr!", sagte er in Kiew. "Ajatollah Putin kann bei seinen Freunden im Iran sehen, wohin solche Regime führen und wie rückständig sie ihr Land machen." Im Iran ist Ajatollah Ali Chamenei politisches und religiöses Oberhaupt.
- Nachrichtenagentur dpa