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Menschenrechtler Steudtner in Türkei inhaftiert: Belastung für Familie


Menschenrechtler Steudtner in türkischer Haft
"Für die Familie ist es eine enorme Belastung"

dpa, t-online, David Ruch

Aktualisiert am 23.07.2017Lesedauer: 3 Min.
Menschenrechtsaktivist Peter SteudtnerVergrößern des BildesMenschenrechtsaktivist Peter Steudtnergehört zu den sechs Aktivisten der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, die derzeit in der Türkei inhaftiert sind. (Quelle: Foto: Amnesty International/dpa)
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Seit mehr als zwei Wochen sitzt der deutsche Menschenrechtler Peter Steudtner wegen angeblicher Terrorunterstützung in der Türkei im Gefängnis. Während die Bundesregierung Rückendeckung aus Brüssel für ihren Kurswechsel gegenüber Ankara erhält, bangt die Familie um den Vater und hofft auf seine baldige Freilassung.

In der Berliner Gethsemanekirche beten sie jetzt regelmäßig für Peter Steudtner. Die Nachricht von der Festnahme des deutschen Menschenrechtsaktivisten in der Türkei hat für Fassungslosigkeit in dessen Heimatgemeinde im Bezirk Prenzlauer Berg gesorgt. Steudtner kümmert sich hier um die Kinder- und Jugendarbeit. Der ältere seiner beiden Söhne wurde hier getauft. Nun hofft die Gemeinde auf eine baldige Freilassung. "Solange werden wir regelmäßig Andacht halten", sagt Pfarrer Christian Zeiske.

Verdacht auf Unterstützung einer terroristischen Vereinigung

Steudtner war gemeinsam mit neun weiteren Aktivisten am 5. Juli in Istanbul festgenommen worden. Zwei Wochen lang hielt man ihn ohne Anklage fest, dann eröffnete die türkische Justiz ein Verfahren wegen Verdachts auf Unterstützung einer terroristischen Vereinigung und erließ Untersuchungshaft. Seine Lebensgefährtin Magdalena Freudenschuss steht über einen Anwalt mit ihm in Kontakt, sagte eine Sprecherin der Familie zu t-online.de. "Sie zeigt große Stärke im Umgang mit dieser Situation."

Steudtner – 45 Jahre alt, in Berlin geboren – ist seit vielen Jahren in der Friedensarbeit aktiv. Nach dem Studium der Politikwissenschaft ging er nach Mosambik, wo er ehemaligen Kindersoldaten half, wieder in der Gesellschaft Fuß zu fassen. Sein Engagement führte ihn auch nach Kenia, Nepal und Palästina. Heute berät er Menschenrechtsgruppen, trainiert Aktivisten und Mitarbeiter von Organisationen in gewaltfreier Konfliktlösung. Daneben arbeitet er freiberufich als Fotograf und Dokumentarfilmer.

Im Rahmen seiner Beratertätigkeit war er nun in die Türkei eingeladen. In Istanbul leitete er gemeinsam mit einem schwedischen Kollegen einen Workshop in IT-Management und Umgang mit Stress und Trauma. Das Seminar diente unter anderem dazu, Menschenrechtler zu schulen, wie sie vertrauliche Daten und Informationen vor fremdem Zugriff schützen können.

Am Morgen des 5. Juli wurde das Seminar abrupt von der Polizei beendet. Steudtner, sein schwedischer Kollege, und acht weitere türkische Menschenrechtler, darunter die Landesdirektorin von Amnesty International, Idil Eser, kamen in Gewahrsam. Gegen den Deutschen und fünf andere wurden Terrorermittlungen eingeleitet. Die vier Übrigen kamen zunächst unter Auflagen frei. Am Freitag ordnete die Istanbuler Staatsanwaltschaft dann ihre erneute Festnahme an.

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Für die Bundesregierung war mit Steudtners Inhaftierung der Bogen überspannt. Außenminister Sigmar Gabriel unterbrach seinen Urlaub an der Ostsee, um am Donnerstag in Berlin eine "Neuausrichtung" der deutschen Türkei-Politik anzukündigen. Das Auswärtige Amt verschärfte seine Reisehinweise für das beliebte Urlaubsland. Es rät Türkei-Reisenden nun offiziell zu "erhöhter Vorsicht" und warnt vor willkürlichen Festnahmen. Das Wirtschaftsministerium legte alle geplanten und bereits bestehenden Rüstungsprojekte auf Eis. Zugleich stellt es die Hermes-Bürgschaften für Türkei-Geschäfte deutscher Unternehmen ebenso wie Wirtschaftshilfen auf den Prüfstand.

Rückendeckung für ihre harte Linie erhielt die Bundesregierung am Samstag von der EU-Kommission. "Die Zeit des Hinhaltens ist vorbei", sagte Erweiterungskommissar Johannes Hahn der "Welt". Die Verhaftung von Menschenrechtsaktivisten, Journalisten, Akademikern, Richtern, Staatsbediensteten und Oppositionellen unter "dubiosen Vorhaltungen" sei inakzeptabel. Damit bestätige die Türkei leider den destruktiven Kurs, den sie seit dem vereitelten Putschversuch fahre. "Trotz gegenteiliger Rhetorik bewegt sie sich de facto immer weiter weg von europäischen Standards."

Die Familie von Peter Steudtner bangt derweil um den Vater. Für die Lebensgefährtin und die beiden Söhne sei es eine Situation enormer Belastung, sagt die Sprecherin. Am Anfang sei man geschockt gewesen über die Festnahme und die Inhaftierung. Inzwischen stehe vor allem die Frage im Raum, wie man damit umgeht. "Der Familie fehlt einfach ihr Vater."

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