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Fall Alexej Nawalny: Moskau warnt Berlin vor "feindlicher Provokation"


Vergifteter Kreml-Kritiker Nawalny
Moskau warnt Berlin vor "feindlicher Provokation"

Von afp
Aktualisiert am 09.09.2020Lesedauer: 3 Min.
Wladimir Putin: Der Kreml-Chef wirft der Bundesregierung vor, den Fall Nawalny als Vorwand für neue Sanktionen zu benutzen.Vergrößern des BildesWladimir Putin: Der Kreml-Chef wirft der Bundesregierung vor, den Fall Nawalny als Vorwand für neue Sanktionen zu benutzen. (Quelle: Mikhail Klimentyev/dpa-bilder)
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Wer hat den russischen Oppositionellen Alexej Nawalny vergiftet? Moskau wehrt sich gegen Vorwürfe der G7-Staaten – und kritisiert die Bundesregierung scharf.

Russland hat im Fall des vergifteten Oppositionspolitikers Alexej Nawalny die Haltung der Bundesregierung scharf kritisiert, Moskau vorerst nicht die genauen Befunde des Bundeswehr-Speziallabors zur Verfügung zu stellen. Der deutsche Botschafter in Moskau, Geza Andreas von Geyr, sei einbestellt und gewarnt worden, dass die Verweigerung von Informationen als "grobe, feindliche Provokation" betrachtet werde, die Folgen für die russisch-deutschen Beziehungen haben werde, teilte das russische Außenministerium mit.

Demnach forderte Moskau von Berlin "alle medizinischen Daten, einschließlich biologischen Materials, Untersuchungsergebnissen und Proben" Nawalnys, um sie von russischen Spezialisten gründlich untersuchen und überprüfen zu lassen. Zugleich protestierte Moskau gegen "unbegründete Anschuldigungen und die Ultimaten" Deutschlands gegenüber Russland. Die Bundesregierung nutze den Fall Nawalny, um Russland "auf der internationalen Bühne zu diskreditieren", erklärte das Ministerium.

Kreml spricht von Vorwand für neue Sanktionen

Die Bundesregierung hatte zuvor mitgeteilt, sie werde Russland zunächst nicht die genauen Befunde des Bundeswehr-Speziallabors zur Verfügung stellen. Die Laborergebnisse seien der internationalen Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) übermittelt worden, der auch Russland angehöre, sagte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums in Berlin. Vizeregierungssprecherin Martina Fietz sagte, die Bundesregierung werde "das weitere Vorgehen" und "alle weiteren Fragen" über die OPCW zu klären versuchen. "Russland hat die Informationen, die jetzt gebraucht werden, und nicht Deutschland", sagte Fietz.

Zuvor hatte der Kreml eine "Desinformationskampagne" angeprangert, die als Vorwand für neue Sanktionen gegen Moskau dienen solle. "Die Initiatoren sorgen sich nicht um die Gesundheit Nawalnys, sondern wollen Sanktionen verhängen", hatte das russische Außenministerium erklärt, nachdem auch die G7-Staaten den Druck auf den Kreml erhöht hatten. Laut Nawalnys Anwalt Wjatscheslaw Gimadi weigert sich Moskau, Ermittlungen im Fall des Kreml-Kritikers anzustoßen.

G7-Staaten fordern Aufklärung von Russland

Die G7-Staaten hatten am Dienstagabend schnellstmögliche Aufklärung von Russland verlangt. Moskau müsse "dringend" die Täter hinter der "bestätigten Vergiftung" der Justiz übergeben, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der Außenminister der G7-Staaten. Russland müsse "volle Transparenz schaffen, wer verantwortlich ist". Jede Nutzung chemischer Waffen sei "inakzeptabel", betonten die Minister.

Nach Angaben der Bundesregierung ist "zweifelsfrei" erwiesen, dass der 44-jährige Gegner von Staatschef Wladimir Putin mit einem chemischen Nervenkampfstoff aus der sogenannten Nowitschok-Gruppe vergiftet wurde. Moskau weist alle Vorwürfe in diesem Zusammenhang als "absurd" zurück.

Vorwurf: "Deutsche Seite verlangsamt Prozess"

Das russische Außenministerium warf Deutschland in seiner Erklärung am Mittwoch erneut vor, die Ergebnisse der Untersuchung absichtlich zurückzuhalten. "Die deutsche Seite verlangsamt den Prozess leider", so dass "die Hysterie um diese Affäre weiter zunimmt". Moskau bestehe "weiterhin darauf, dass die deutsche Seite uns die Informationen über die medizinische Untersuchung von Herrn Nawalny, einschließlich der Ergebnisse seiner biochemischen Analysen, zur Verfügung stellt".

Nawalnys Anwalt Gimadi erhebt unterdessen neue Vorwürfe gegen Russland. Die zuständige Gerichtsbarkeit in Moskau würde Ermittlungen im Fall des Kreml-Kritikers verhindern, sagte Gimadi dem SWR. "Aktuell werden keine Ermittlungen geführt, obwohl die in solchen Situationen gesetzlich vorgeschrieben sind." Gimadi führt das Anwaltsteam von Nawalnys Anti-Korruptions-Stiftung FBK.

Nawalnys Anwälte erstatteten kurz nach Vergiftung Anzeige

Laut Gimadi hat das Anwaltsteam direkt nach der Vergiftung Nawalnys Anzeige erstattet. Das zuständige Ermittlungskomitee hätte sich dann binnen drei Tagen für eine Ermittlung oder dagegen entscheiden müssen. Tatsächlich sei jedoch gar keine Reaktion erfolgt. Seitdem habe er weitere Klagen bei höheren Instanzen zur Aufnahme von Ermittlungen eingeleitet.

In der ersten Instanz sei dies abgelehnt worden, sagte Gimadi. Bei einer Ablehnung in der zweiten Instanz kündigte Nawalnys Anwalt an, sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu wenden. Da Russland die Europäische Menschenrechtskonvention ratifiziert hat, ist es verpflichtet, die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte umzusetzen.

Der prominente russische Oppositionspolitiker wird seit dem 22. August in der Berliner Charité behandelt, nachdem er zwei Tage zuvor während eines Fluges in Russland zusammengebrochen war. Inzwischen konnte er von den Ärzten aus dem künstlichen Koma geholt werden und ist ansprechbar.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur AFP
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