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Donald Trump und die Welt: Wird der Prahlhans zum Weichtier?


Donald Trump und die Welt
Wird der Prahlhans zum Weichtier?

MeinungEine Kolumne von Gerhard Spörl

Aktualisiert am 30.08.2019Lesedauer: 5 Min.
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US-Präsident Donald Trump könnte sich durch die US-Wahl 2020 dazu gezwungen fühlen, außenpolitisch diplomatischer aufzutreten.Vergrößern des Bildes
US-Präsident Donald Trump könnte sich durch die US-Wahl 2020 dazu gezwungen fühlen, außenpolitisch diplomatischer aufzutreten. (Quelle: reuters)

Wenn Donald Trump durch irgendetwas diszipliniert werden kann, dann durch die Wiederwahl 2020. Gut möglich, dass er im Handelskrieg mit China umschwenkt und sogar seine Iran-Politik überdenkt.

Vor ein paar Tagen fand im südlichen Minnesota das Farmfest statt, das immer auch ein Stimmungstest ist. Was halten die Farmer von ihrem Präsidenten, den sie mit überwältigender Mehrheit gewählt hatten? Der Landwirtschaftsminister Sonny Perdue kam vorbei, riss ein paar Witze, die schlecht ankamen und stahl sich mit lauen Antworten auf unfreundliche Fragen davon.

Farmland ist Trump-Land und muss es auch bleiben, wenn er im nächsten Jahr wiedergewählt werden will. Doch das Farmland leidet unter seinem Präsidenten.

Der Kollateralschaden des Handelskrieges

Die Farmer im amerikanischen Herzland tragen den Kollateralschaden des Handelskrieges, den Donald Trump für Industrie und Wirtschaft führt. Im Gegenzug verzichten chinesische Staatsfirmen darauf, Sojabohnen, Schweinefleisch, Weizen und andere landwirtschaftliche Produkte zu importieren und versorgen sich aus Brasilien und Kanada. Prompt gehen Farmer im mittleren Westen pleite oder können ihre Kredite nicht mehr abbezahlen.

Es hat eben Folgen für die Menschen im Herzland Amerikas, wenn der Export von 24 Milliarden Dollar auf 9,1 Milliarden schrumpft. Da lösen launige Worte des Präsidenten ("Den Farmern geht es schon wieder richtig gut!") Wut und Drohungen aus. Und Trumps Ankündigung, er werde die Zölle für Waren aus China noch mal erhöhen, verstärkt die grassierende Zukunftsangst: Dann gehen noch mehr Farmer pleite, weil die Einnahmen sinken und die Ausgaben gleich bleiben.

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Wenn sein Handelskrieg mit China die europäische Wirtschaft herunterzieht und die Aktienmärkte ins Trudeln bringt, kann das Trump so egal sein, wie es ihm ist. Wenn aber die weiße Basis seiner Wählerschaft wackelt oder gar bröckelt, muss er sich Gedanken machen.

Macht er sich offenbar auch. Denn jeder Präsident will wiedergewählt werden, sonst erinnert sich kein Geschichtsbuch an ihn. Donald Trump ist da beileibe keine Ausnahme, abgesehen davon, dass er mit knapp 75 in die zweite Runde ziehen würde. Es geht also nicht mehr nur darum, den Handel mit China auf andere Grundlagen zu stellen oder die Europäer zu triezen, vor allem die Deutschen mit ihrem Exportüberschuss.

Trump hat nun ein Ziel

Das Irrlichtern des US-Präsidenten sind wir gewöhnt. Wir sind auch daran gewöhnt, dass er heute das eine und morgen das andere sagt und übermorgen das Gegenteil von beiden. Aber nun hat er ein Ziel und wird diesem vieles andere unterordnen. Ich würde nicht darauf wetten, dass er sich daran hält, aber wenn ihn überhaupt eines disziplinieren kann, dann die Wahl im November 2020.

Gerade noch nannte er Xi Jinping einen Feind; das war am vorigen Freitag. Dann war er für ihn wieder ein großer Führer; das war am Montag. Gerade noch wollte er amerikanische Firmen zum Rückzug aus China zwingen, was er zwar nicht kann, aber egal. Drei Tage später sagte er in Biarritz, er sei ins Nachdenken gekommen ("second thoughts") und seine Leute würden intensiv mit den Chinesen nach einer Lösung des Konflikts suchen, was zwar nicht stimmte, aber egal.

Die Reihenfolge ist wichtig. Erst die Ankündigung, die Zölle zu erhöhen, gepaart mit Beleidigung, dann Anzeichen für Besinnung. Erst Prahlhans, dann Weichtier. Das könnte zum Muster für die kommenden Monate werden.

An zwei Großproblemen, die nicht nur die Farmer in Midwest ins Trudeln bringen, werden wir absehen, wie ernst es ihm ist. Es sind die beiden großen Probleme, die Trump mutwillig geschaffen hat: der Handelskrieg und der Iran-Konflikt.

Eine schwierige Balance

In Amerika finden einige Trump-Anhänger den Handelskrieg toll, für andere ist er furchtbar. Die einen sind die weißen Nationalisten, die anderen die Farmer. Folglich muss Trump eine Balance finden, sodass er den Nationalisten sagen kann: Schaut her, den Handelskrieg haben wir gewonnen und deshalb können wir ihn jetzt herunterfahren. Wir haben es den Chinesen und diesen Klugscheißern in Europa gezeigt, wo der Hammer hängt und der Hammer hängt hier bei uns, im wunderbaren großen Amerika.

Und den Farmern kann er sagen: Ich weiß, wie schwer ihr es habt und deshalb sorge ich dafür, dass ihr wieder Abnehmer für eure Schweine und den Weizen findet, ich bin auf eurer Seite, aber es musste sein, dass wir denen da draußen in China und Europa mal gezeigt haben, wo es lang geht. Das ist jetzt vorbei und euch geht es bald wieder gut.

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Beim G7-Gipfel in Biarritz war der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sharif der Überraschungsgast. Zuerst war Donald Trump ungewöhnlich schmallippig und sagte auf die Frage, ob er von dessen Kommen gewusst habe: "Kein Kommentar". Hinterher behauptete er, selbstverständlich sei er informiert gewesen und um sein Einverständnis gebeten worden.

Kein Kriegstreiber

Wichtig ist: Er machte gute Miene zum bösen Spiel. Ist nicht seine Art, Sharif steht auf der US-Sanktionsliste, warum also verhielt er sich so? Weil ihm womöglich klar geworden ist, mit welchem Feuer er spielt. Es ist nicht lange her, dass er einen militärischen Angriff auf iranische Ziele erst im letzten Augenblick absagte. Gegen den Willen seiner Scharfmacherberater. War gut so. Man darf Donald Trump auch loben.

Er mag Handelskriege für leicht gewinnbar halten, aber echte Kriege sind nicht seine Sache. Die Lage am Golf kann aber schlafwandlerisch zu einem Krieg führen, wenn es so weiter geht wie in den letzten Wochen: Schiffe kapern, Drohnen abschießen, wüste Drohungen hin und her. Auf beiden Seiten tummeln sich ungestraft Leute, die ihr Land unbedingt in einen Krieg hineintreiben wollen.

Trump gehört nicht dazu, Präsident Hassan Rouhani auch nicht. Also liegt es nahe, die beiden zusammen zu bringen. Dieses Vorhaben macht sich Emmanuel Macron zu eigen, der einzige verantwortungsvolle Politiker mit internationalen Zielen. Frankreich, Deutschland und Großbritannien hatten ja das Atomabkommen mit dem Iran mitverhandelt, das dann Trump zerriss.

Es muss nicht so bleiben

Warum nicht jeden Versuch unternehmen, es doch noch zu retten, zumal die Alternative Krieg sein kann? Gegen die USA geht es nicht, aber mit Amerikas stillschweigendem Einverständnis geht es sehr wohl. Darauf fußt die Strategie von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.

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Im Falle Irans die Kurve zu bekommen, ist für Trump noch schwerer als im Handelskrieg. Seine Nahostpolitik ist auf dem Gegensatz aufgebaut: Hier Saudi-Arabien und Israel mit dem Segen Amerikas, dort das Regime in Teheran, der Hort der Brandstifter und Terroristen, wie Trump noch eben twitterte. Eine Annäherung würde Voraussetzungen haben, wie Rouhani nicht überraschend wissen ließ: Aufhebung von Sanktionen, die den Iran erwürgen.

Kein Wunder, dass Maximalforderungen hin- und herfliegen. Es muss aber nicht so bleiben – falls Amerika und der Iran beschließen sollten, die Spannungen zu mindern.

Angst vor schwerwiegenden Konsequenzen

Dafür müssen Vermittler her. Macron bietet sich an, er könnte einen Vertrauten ernennen, der mit einem Vertrauten Rouhanis auslotet, was geht und was nicht. Dann muss nicht beim nächsten Zwischenfall im Persischen Golf mit einem Öltanker wieder weltweit Angst vor schwerwiegenden Konsequenzen ausbrechen.


Man nennt dieses schrittweise Vorgehen gemeinhin Diplomatie, keine Kernkompetenz des amerikanischen Präsidenten, aber egal. Ob er in der Iran-Politik den undiplomatischen Weg fortsetzt, werden wir in den nächsten Wochen erfahren.

So lange gilt die Hypothese: Wer in Amerika wiedergewählt werden will, muss vorsichtiger in der Auswahl seiner Feinde sein und sie sicherheitshalber minimieren.

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