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Krise im Atomland: Berlin besorgt wegen Frankreichs AKWs


Langwierige Reparaturen
Berlin besorgt wegen kriselnder Frankreich-AKW

Von dpa
23.09.2022Lesedauer: 3 Min.
imago images 120162094Vergrößern des BildesEin Atomkraftwerk in Frankreich (Symbolbild): Der Stolz der Franzosen muss in Reparatur. (Quelle: Blanquart C/Andia.fr via www.imago-images.de)

Im Atomland Frankreich stehen so viele AKW still, dass auch Berlin die Stromflaute kritisch verfolgt. Paris hofft umgekehrt auf deutsche Solidarität.

Die Atomkraft gehört in Frankreich zum nationalen Selbstverständnis, reihenweise zur Wartung abgeschaltete Meiler bescheren dem Land just vor dem Krisenwinter nun aber ein handfestes Versorgungsproblem. Während es für die Bevölkerung Sparsamkeitsappelle kombiniert mit dem Hinweis gibt, dass kein Blackout drohe, macht die Regierung Druck auf den mehrheitlich staatlichen Stromkonzern EDF, die AKW gefälligst schnell wieder ans Netz zu bringen.

Paris sucht außerdem den Schulterschluss mit Berlin, um Engpässe bei Strom und Gas gemeinsam zu meistern. An der Grenze zum Saarland nimmt Frankreich kommende Woche außerdem ein Kohlekraftwerk wieder in Betrieb.

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Als Erklärung dafür, dass – Stand Donnerstag – 28 der 56 Kraftwerke abgeschaltet waren, nennt EDF aufgeschobene Wartungen in der Corona-Krise und Korrosionsprobleme, auf die derzeit 13 Reaktoren überprüft werden. Der alternde Kraftwerkspark erfordert außerdem eine aufwendigere Wartung, anders als ursprünglich geplant sollen die Meiler nun länger als 40 Jahre am Netz bleiben.

Regularien verlängern die Reparaturen

Eine externe Untersuchung bei EDF nennt indes auch "vielfältige Faktoren der Ineffizienz" als Grund für die langen Wartungsfristen. Gründe seien etwa die Regularien und das Arbeitsrecht, weshalb die Wartung der Meiler in Frankreich viel länger als im Ausland dauere. Wie ein Experte der Zeitung "Le Figaro" sagte, stehe ein Kraftwerk in den USA 30 Tage zur Wartung still, in Frankreich dauere dies 70 bis 119 Tage. Allerdings sind die komplexen Wartungen oft nicht vergleichbar.

Im Ergebnis hat die französische Atomstromproduktion im Moment ein historisches Tief erreicht, EDF beschert dies Milliardenkosten und dem Land vor dem Krisenwinter ein Stromproblem. Seit einigen Monaten importiert Frankreich mehr Strom als üblich aus Deutschland. "Die europäische Solidarität haben wir nötig", räumte Präsident Emmanuel Macron am Donnerstag mit Blick auf den Winter ein. Frankreich werde Gas nach Deutschland exportieren und Strom von dort importieren.

Dafür müssten Kapazitätsengpässe im grenzüberschreitenden Stromnetz behoben werden, pochte Energiewende-Ministerin Agnès Pannier-Runacher vor einigen Tagen in einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), wie "Le Figaro" berichtete.

Wie Pannier-Runacher betonte, habe EDF sich verpflichtet, möglichst alle Meiler bis zum Winter wieder ans Netz zu bringen – einen Fahrplan dazu legt EDF aber nicht vor. Der Kraftwerksbetreiber hat dabei Grund, den Ball auch ins Feld der Politik zurückzuspielen. Denn schon vor Jahren und zunächst auch in der ersten Amtszeit von Präsident Emmanuel Macron wackelten der Rückhalt und Investitionswille für die Atomkraft.

Das wird auch als ein Grund für den Fachkräftemangel im Atomkraftsektor gesehen, den auch die Untersuchung als Problem benennt. Wie es heißt, sollen nun rund 100 Fachkräfte des US-Kraftwerkbauers Westinghouse beim Warten der französischen AKW aushelfen.

Sechs bis acht Meiler sollen neugebaut werden

Macron pocht nun auf ein zügiges Umsetzen seines im Februar präsentierten Plans für eine Renaissance von Frankreichs Atomkraft. Keine Meiler sollten solange technisch möglich geschlossen werden, sechs bis acht neue gebaut und der Energiekonzern EDF wieder voll verstaatlicht werden, erklärte er am Donnerstag. Parallel solle eine Ausbildungsoffensive anlaufen, um wieder genug Personal zu haben - alles Maßnahmen, die die aktuelle Stromflaute aber nicht beheben.

Auch in Deutschland beobachtet man die Lage in Frankreich sehr genau. Noch ist nicht entschieden, ob die Bundesregierung zwei der drei noch aktiven Atomkraftwerke länger am Netz lässt, um die Stromversorgung sicherzustellen.

Planmäßig sollen zum 31. Dezember dieses Jahres die Lichter ausgehen. Russlands Angriff auf die Ukraine und die daraus resultierende verschärfte Lage am Energiemarkt haben das fixe Datum für den deutschen Atomausstieg ins Wanken gebracht.

Könnten zwei der drei Atomkraftwerke doch noch bis Mitte April 2023 am Netz bleiben? Das hänge auch maßgeblich von der Leistung der Atomkraftwerke in Frankreich ab, sagen die zuständigen grünen Bundesminister für Klima und Umwelt, Robert Habeck und Steffi Lemke. Nach aktuellem Stand will die Bundesregierung im November die finale Entscheidung über eine AKW-Notreserve treffen. Ob das so bleibt, wird sich zeigen. In einem der beiden "Notfall-Meiler" gibt es bereits Reparaturbedarf.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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