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China lädt Christian Lindner aus: "Respektloser Affront"


Scharfe Reaktionen auf Chinas Absage
"Respektloser Affront gegen Deutschlands Finanzminister"

Von t-online, dm

Aktualisiert am 09.05.2023Lesedauer: 3 Min.
Parteichef Lindner: Irgendwann steht man sich selbst im Weg.Vergrößern des BildesParteichef Lindner: Peking hat ein Treffen "aus terminlichen Gründen" platzen lassen. (Quelle: Christoph Soeder/dpa/dpa-bilder)
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China lädt Christian Lindner aus – für den Finanzminister nicht die erste Absage aus Peking. Die deutsche Politik reagiert scharf auf den diplomatischen Eklat.

Eigentlich wollte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bereits auf dem Weg nach China sein, am Mittwoch um 14.30 Uhr stand ein Treffen in Peking mit seinem chinesischen Amtskollegen Liu Kun an.

Doch "aus terminlichen Gründen" hat Peking das Treffen platzen lassen – in der Sprache der Diplomatie eine recht banale Art, dem Gegenüber zu sagen: Wir wollen dich hier nicht. Lindner reagierte darauf mit der Ankündigung, eine neue Balance im Verhältnis mit China zu erreichen: Er strebe "einen selbstbewussten und realistischen Umgang mit China" und "ein weniger samtpfötiges Auftreten" an, als es die Vorgängerregierungen an den Tag gelegt hätten, so Lindner zum Portal "The Pioneer". Man habe bisher zu sehr auf die Wirtschaft geschaut, der Einsatz für das Völkerrecht sei zentral.

Für Lindner ist es bereits die zweite Absage aus Peking: Schon 2017, damals noch ohne Ministeramt, erhielt der FDP-Chef bei seiner Asienreise die Rote Karte der herrschenden Kommunistischen Partei Chinas (KPC), weil er zuvor in Hongkong die damals für ihre Freiheit kämpfenden Aktivisten getroffen hatte. Lindner wurde dafür von der KPC mit einem Gesprächspartner aus der zweiten Reihe abgespeist, der Lindner zum Abschied nicht mal die Hand gab.

Scharfe Reaktionen aus Deutschland

In Deutschland hat die chinesische Absage heftige Reaktionen hervorgerufen: "Ein respektloser Affront nicht nur gegen Deutschlands Finanzminister, sondern auch gegen uns als freiheitliche liberale Partei", kommentierte der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Müller-Rosentritt. "Wenn Pekings Führung denkt, sie könnte uns mit solchen Aktionen 'erziehen', ist sie auf dem Holzweg." Die FDP werde weiter an der Seite des demokratischen Taiwans stehen, so Müller-Rosentritt.

Auch bei den Grünen löste der diplomatische Eklat Unmut aus: "Dieser chinesische Affront geht nicht nur die FDP an", schrieb der grüne Europapolitiker Reinhard Bütikofer auf Twitter. "Die richtige Reaktion aus Berlin wäre, dass bald auch je einE MinisterIn von SPD und Grünen nach Taiwan fliegen. Wir werden uns unsere China-und-Taiwan-Politik nicht aus Beijing diktieren lassen."

AfD-Chef Tino Chrupalla hingegen kritisierte Lindner, der wie Außenministerin Baerbock (Grüne) "unser Land in China unbeliebt" mache. "Was ist wichtiger, die liberale Opposition in Hongkong oder gute Beziehungen zu unserem wichtigsten Handelspartner?", so Chrupalla.

Ist die FDP der Grund für die Absage?

Im politischen Berlin wird nun über den Grund der Absage gemutmaßt. "Ob die Absage mit der Position der FDP zu tun hat, Deutschland müsse selbstbewusst gegenüber Peking auftreten, ist Spekulation", hießt es aus dem Bundesfinanzministerium. Allerdings scheint dieser Schluss naheliegend: Im März reiste die FDP-Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger nach Taiwan.

China nannte den ersten Besuch eines Mitglieds der Bundesregierung seit 25 Jahren einen "ungeheuerlichen Akt". Der letzte Bundesminister in Taiwan war 1997 Günter Rexrodt, auch ein FDP-Politiker. Peking habe bei der deutschen Seite protestiert und seine "scharfe Missbilligung" zum Ausdruck gebracht, hieß es. Im t-online-Interview legte Stark-Watzinger später nach: Die FDP-Politikerin nannte China einen "Systemrivalen" und riet deutschen Unis, ihre Kooperation mit chinesischen Instituten zu überdenken.

Offiziell verfolgt Deutschland die "Ein-China-Politik", die diplomatische Beziehungen nur mit Peking, nicht aber mit Taipeh vorsieht. Trotzdem gibt es starke wirtschaftliche und politische Beziehungen zwischen Taiwan und Deutschland, auch reisen immer wieder Delegationen deutscher Politiker auf die Insel.

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Baerbock-Treffen soll hingegen stattfinden

Auch wenn Stark-Watzinger versuchte, ihren Besuch als "fachlichen Austausch" kleinzureden, und betonte, sie sei "nicht aus Gründen geopolitischer Natur hier", führte der Besuch der Ministerin zu Missstimmung bei den herrschenden Kommunisten: Peking rief dazu auf, sich an das Ein-China-Prinzip zu halten und "sofort aufzuhören, mit den separatistischen Kräften Taiwans zu interagieren".

Was außerdem für ein "FDP-Problem" der KPC spricht: Während Lindner ausgeladen wurde, soll ein Treffen von Außenministerin Baerbock mit ihrem chinesischen Amtskollegen Qin Gang am Dienstag stattfinden. Auch Baerbock setzt auf mehr Konfrontation mit dem asiatischen Riesenreich, der erste Entwurf ihrer China-Strategie sieht das Land vor allem als Rivalen. Bei ihrem China-Besuch im April lieferte sie sich bei einer Pressekonferenz sogar einen offenen Schlagabtausch mit Qin.

Ob der Taiwan-Besuch von Stark-Watzinger der Grund für Pekings Absage ist, darüber lässt sich nur spekulieren. Die Liberalen scheinen beim Thema Taiwan allerdings nicht nachgeben zu wollen – im Gegenteil: Die Vize-Präsidentin des Europäischen Parlaments und FDP-Politikerin Nicola Beer (FDP) deutete auf Twitter sogar eine nächste Reise an: "Die Gründe für die Verschiebung der Reise werde ich mir bei meinem nächsten Besuch in Taipeh noch mal genau erklären lassen ..."

Verwendete Quellen
  • thepioneer.de: Christian Lindner im Interview: Keine Samtpfoten-Strategie gegenüber China
  • Twitter-Account Reinhard Bütikofer
  • Twitter-Account Nicola Beer
  • Twitter-Account Müller-Rosentritt
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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