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Moderator Markus Lanz spricht über die Fake-Anzeigen über ihn


Markus Lanz zu seiner "Festnahme"
"Das ist aus den Köpfen nicht mehr rauszukriegen"


Aktualisiert am 05.04.2023Lesedauer: 4 Min.
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Markus Lanz bei einer Gala: Der Moderator ist Opfer einer Fake-Kampange geworden.Vergrößern des Bildes
Markus Lanz bei einer Gala: Der Moderator ist Opfer einer Fake-Kampange geworden. (Quelle: IMAGO)

Markus Lanz wurde festgenommen? Seine Talkshow von der Regierung abgesetzt? Der Moderator muss feststellen: Die Fake-News-Anzeige wird von Leuten tatsächlich geglaubt.

Seit Wochen kursiert eine Clickbait-Anzeige von der angeblichen Festnahme von Markus Lanz. Man braucht eigentlich keinen zweiten Blick, um das stümperhaft gefälschte Foto als solches zu enttarnen. Auch der ZDF-Moderator hat sich anfangs über die Anzeige amüsiert, die auf renommierten Online-Plattformen wie "Spiegel" und "Stern" geschaltet wurde. Das Lachen verging ihm aber schnell, als er feststellen musste: "Das nehmen Leute wirklich ernst." Mittlerweile ist das seine neue Fake-News-Realität.

Die Gäste

  • Johannes Hano, Leiter ZDF-Studio New York
  • Martin Knobbe, "Der Spiegel"
  • Linus Neumann, Chaos Computer Club
  • Florian Flade, Investigativ-Reporter

Bei der Anzeige wurde das Gesicht von Lanz auf den Körper eines "Reichsbürgers" montiert, der gerade von Polizisten abgeführt wird. Darunter steht der ominöse Spruch "Tausende strömen nach Lanz' Verhaftung zu den Geldautomaten". "Mit dieser Anzeige bin ich mittlerweile millionenfach konfrontiert", sagte Lanz am Dienstag in seiner Talkshow. Das gefälschte Foto – und die vermeintliche Botschaft dahinter – verfolgen ihn aber längst im realen Leben.

Lanz "von der Regierung abgesetzt"?

"Ich habe mittlerweile regelmäßig die Situation, dass ich in ein Taxi einsteige, wo häufig Menschen sitzen, die zum Beispiel Telegram-Kanäle und anderes nutzen und die sagen: 'Das finde ich ja schade, dass Sie abgesetzt worden sind von der Regierung, weil Sie da manchmal ein wenig zu kritisch sind'", schilderte Lanz die Reaktionen auf die Fake-News-Anzeige.

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Das passiere ihm in Hamburg ebenso wie in München oder Köln. Dass er die Geschichte höchstpersönlich dementieren kann, zeigt bei seinen offenbar nur einseitig gutgläubigen Gesprächspartnern keine Wirkung. "Das ist aus den Köpfen auch nicht mehr rauszukriegen", musste Lanz feststellen – nämlich die Überzeugung, dass ominöse Machthaber in Berlin Talkshows absetzen: "Das ist grotesk falsch, niemand kontrolliert diese Sendung, aber die Leute glauben das."

Welches spalterische Potenzial habe so was, fragte der Moderator in den Raum. Rechtlich sieht er keine Handhabe, gegen die Verantwortlichen dieser Clickbait-Anzeigen vorzugehen. Die würden sich hinter Firmen im Ausland verstecken. Aber warum ließen die großen Verlage so etwas auf ihren Plattformen zu, wollte er vom Leiter des "Spiegel"-Hauptstadtbüros, Martin Knobbe, wissen: "Das verstehe ich nicht."

Laut dem "Spiegel"-Journalisten stecken hinter diesen Anzeigen kriminelle oder halbkriminelle Anbieter. Die wollten mit derartigen Motiven den Nutzer zum Anklicken verleiten. Im Falle der Lanz-Anzeige führe das zu einem angeblichen Bitcoin-Unternehmen, an das der Nutzer Geld zahlen solle. Die Verlage würden solche kriminellen Anzeigen sofort blockieren. Allerdings seien die kriminellen Anzeigenschalter auch dank Künstlicher Intelligenz immer schneller: "Wir galoppieren hinterher."

"Lanz": "Leute wollen diese Lügen hören"

Das Ganze war ein Sinnbild für das große Thema dieses Abends: Welche Chance haben Demokratie oder selbst der gesunde Menschenverstand in einer Welt, in der immer dreister und selbstverständlicher gelogen wird? Und in der auch die irrsten Hirngespinste von gefühlt immer mehr und immer klügeren Menschen umgehend als Realität anerkannt werden? "Die Leute wollen diese Lügen hören, weil sie in ihr Weltbild passen", versuchte der aus New York City zugeschaltete ZDF-Korrespondent Johannes Hano die Mentalität der Anhänger von Donald Trump zu erklären.

Der war am Dienstag der erste US-Präsident, der vor Gericht angeklagt wurde. Prompt kursierten online per Künstlicher Intelligenz gefälschte Fotos, auf denen Trump vermeintlich von Polizisten niedergerungen wurde. "Man muss einfach nur mal seinen normalen Menschenverstand einschalten", kommentierte Hano solche Motive. Lanz war hingegen zunächst auf die Fake-Fotos reingefallen, wie er zugab.

Und die Technik werde einfach immer besser, gab IT-Spezialist Linus Neumann vom Chaos Computer Club (CCC) zu bedenken. "Menschen müssen lernen, mit dieser neuen Herausforderung umzugehen", forderte er und sah andernfalls die demokratischen Werte in Gefahr. Der Psychologe warnte auch vor den Folgen, wenn Menschen einfach glauben, was sie wollen, und alles andere ausblenden.

"Würde das auf eine gesunde Gesellschaft stoßen, würde ich mir weniger Sorgen machen", meinte Neumann. Die Gesellschaft sei aber schon jetzt in unterschiedliche Realitäten gespalten. Dies werde von politischen Akteuren vorangetrieben. Umso wichtiger sei es, Kinder endlich in der Schule auf diese Gefahren vorzubereiten. "Wir müssen auf eine Medienkompetenz hinarbeiten, die in dieser Welt noch zurechtkommt", sagte der CCC-Sprecher.

Fake News als Ersatzreligion?

Der Investigativ-Journalist Florian Flade machte hier gar eine neue Art von Religion aus. "Da rutscht ein Teil der Gesellschaft ab – in den USA, aber auch bei uns", warnte er. Eine kleine, aber nicht zu vernachlässigende Gruppe von Menschen wandere in "Echokammern" ab, wo immer wieder der gleiche Inhalt zurückschallt – und noch würden die Instrumente fehlen, um gegenzusteuern.

Manchmal ist die Lüge laut Flade schlichtweg der Köder für kriminelle Geschäfte – siehe die Lanz-Anzeige. Dass hier bei den Nutzern etwas hängen bleibe, sei von den Verantwortlichen womöglich gar nicht beabsichtigt gewesen. Lanz wollte nach der Diskussion, in der es auch um jahrzehntelang erprobte Methoden Russlands der Desinformation und Desorientierung von Gesellschaften gegangen war, hingegen düsterere Motive nicht ausschließen: "Ich bin mir nicht sicher, vielleicht zwei Fliegen mit einer Klappe."

Verwendete Quellen
  • "Markus Lanz" vom 4. April 2023
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