SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil Pragmatisch, ruhig, gelassen – aber kämpferisch
Die niedersächsische SPD geht mit ihrem Ministerpräsidenten Stephan Weil als Spitzenkandidat in die Landtagswahl. Der einstige Oberbürgermeister von Hannover hat als Regierungschef an Statur gewonnen. Die Niedersachsen schätzen seine Bodenständigkeit.
Stephan Weil trinkt gerne grünen Tee. Er habe einmal gelesen, dass grüner Tee zu den bekömmlichsten Lebensmitteln überhaupt gehöre, sagt Niedersachsens Ministerpräsident über sein Lieblingsgetränk. Teetrinken - das passt zu dem 58-jährigen SPD-Politiker, der meist den ruhigen und gelassenen Norddeutschen gibt.
Weil geriet unter Druck, als eine Regierungserklärung an VW zum Gegenlesen geschickt wurde
Nicht ganz so bekömmlich wie der grüne Tee erwies sich für Weil am Ende sein Bündnis mit dem grünen Koalitionspartner. Es zerbrach im August durch den plötzlichen Wechsel einer Grünen-Abgeordneten zur CDU. Eine vorgezogene Wahl ist nun die Folge. Kurz darauf geriet Weil noch weiter unter Druck, als bekannt wurde, dass er eine Regierungserklärung zu VW dem Konzern zum Gegenlesen geschickt hatte.
Solche Turbulenzen habe er noch nie erlebt, gestand Weil danach auf einem SPD-Parteitag. Er habe sich selbst einige grundsätzliche Fragen gestellt. Aber: "Ich bin mit mir sehr im Reinen." Ein mit sich hadernder Stephan Weil - dieses Bild soll in der Öffentlichkeit gar nicht erst aufkommen. Pragmatisch, ruhig und gelassen macht er seitdem weiter - wenn auch sein Ton kämpferischer geworden ist.
Sohn schlesischer Flüchtlinge ist seit 13 Jahren SPD-Mitglied
Bis zur gewonnenen Landtagswahl im Januar 2013 war Weil Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover. Der in Hamburg geborene Sohn schlesischer Flüchtlinge studierte Jura und arbeitete als Anwalt, Richter und Staatsanwalt. SPD-Mitglied ist er seit drei Jahrzehnten. Sein Förderer und Vorbild, Altkanzler Gerhard Schröder, sagte Weil eine bundespolitische Karriere voraus.
49 Prozent der Wähler wollen Weil lieber als Ministerpräsident
Wurde er zu Beginn seiner Amtszeit als Ministerpräsident oft als langweilig, blass und provinziell belächelt, so gewann Weil mit der Zeit an Statur. Der begeisterte Langstreckenläufer kann heute auf Erfolge verweisen. 49 Prozent der Niedersachsener gaben in einer aktuellen Umfrage an, sie hätten Weil lieber als Ministerpräsidenten als seinen Herausforderer Bernd Althusmann von der CDU. Diesen sähen 31 Prozent lieber als Regierungschef. Die niedersächsische SPD liegt wenige Tage vor der Landtagswahl mit 34,5 Prozent vor der CDU, die auf 33 Prozent kommt.
Keine Statusallüren – für Kartoffelsalat stellt sich Weil auch selbst in die Schlange
"Er ist sehr bodenständig, ohne Statusallüren, und das passt zu Niedersachsen", sagt Weils Parteifreund, Wirtschaftsminister Olaf Lies. Der Regierungschef hat kein Problem damit, bei seiner Sommerreise auch mal in einem Hostel zu übernachten oder sich beim Empfang eines SPD-Ortsvereins mit dem Teller unter dem Arm nach Kartoffelsalat anzustellen. Seit 1987 ist Weil mit der Professorin Rosemarie Kerkow-Weil verheiratet. Das Paar hat einen erwachsenen Sohn.
Weil entspannt gerne beim Wandern. "Das ist die erholsamste Art, Urlaub zu machen", findet er. Außer Wandern, Lesen und Laufen hat er noch ein weiteres, sehr volksnahes Hobby: Der Fußballfan ist Besitzer einer Dauerkarte für Hannover 96.