Gespräche nach Auszählungschaos Finden SPD, Grüne und FDP in Hessen doch noch zusammen?
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Er war der große Wahlverlierer – jetzt könnte er doch noch Ministerpräsident werden. Thorsten Schäfer-Gümbel spricht heute mit FDP und Grünen über eine Koalition. Ausgang: offen.
Es könnte ein unwahrscheinliches Comeback werden: Nach der Landtagswahl in Hessen sah Thorsten Schäfer-Gümbel mit seiner SPD noch wie der große Verlierer aus. Nur 19,8 Prozent der Stimmen, und damit nicht nur weit hinter der CDU sondern auch hinter den Grünen.
So zumindest der Stand nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis der Wahl am 28. Oktober. Doch große Pannen bei der Auszählung der Stimmen könnten nun dazu führen, dass die SPD doch noch vor den Grünen landet. Und Thorsten Schäfer-Gümbel Ministerpräsident wird.
Am Freitag will die Landeswahlleitung das exakte Ergebnis verkünden. Weil die Grünen nach dem vorläufigen Ergebnis nur 94 Stimmen vor der SPD lagen, ist es durchaus möglich, dass sich die Sozialdemokraten dann noch an die zweite Position schieben. Und das würde die Koalitionsoptionen in Hessen durcheinanderwirbeln.
Denn plötzlich wird ein Bündnis aus SPD, Grünen und FDP denkbar. Zuvor hatte die FDP ein solches Ampelbündnis ausgeschlossen – allerdings nur unter Führung der Grünen. Würde die SPD doch noch zweitstärkste Kraft, besteht wieder eine Chance.
Darauf setzt zumindest Thorsten Schäfer-Gümbel. Er hat FDP und Grüne für den heutigen Donnerstag vorsorglich zu Sondierungsgesprächen eingeladen. Und gibt sich zuversichtlich, dass es tatsächlich zu einem Bündnis kommen könnte. "Ich erwarte ein ernsthaftes Gespräch und keine Alibiveranstaltung", sagte Schäfer-Gümbel der "Frankfurter Neuen Presse". "Es geht darum auszuloten, ob wir eine Reformregierung in Hessen bilden können, die es schafft, notwendige Veränderungen bei Bildung, Mobilität und gesellschaftlichem Zusammenhalt zu erreichen."
Ob es tatsächlich klappt mit einem sogenannten Ampelbündnis, ist jedoch völlig offen. FDP und Grüne sind weiterhin nicht die besten Freunde. Und die Grünen hatten sich in Hessen schon zu Sondierungsgesprächen mit Volker Bouffiers CDU getroffen. Mit ihm hatten sie auch bisher zusammenregiert – geräuschlos, wie beide Seiten immer betont hatten. Die beiden Parteien wollen aber mit ihren Koalitionsverhandlungen erst beginnen, wenn das endgültige Wahlergebnis am Freitag feststeht. Noch ist also alles möglich.
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Um die Grünen für sich zu gewinnen, will Schäfer-Gümbel einen Plan für eine klimaneutrale Landesverwaltung vorlegen. "Ich kann mir vorstellen, bis Ende nächsten Jahres ein Gesetz dafür zu erarbeiten und zu beschließen. Das wäre ein Kernprojekt einer fortschrittlichen Landesregierung." Doch auch die FDP muss eben wollen.
Ob es was werden kann mit dem Bündnis, dürften die drei Parteien im Laufe des Nachmittags wissen. Die Gespräche beginnen um 14 Uhr.
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- "Frankfurter Neue Presse": Schäfer Gümbel mahnt: "Ich erwarte ein ernsthaftes Gespräch und keine Alibiveranstaltung"