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Merkel für Strategiewechsel – gibt es Ausreisesperren aus Corona-Hotspots?


Reisestopps und Massentests
Merkel für Strategiewechsel bei Corona-Lockdowns

Von reuters, dpa, job

Aktualisiert am 14.07.2020Lesedauer: 3 Min.
Angela Merkel: Die Bundeskanzlerin setzt auf Ausreisesperren für besonders vom Coronavirus betroffene Landkreise.Vergrößern des BildesAngela Merkel: Die Bundeskanzlerin setzt auf Ausreisesperren für besonders vom Coronavirus betroffene Landkreise. (Quelle: Fabrizio Bensch/File Photo/reuters)
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Die Bundesregierung führt mit den Ländern Gespräche über mögliche Ausreisesperren aus Corona-Hotspots. Bundeskanzlerin Merkel hat sich nun hinter den Plan gestellt, der eine Abkehr vom bisherigen Kurs darstellt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hält eine Änderung im Vorgehen bei lokalen Coronavirus-Ausbrüchen für sinnvoll. Das sei ein Vorschlag, "für den ich werben würde", sagte Merkel am Dienstag nach einem Treffen mit Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder in Herrenchiemsee.

Diskutiert wird zwischen Bund und Ländern derzeit ein Paradigmenwechsel. Danach sollen die derzeitigen Einreisebeschränkungen für Einwohner aus besonders betroffenen Landkreisen in andere Bundesländer künftig durch ein Ausreiseverbot in den Corona-Gebieten abgelöst werden. Söder verwies darauf, dass Bayern dies bereits getan habe, und betonte: "Das gibt Sicherheit für alle Beteiligten."

Bund und Länder nicht einig

Einig sind sich Bund und Länder aber bislang nicht. Am Mittwoch soll es einen neuen Anlauf für eine Einigung zwischen Kanzleramt und den Staatskanzleien der 16 Bundesländer geben. Neben der Frage der Ausreiseverbote wird auch diskutiert, wie kleinteilig ein Lockdown nur in einer bestimmten Region gefasst werden kann. Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte im Fall Gütersloh eine differenziertere Lösung als einen kreisweiten Lockdown angemahnt.

Die Bundesregierung möchte ein zielgenaueres Durchgreifen bei regionalen Ausbrüchen erreichen und hat dazu bei den Ländern regionale Ausreisebeschränkungen angeregt. "Darüber diskutieren wir als eine Maßnahme, ob das nicht am Ende eine bessere Variante ist, als wenn man am Urlaubsort ankommt, um dann zurückgewiesen zu werden", sagte Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) in der RTL/ntv-Sendung "Frühstart" nach einer Schaltkonferenz mit den Staatskanzleichefs der Länder vom Vortag.

Die Frage sei, ob es im Falle einer unklaren Infektionssituation nicht sinnvoller sei, zu sagen: "Es bleiben hier in dieser Region mal alle zu Hause, möglichst präzise gefasst, da, wo man auch wirklich Ausbruchssorgen hat, um dann dort so flächig zu testen, dass man nach wenigen Tagen sagen kann, wir haben alle Infektionsketten entdeckt." Danach könne man "schnell wieder zur Normalität" übergehen.

Kutschaty: "So wenig Lockdown wie möglich, so viel wie nötig"

Kleinteiligere Lockdowns stoßen auch in den Ländern generell auf Zustimmung. Der Oppositionsführer in Nordrhein-Westfalen, Thomas Kutschaty (SPD), sprach sich jedoch für unterschiedliche Lösungen in verschiedenen Regionen Deutschlands aus. "So wenig Lockdown wie möglich, so viel wie nötig", forderte Kutschaty im Gespräch mit t-online.de als Kriterium. "Dabei sind die Gegebenheiten in NRW bundesweit besonders." Die Metropolregion Rhein-Ruhr sei flächenmäßig achtmal so groß wie Berlin. "Das Leben ist hier ständig im Fluss. Von einem einzigen kommunalen Hotspot wird man hier nie sprechen können."

Kutschaty forderte deshalb: "Die Landesregierung muss neben den bundesweiten Vorgaben zum Gesundheitsschutz endlich eine eigene Idee zum Schutz der Bevölkerung entwickeln, anstatt immer erst dann zu reagieren, wenn es vor Ort schon brennt." Ein differenzierendes Warnsystem werde ohne konsistente Teststrategie über Stadt- und Kreisgrenzen hinaus nicht möglich sein. "Krankenhäuser, Altenpflege, ÖPNV-Bedienstete, Schulen und Kitas – NRW muss in seinen systemrelevanten Bereichen endlich testen, testen, testen."

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Auch aus Sicht der schleswig-holsteinischen Landesregierung sollten regionale Ausbrüche räumlich differenzierter betrachtet werden und nicht nur auf Kreisebene. Dabei seien Ausreisebeschränkungen aus solchen Gebieten besser und sinnvoller als Beherbergungsverbote oder Quarantänelösungen, sagte Staatskanzleichef Dirk Schrödter. Er zeigte sich zuversichtlich, dass Länder und Bund zu einer Verständigung kämen. Wichtig sei ein zielgenaues und gleich gerichtetes Vorgehen. So müsse zügig durch umfassende Tests festgestellt werden, ob es sich um ein regional eingrenzbares Ereignis handele oder um ein umfassenderes. "Dazu brauchen wir eine entsprechende erweiterte bundesweite Teststrategie."

Kommunen sind bei Ausreiseverboten skeptisch

Die Kommunen sehen die erwogenen Ausreisebeschränkungen für Bewohner von Regionen mit Corona-Ausbrüchen hingegen sehr skeptisch. "Sie müssten ja im Prinzip dann kontrollieren, wer reist aus dem Kreis aus. Und Sie wissen, wie groß Kreise sind, das stelle ich mir fast unmöglich vor", sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, am Dienstag im ZDF. Der Präsident des Deutschen Landkreistags, Reinhard Sager, sagte: "Es geht eher um chirurgische Präzision als um den Holzhammer."

Anfang Mai hatten Bund und Länder vereinbart, dass Beschränkungen erlassen werden, wenn in einem Kreis binnen sieben Tagen die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner über 50 steigt. Zuletzt hatten mehr als 1.000 positiv getestete Mitarbeiter des Fleischverarbeiters Tönnies in Nordrhein-Westfalen zu regionalen Einschränkungen in den Kreisen Gütersloh und Warendorf geführt. Betroffen waren zeitweise rund 640.000 Einwohner. Mehrere Bundesländer verhängten vorübergehend Beherbergungsverbote für sie.

Landkreistag-Präsident Sager erklärte, die Kreise Gütersloh und Warendorf hätten gezeigt, dass man örtlich begrenzte Ausbrüche gut in den Griff bekommen könne. Kreisweite Lockdowns und Schritte wie Ausreiseverbote sollten nur erwogen werden, wenn andere Möglichkeiten ausgeschöpft seien. Nicht umsonst habe ein Gericht die von der nordrhein-westfälischen Landesregierung verfügten Einschränkungen im Kreis Gütersloh aufgehoben: "Ein kreisweiter Lockdown war überzogen und nicht differenziert genug."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen Reuters und dpa
  • Eigene Recherchen
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