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Landtagswahl in BW: Querdenker-Partei verpasst knapp Staatsgelder


Wahlen in Baden-Württemberg
Querdenker-Partei verpasst knapp Staatsgelder

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

Aktualisiert am 16.03.2021Lesedauer: 4 Min.
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"dieBasis": Auf Demos von Gegnern der Corona-Maßnahmen ist oft die Fahne der Partei zu sehen. Bei der Landtagswahl kam sie aber nur auf knapp unter ein Prozent, insgesamt unter zwei Prozent für "Querdenker"-Politik.Vergrößern des Bildes
"dieBasis": Auf Demos von Gegnern der Corona-Maßnahmen ist oft die Fahne der Partei zu sehen. Bei der Landtagswahl kam sie aber nur auf knapp unter ein Prozent, insgesamt unter zwei Prozent für "Querdenker"-Politik. (Quelle: imago-images-bilder)

1,8 Prozent holten die beiden Parteien aus dem Umfeld der "Querdenker" insgesamt bei der Wahl in Baden-Württemberg. Die ganze Bedeutung der Ergebnisse war den Anhängern nicht bewusst.

Die Corona-Verharmloser-Partei "dieBasis" hat bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg offenbar Staatsgelder um Haaresbreite verpasst. Landesweit fehlten 96 Stimmen, damit für das Wahlergebnis knapp 50.000 Euro aus der staatlichen Parteienfinanzierung in die Parteikasse fließen. Die zweite Partei aus dem Querdenker-Umfeld, "Wir2020", kam auf 0,8 Prozent.

Zum Verhängnis wird der "Basisdemokratischen Partei Deutschlands" nun, dass sie nicht in allen Wahlkreisen antreten konnte: Sie stand nur in 60 von 70 Wahlkreisen auf dem Zettel. Ein einziger weiterer Wahlkreis hätte gereicht, um ausreichend Stimmen zu erhalten. "dieBasis" hatte aber nicht genug Unterstützungsunterschriften sammeln können: Kandidaten mussten 75 Unterschriften im Wahlkreis auftreiben, um antreten zu können. Coronabedingt war diese Zahl bereits von 150 halbiert worden. "In einem Wahlkreis fehlten nur fünf Unterschriften", so Landesvorsitzender Andreas Baum zu t-online. Er beklagt "die Ungleichbehandlung von noch nicht im Parlament vorhandenen Parteien".

Wahlergebnis

"dieBasis" holte nach dem bisherigen Ergebnis der Auszählung – es ist noch nicht das amtliche Endergebnis – in den 60 Wahlkreisen 48.490 Wählerstimmen. "1,0 Prozent" steht gerundet in den Wahltabellen – es sind aber tatsächlich nur 0,998 Prozent. Für Geld aus der staatlichen Parteienfinanzierung ist das Erreichen von 1 Prozent nötig, erst dann besteht für Parteien Anspruch und es gibt pro Stimme 1,03 Euro.

Auch keine Förderung für Spenden

Nun entgehen der jungen Partei potenziell 50.000 Euro für die Wählerstimmen, weil ihr dafür nach derzeitigem Stand 96 Stimmen fehlen. Das Geld wäre zwischen Landes- und Bundesverband aufgeteilt worden. Außerdem bekommt die Bundespartei zunächst keine Zuschüsse für Mitgliederbeiträge und Spenden.

Potenziell 50.000 Euro, weil der Staat nur so viel maximal zuschießt, wie eine Partei auch selbst an Einnahmen erzielt: Parteien müssen sich mindestens zur Hälfte selbst finanzieren. Für jeden Euro eigener Einnahmen können Parteien dann auch noch bis zu 45 Cent erhalten. Auch darauf hat "dieBasis" nun noch keinen Anspruch. Mit der Bundestagswahl könnte sich das noch ändern. Dort müssen nur 0,5 Prozent erreicht werden.

Wütend auf Wähler

In Reaktionen auf das Wahlergebnis schwankten Anhänger in Telegram-Gruppen zwischen Enttäuschung und Zuversicht. Zunächst war Freude zu lesen über den hohen Anteil der "Sonstigen". Die wich teilweise Ernüchterung beim Blick auf Einzelergebnisse.

Einzelne Unterstützer schrieben von "Wahlbetrug wie in den USA" oder zeigten sich entsetzt und beschimpften das Gros der Wähler. "Die dümmsten Kälber (Schlafschafe) wählen ihre Metzger selber", kommentierte ein Nutzer in der Tuttlinger Gruppe. "Versager wählen Versager", meinte ein Gruppenmitglied in Rastatt.

Andere hatten die Aussichten aber realistisch eingeschätzt und zeigten sich zufrieden angesichts der kurzen Vorbereitungszeit. Zudem wurde in Medien kaum berichtet über die Partei, die sich auch zu Unrecht in eine rechte Ecke gerückt sieht. Landesvorsitzender Baum: "Unser Antreten zur Landtagswahl war der Beginn einer langen Reise mit dem Ziel, eine wirklich basisdemokratische und freie Gesellschaft zu bilden." Durch bereits 2.000 Mitglieder alleine in Baden-Württemberg gebe es Zuversicht, "dass wir alle Eintrittsbarrieren kurzfristig überwinden werden".

Anhänger träumen von Fusion

Nach dem Ergebnis diskutieren Anhänger nun, wieso es zwei thematisch ähnlich gelagerte Parteien gibt, die sich gegenseitig die Stimmen wegnehmen. Sowohl "dieBasis" wie auch "Wir2020" haben ihre Anfänge bei "Widerstand2020", einer von Bodo Schiffmann gegründeten Partei, die ihre Mitgliederzahl mit 100.000 angegeben hatte und krachend zusammenbrach.

Einige "Widerstand2020"-Mitglieder um Schiffmann machten mit "Wir2020" weiter, andere gründeten "dieBasis". Die bisherige "Wir2020"-Vizevorsitzende Eva Rosen, die wie Schiffmann auf Bus-Tour durch Deutschland Stimmung gegen die Coronamaßnahmen machte, hat kurz vor der Wahl diese Partei verlassen. Mit dem "Querdenken"-Anwalt Markus Haintz trat sie der "Basis" bei. Weitere "Wir2020"-Mitglieder planen offenbar den Wechsel.

In den Gruppen wird eine Fusion beider Parteien gefordert. Zur Bundestagswahl gilt das aber als wenig wahrscheinlich. Beide Parteien haben schon eigene Aufstellungsversammlungen angesetzt. "dieBasis"-Landeschef Baum antwortete, man verstärke "die bereits laufenden Aktivitäten, mit (...) Wir2020 näher zusammen zu rücken, um hier gegenüber den etablierten Parteikartellen noch besser aufgestellt zu sein".

Wolfgang Romberg, Vorsitzender von "Wir2020", erklärte t-online, es ergebe "Sinn, wenn ähnlich gelagerte Parteien und Vereinigungen ihre Kräfte bündeln." Ein Bündnis wie Bündnis90/Die Grünen sei rechtlich nicht mehr möglich. "Die nächsten Wochen und Monaten werden zeigen, ob es jeweilige Mehrheiten innerhalb der Parteien für eine – wie auch immer gelagerte – Fusion gibt." Vor den Wahlen habe es Pläne gegeben, dass Wir2020 in Baden-Württemberg und "dieBasis" in Rheinland-Pfalz antritt – "das ließ sich leider organisatorisch nicht umsetzen."

Partei will nicht als reine Corona-Partei erscheinen

"dieBasis" ist ein Sammelbecken für Menschen, die die Gefahr des Coronavirus für überschätzt und die Maßnahmen für übertrieben halten. Sie bemüht sich aber, breiter aufgestellt zu sein und sich als Partei für "Freiheit", "Machtbegrenzung", "Achtsamkeit" und "Schwarmintelligenz" nicht den Anschein einer reinen Corona-Partei zu geben.

Um Positionen zur Wahl zu finden, hatte sie einen "Mitgliederkonsens" erarbeitet: Vorgegebene Thesen konnten Mitglieder von 0 (volle Zustimmung) bis 10 (völlige Ablehnung) bewerten. Daraus wurde die prozentuale Zustimmung errechnet. Die geringste Zustimmung hatte eine Absenkung des Wahlalters auf 16, hohe Werte bekam etwa die Forderung nach Transparenz aller Einkünfte von Berufspolitikern. 95 Prozent Zustimmung gab es auch zum Satz, dass Beamte ohne Repressalien von ihrer "Remonstrationspflicht" Gebrauch machen können sollen.

*Der Text wurde mit einer Stellungnahme des "Wir2020"-Vorsitzenden Wolfgang Romberg aktualisiert.

Verwendete Quellen
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