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RKI-Chef Lothar Wieler unter Druck? Gesundheitsminister Lauterbach äußert sich


Duo mit Schwierigkeiten
"Wenn ich nicht zu Herrn Wieler stehen würde, säße er hier nicht"

Von afp, dpa, aj

Aktualisiert am 23.12.2021Lesedauer: 4 Min.
Karl Lauterbach und Lothar Wieler in Berlin: Der Gesundheitsminister und der RKI-Chef hielten eine gemeinsame Pressekonferenz.Vergrößern des BildesKarl Lauterbach und Lothar Wieler in Berlin: Der Gesundheitsminister und der RKI-Chef hielten eine gemeinsame Pressekonferenz ab. (Quelle: Annegret Hilse/reuters)
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Hat der RKI-Chef es sich mit dem Gesundheitsminister verscherzt? Der Grund für den Groll: Das RKI setzte noch vor dem Corona-Gipfel eine Stellungnahme ab, in der es "maximale Kontaktbeschränkungen" forderte.

RKI-Chef Lothar Wieler soll unter Druck stehen. Der Grund: Das Robert Koch-Institut hatte am Dienstag kurz vor Beginn der Ministerpräsidentenkonferenz eine Stellungnahme veröffentlicht, die schärfere Corona-Maßnahmen vorsah, als sie Bund und Länder planten und später beschlossen.

Noch während des Corona-Gipfels gab das Institut zudem einen Tweet zu seinen Empfehlungen ab. Das hatte für Kritik gesorgt. Linken-Chef Dietmar Bartsch etwa sprach von einem "kommunikativen Desaster".

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte am Mittwoch auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Wieler, er sei über die Empfehlungen des RKI vorab nicht informiert gewesen. Hier müsse "Abstimmung optimiert" werden. Das RKI hatte in seiner Stellungnahme für sofortige "maximale Kontaktbeschränkungen" plädiert, solche vereinbarten Bund und Länder dann aber für spätestens 28. Dezember.

"Dann säße er nicht hier"

Die beiden Gesundheitsexperten dimmten den Konflikt aber dann herunter. Lauterbach verwies darauf, dass er auf wissenschaftlichen Rat Wert lege und es in seinem Bereich keine "Zensur" gebe. Zugleich bekannte sich der Minister auf der gemeinsamen Presskonferenz zu seinem Behördenchef.

Würde er nicht mehr zu diesem stehen, "dann säße er nicht hier", sagte Lauterbach. Man habe das gleiche Ziel und wolle gemeinsam nach vorne schauen. Das RKI ist ein Forschungsinstitut der Bundesregierung, das zum Geschäftsbereich des Gesundheitsministeriums gehört. Lauterbach ist also quasi Wielers Chef.

Wieler versucht, die Wogen zu glätten

"Wir machen seit Jahren Empfehlungen", ergänzte der RKI-Chef. "Die werden wir auch weiter machen." Die Umsetzung von Maßnahmen sei dann aber Sache der Politik. Er sehe "keinerlei Widerspruch" zu einer Vorlage des Expertenrats der Bundesregierung, dem auch er selbst angehört. Dieses Gremium habe lediglich dazu aufgefordert, etwas zu tun, ohne genauer zu sagen, was. "Das RKI ist eben eine Institution, die das in konkrete Empfehlungen dann ummünzt."

Wieler lobte die von Bund und Ländern für die Zeit nach Weihnachten beschlossenen Maßnahmen trotz seiner deutlich weitergehenden Empfehlung als "sehr, sehr gut". "Es sind stringente Maßnahmen, die werden das Infektionsgeschehen verlangsamen", sagte er. Ob er die Maßnahmen für ausreichend hält, wollte er aber nicht sagen: "Ob ich zufrieden oder unzufrieden bin, ist völlig irrelevant."

Die Kritik an dem Vorgehen der Regierung nahm unterdessen nicht ab. Auf Twitter trendete auch am Mittwochabend noch der Hashtag #DankeWieler. Viele der Nutzer, darunter auch medizinisches Personal, stellten sich auf die Seite des RKI-Chefs. "Nein, ich bin stinksauer! Auf die Regierung und auf Karl. Wie könnt Ihr den Herrn Wieler so angehen, wo Ihr wisst, dass er recht hat?", schrieb etwa ein Nutzer. "Prof. Wieler ist das, was man unter den verantwortlichen Politikern der MPK, KMK und Bundesregierung seit Herbst 2020 vergeblich sucht, ein Ehrenmann", tweetete ein anderer.

"Kassandra in der Pandemie"

Die "Berliner Morgenpost" schrieb: "Wieler machte sich für Maßnahmen stark, von denen das RKI überzeugt war und die Lauterbach aber gerade erst politisch ausgeschlossen hatte. Das gespaltene Votum irritiert, weil Lauterbachs Autorität beschädigt wird und sich Wielers weiteres Schicksal auf tragische Weise abzeichnet: als Kassandra in der Pandemie."

Das Düsseldorfer "Handelsblatt" kritisierte: "Was sagt es eigentlich über die Pandemiebekämpfung aus, wenn das oberste Experteninstitut einen völlig anderen Kurs für nötig hält, als ihn nun Bund und Länder beschlossen haben? Und welchen Kurs hält es wohl für nötig, wenn es nun noch ein paar Wochen mit den beschlossenen milden Maßnahmen weitergeht? Das Signal, das bei der Bevölkerung ankommt, ist fatal. Die Politik schlägt Alarm und lässt einen mit dem unguten Gefühl zurück, nicht ausreichend zu handeln."

Die "Magdeburger Volksstimme" wertete den Konflikt so: "Die Ampel möchte vor dem Fest den kleinsten Hauch des Anscheins von Lockdown-ähnlichen Maßnahmen um jeden Preis vermeiden. Nach Weihnachten kann und wird es ziemlich sicher doch rigide werden. Diese Botschaft versuchte das RKI im direkten Vorfeld der Corona-Beratungen zu platzieren. Der Gesundheitsminister selbst schließt weitere Verschärfungen nicht mehr aus – er sagt es nur weit weniger laut, siehe Ampel-Zwänge. Dass er RKI-Chef Wieler weiter offensiv einbindet, ist gut – und ein echter Spagat."

Die "Berliner Zeitung" analysierte: "Man habe das gleiche Ziel, versicherte Wieler und Lauterbach erklärte, dass man gemeinsam nach vorne schauen wolle. Das sagen Politiker immer, wenn die Aufarbeitung zu schmerzlich oder zu gefährlich wäre. Es ist schon so: Das Amt verändert den Menschen mehr als der Mensch das Amt. Wir alle werden in den nächsten Monaten gemeinsam herausfinden, was das für Karl Lauterbach und die Bewältigung der Pandemie bedeuten wird."

Die "Bild" berichtete zudem, dass Lauterbach seiner Wut am Dienstag intern mehrfach Luft gemacht haben soll. Er habe sich selbst dazu zwingen müssen, Wieler öffentlich "die Freiheit der Wissenschaft" zuzugestehen, schreibt die Zeitung. Der Minister, so wird berichtet, fühle sich "verarscht".

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und afp
  • Eigene Recherche
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