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Energiepreise: Die Quadratur der Gaspreisbremse


Diskussion um Gaspreisbremse
"Wir brauchen eine Brücke"

  • Johannes Bebermeier
Von Johannes Bebermeier und Tim Kummert

Aktualisiert am 24.10.2022Lesedauer: 4 Min.
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Robert Habeck: Kommt die Gaspreisbremse früher? (Quelle: Michael Kappeler/dpa/dpa)

Die Gaspreisbremse muss früher kommen, finden viele in der Politik. Die Versorger jedoch bremsen ihren Eifer. Und nun?

Die Ampelkoalition arbeitet daran, die Bürgerinnen und Bürger früher von den stark gestiegenen Heizkosten zu entlasten als bislang geplant. Allerdings suchen die Verantwortlichen noch nach einem Weg, wie das funktionieren könnte. Denn die Energieversorger fühlen sich von den Plänen überfordert.

Schon am Freitag hatten die Bundesländer verlangt, die Gaspreisbremse schon zum 1. Januar statt erst zum 1. März starten zu lassen. Am Wochenende hatte dann auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigt, einen früheren Starttermin auszuloten und sich deshalb mit den Energieversorgern zu beraten. Das Problem: Viele Versorger geben an, das organisatorisch so schnell nicht hinzubekommen.

Nun versucht man sich in Berlin an so etwas wie der Quadratur der Gaspreisbremse.

Branche warnt vor "Unmöglichkeit"

Als Reaktion auf die Forderungen der Politik meldete der Branchenverband BDEW am Montag prompt per Pressemitteilung Bedenken an. Die Gaspreisbremse auf Anfang Januar vorzuziehen, "scheitert nicht am fehlenden Willen der Energiewirtschaft, sondern an der Unmöglichkeit der technisch-administrativen Umsetzung in so kurzer Frist", wird BDEW-Präsidentin Marie-Luise Wolff darin zitiert.

Die erforderliche Umstellung der IT-Prozesse sei so komplex, argumentiert Wolff, "dass die breite Front der Energieversorger dies in dieser kurzen Frist nicht stemmen kann". Auch der Energiekonzern Eon verwies auf Anfrage von t-online am Montag auf die Stellungnahme des BDEW.

Genau diese organisatorischen Bedenken waren der Grund, weshalb die von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission Anfang Oktober vorgeschlagen hatte, die Gaspreisbremse erst Anfang März starten zu lassen. Bis dahin sollte zusätzliche Entlastung geschaffen werden, indem der Staat im Dezember allen Gaskunden einmalig eine komplette Abschlagszahlung erstattet.

Das reicht vielen in der Politik allerdings nun nicht mehr aus. SPD-Chef Lars Klingbeil fragte am Sonntag im Deutschlandfunk: "Was machen wir eigentlich in der Phase Januar/Februar?" Und Grünen-Chef Omid Nouripour gab am Montag auf einer Pressekonferenz gewissermaßen die Antwort: "Wir brauchen eine Brücke. Und an der wird gearbeitet."

Wird ein weiterer Abschlag im Januar erstattet?

Die Vorstellungen, wie eine solche Brücke aussehen könnte, gehen zwischen Versorgern und Politik jedoch offenbar noch auseinander. Aus Sicht des Branchenverbands BDEW könnte die Übernahme einer weiteren Abschlagszahlung eine Lösung sein. Genau wie im Dezember könne eine solche Einmalzahlung "auch im Januar erneut ausgezahlt werden", sagt BDEW-Präsidentin Wolff.

Doch nicht nur in der Ampelkoalition gibt es Vorbehalte gegen diese Lösung. Denn eine der Sorgen ist, dass die Menschen nicht ausreichend Energie sparen, wenn sie das Gefühl haben, einen oder zwei Monate lang ohnehin nichts für ihr Gas zu bezahlen. Und ohne Einsparungen könnte es im Winter zu Rationierungen in der Wirtschaft kommen. Denn Gas bleibt Mangelware.

"Die Menschen brauchen Sicherheit, dass sie sich das Grundbedürfnis nach Wärme zu einem stabilen Preis leisten können und gleichzeitig für ihre Sparanstrengungen belohnt werden", sagt die Ökonomin Isabella Maria Weber von der University of Massachusetts Amherst, eine der Erfinderinnen der Gaspreisbremse, zu t-online. "Deshalb ist eine schnelle Umsetzung der Gaspreisbremse deutlich besser als eine wiederholte Einmalzahlung."

"Prüfen, ob da noch was geht"

Wirtschaftsminister Robert Habeck übte deshalb am Montag in einem Interview mit dem "Handelsblatt" erneut dezenten Druck auf die Versorger aus. Die hätten in der Gaskommission erläutert, dass die Preisbremse vor März nicht umzusetzen sei, sagte Habeck – und ergänzte vieldeutig: "Ich bin aber sicher, dass sie mit Hochdruck prüfen, ob da noch was geht."

Habecks Parteifreund Andreas Audretsch, Grünen-Fraktionsvize im Bundestag, sieht das ähnlich. "Sollte eine Einführung vor März technisch möglich sein, sollten wir das machen", sagt er t-online. Man arbeite intensiv daran, dass das "so schnell wie möglich" komme. "Derzeit werden noch technische Fragen geklärt, auch mit den Versorgern." Niemand dürfe mit den Kosten der Krise allein gelassen werden.

Die FDP wäre bei einer früheren Gaspreisbremse ebenfalls dabei, mahnt jedoch auch zur Vorsicht. "Wichtig ist, die Gaspreisbremse technisch sauber umzusetzen und die Menschen trotzdem schnellstmöglich zu entlasten: Für ein Abrechnungschaos ist keine Zeit", sagt Fraktionsvize Lukas Köhler t-online.

Die Gaspreisbremse sei immerhin "ein Instrument ohnegleichen", gibt Köhler zu bedenken. "Ist die Umsetzung technisch möglich, spricht für uns allerdings alles dafür, die Gaspreisbremse auch schon im Januar oder Februar einzuführen."

"Je schneller, desto besser"

Ökonomin Isabella Maria Weber erwartet deshalb von der Politik Unterstützung für die Versorger. "Je schneller die Gaspreisbremse kommt, desto besser", sagt sie t-online.

"Es ist gut, wenn die Politik alle Hebel in Bewegung setzt, um die Hürden aus dem Weg zu räumen, die einer Umsetzung der Gaspreisbremse schon im Januar entgegenstehen", sagt die Ökonomin. "Dabei wird es wohl vor allem um praktische Hilfeleistungen für Versorgungsunternehmen gehen."

Im Zweifel plädiert Weber jedoch für Pragmatismus: "Gelingt das Vorziehen nicht, sollte ein weiterer Abschlag übernommen werden, damit alle ausreichend und zeitnahe Entlastung erfahren."

Den Druck auf die Bundesregierung wird derweil auch die Union hochhalten. "Dass die Gaspreisbremse erst nach Ende der Heizperiode kommen soll, ist völlig inakzeptabel", sagt ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Thorsten Frei t-online. "Es käme ja auch niemand auf die Idee, die Winterreifen beim Auto erst im Frühjahr aufzuziehen." Die Gaspreisbremse müsse "spätestens ab dem 1. Januar greifen".

Verwendete Quellen
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