AfD-Landrat in Sonneberg: Robert Sesselmann muss zur Demokratieprüfung

In Thüringen überprüft das Landesverwaltungsamt, ob der frisch gewählte AfD-Landrat Robert Sesselmann auf dem Boden des Grundgesetzes steht. Was bedeutet das?

Mit Robert Sesselmann hat die Alternative für Deutschland (AfD) etwas geschafft, was sie schon lange anstrebt: Der 50-Jährige konnte am vergangenen Sonntag bei der Stichwahl um das Landratsamt im thüringischen Sonneberg die meisten Stimmen erringen – und ist damit der erste gewählte Chef einer kommunalen Verwaltung, den die AfD stellt.

Ob er sein Amt aber wirklich antreten darf, ist noch nicht sicher. Denn das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz stuft die AfD im Land als gesichert rechtsextrem ein. Aus diesem Grund hat das Landesverwaltungsamt angekündigt, Sesselmanns Eignung als Landrat zu überprüfen.

Aber was bedeutet die Prüfung überhaupt? Um welche Vorwürfe geht es in der Causa Sesselmann? Und wann ist mit einem Ergebnis zu rechnen? t-online beantwortet die wichtigsten Fragen dazu.

Was ist eine Eignungsprüfung auf Verfassungstreue?

Die Verfassungsprüfung ist ein Instrument des Landesverwaltungsamtes in Thüringen. Sie beruht auf dem Kommunalwahlgesetz des Bundeslandes, wonach als Landrat nicht gewählt werden kann, "wer nicht die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Landesverfassung eintritt".

Bei der Überprüfung fordert das Landesverwaltungsamt Unterlagen vom Sonneberger Wahlausschuss und vom Thüringer Verfassungsschutz an, erklärt eine Sprecherin des Thüringer Landesverwaltungsamtes im Gespräch mit t-online. Diese Dokumente sollen zeigen, ob die "Wählbarkeitsvoraussetzungen" beim neu gewählten Landrat vorliegen. Unter anderem gehe es darum, ob sich Sesselmann verfassungsfeindlich geäußert hat – und vor welchem Publikum.

Der Jenaer Verfassungsrechtler Michael Brenner erklärt der Nachrichtenagentur dpa, es mache bei der Prüfung beispielsweise einen Unterschied, ob jemand bei einer Wahlkampfveranstaltung plakative Thesen vertrete oder ob man bei einer Veranstaltung des "Flügels" der AfD auftrete. Der "Flügel" als Gruppierung innerhalb der AfD um Thüringens AfD-Landesparteichef Björn Höcke wurde im März 2020 als erwiesen rechtsextrem eingestuft und später von der AfD formal aufgelöst. Bei einer erwiesen rechtsextremen Vereinigung aufzutreten, spreche deutlicher für eine verfassungsfeindliche Gesinnung, erklärt Brenner.

Warum überprüft das Landesverwaltungsamt Robert Sesselmann?

Grund für die Überprüfung ist Sesselmanns Mitgliedschaft in der Thüringer AfD, die der Verfassungsschutz als "erwiesen rechtsextremistische Bestrebung gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung" einstuft. Mit der "Prüfung der persönlichen Eignung und auf Verfassungstreue" will das Landesverwaltungsamt feststellen, ob sich auch Sesselmann verfassungsfeindlich geäußert hat oder gar gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung arbeitet.

Warum findet die Überprüfung erst nach seiner Wahl statt?

Diese Frage werfen auch einige Juristen und Beobachter auf. Verfassungsrechtler Brenner etwa sagte dem "Tagesspiegel", eine Überprüfung Sesselmanns hätte deutlich früher stattfinden müssen – nämlich vor der Wahl. Verantwortlich dafür wäre der Landkreis Sonneberg gewesen.

Dort habe man die Kandidatur Sesselmanns allerdings angenommen, weil er formal die Anforderungen an einen Kandidaten für das Amt des Landrates erfülle, erklärt ein Behördensprecher dem MDR: "Die Unterlagen waren vollständig und rechtzeitig eingegangen." Sesselmann hatte die Frage nach einer wissentlichen Zusammenarbeit mit der früheren DDR-Staatssicherheit außerdem verneint.

Die fehlende Überprüfung Sesselmanns könne jetzt zu einem politisch heißen Eisen werden, sagt Brenner. Denn rechtlich sei sie zwar möglich, allerdings ist sie dadurch "politisch heikel", weil der AfD-Mann bereits gewählt ist. Was passiert, wenn das Landesverwaltungsamt zu dem Schluss kommt, dass Sesselmann ungeeignet für das Amt ist, gilt als völlig offen.

Wann ist mit einem Ergebnis der Überprüfung zu rechnen?

"Das ist nicht genau abzusehen", sagt die Sprecherin des Landeswahlamtes. "Es gibt vonseiten des Thüringer Kommunalwahlgesetzes keine entsprechende Frist."

Tatsächlich hat die Prüfung noch gar nicht begonnen. Los gehe es, sobald Sesselmann die Wahl annehme. Danach beginne die Arbeit des Amtes mit den Dokumenten des Wahlausschusses in Sonneberg und des Landesamtes für Verfassungsschutz.

Am 29. Juli wird das Wahlergebnis aus Sonneberg offiziell bekannt gemacht, so die Sprecherin. "Anschließend gibt es eine zweiwöchige Frist, in der die anderen Kandidaten, die zur Wahl angetreten sind, das Wahlergebnis anfechten können." Diesbezüglich könnten sie dem Landesverwaltungsamt zusätzliches Material über Sesselmann zukommen lassen, das in die Prüfung seiner Eignung als Landrat mit einfließe. Folglich könne mit einem Ergebnis der Demokratieprüfung im August gerechnet werden, sagt die Sprecherin.