Im Podcast Precht über Aiwanger: "Damit zeigt man, dass man keine Eier hat"
Richard David Precht attestiert Hubert Aiwanger fehlendes Rückgrat. In einem Punkt gibt er dem Chef der Freien Wähler aber recht.
Noch immer treten in der Flugblatt-Affäre um Hubert Aiwanger weitere Vorwürfe zutage. Auch Moderator Markus Lanz und Star-Philosoph Richard David Precht beschäftigen sich in einer neuen Folge ihres Podcasts "Lanz & Precht" mit dem Fall. Es geht ihnen allerdings mehr um die großen Linien als um die einzelnen Anschuldigungen. Weder der bayrische Wirtschaftsminister noch die Öffentlichkeit kommen bei der Analyse gut weg.
"Wenn man meint, die Stimme des Volkes zu sein", sagt Precht, "dann muss man auch das Rückgrat haben, in Situationen, wo es um einen selber geht, sich so ehrlich wie möglich zu machen." Diesen Eindruck habe man bei Aiwanger aber nicht.
Precht: Aiwanger agiert wie Trump
Im Gegenteil: So wie er auf die Berichterstattung über das antisemitische Flugblatt reagiere, stehe er in einer Reihe mit dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump. "Er gibt zu, was er unbedingt zugeben muss, und den Rest streitet er grundsätzlich ab", so Precht. "Damit zeigt man, dass man keine Eier hat."
Richtig gewesen wäre aus Sicht des Philosophen, alles auf den Tisch zu legen und sich aufrichtig zu entschuldigen. Aiwanger hätte zeigen können, wie er sich seit seiner Jugend weiterentwickelt habe, doch diese Chance habe er verpasst. Auch die Erinnerungslücken, die der bayrische Vizeministerpräsident zu seiner Verteidigung anführe, seien unglaubwürdig.
"Natürlich ist er Opfer einer Kampagne"
Es gibt aber auch Punkte, in denen Precht Aiwanger zur Seite springt. Natürlich sei er "Opfer einer Kampagne", auch wenn er das Wort "Schmutz" weglassen würde. "Den Schmutz hat er fabriziert." Der Chef der Freien Wähler hatte in einer Bierzeltrede den Begriff "Schmutzkampagne" benutzt, mit der seine Partei geschwächt werden solle. Experten widersprechen dieser Ansicht jedoch (mehr dazu hier).
Ebenfalls kritisch sieht der Philosoph die Schlussfolgerung, die die Öffentlichkeit in seinen Augen aus der Affäre ziehe. "Wenn er mit 16 oder 17 in irgendwelchen verirrten Kreisen unterwegs war, ist das kein Beleg dafür, dass er heute noch ein Nazi ist." Man könne Menschen nicht das Recht absprechen, sich zu ändern und dazuzulernen.
Damit wolle er Aiwangers "rechtsradikales Schriftgut" nicht verteidigen, aber durchaus vor einer übermoralisierenden Gesellschaft warnen, "die nichts verzeiht".
- "Lanz & Precht": Ausgabe 105 (Aiwanger: über Schuld und Sühne)