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Bund-Länder-Gipfel: Wie es zum "Deutschlandtempo" kommen soll


Bund-Länder-Gipfel
So will Deutschland endlich aufs Tempo drücken


Aktualisiert am 04.11.2023Lesedauer: 3 Min.
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Windkraftanlagen vor einem Abendhimmel (Symbolbild): Beim Bau von Windkraftanlagen soll es künftig zügiger vorangehen.Vergrößern des Bildes
Windkraftanlagen vor einem Abendhimmel (Symbolbild): Beim Bau von Windkraftanlagen soll es künftig zügiger vorangehen. (Quelle: Hauke-Christian Dittrich/dpa)

Deutschland lahmt. Die Bürokratie erdrückt die Wirtschaft, vor allem Großprojekte dauern teils Jahre, bis sie umgesetzt sind. Bund und Länder wollen das jetzt ändern.

Fast klingt es paradox: Deutschland soll schneller werden, beim Bau von Windkraftanlagen, bei der Sanierung maroder Brücken, beim Verlegen neuer Stromleitungen. Doch die praktische Umsetzung des neuen "Deutschlandtempos" zieht sich hin, sie dauert und dauert.

Inzwischen ist knapp ein Jahr vergangenen, seitdem Kanzler Olaf Scholz (SPD) Deutschland zur Ruck-Zuck-Republik erklärte. Im Dezember 2022, bei der Eröffnung des blitzschnell errichteten Flüssiggasterminals in Wilhelmshaven, sprach er erstmals euphorisch vom "neuen Tempo" der Behörden, die Begeisterung war ihm anzusehen.

Anschließend jedoch passierte wenig. Weil die Abstimmung für zügigere Genehmigungsverfahren zwischen Bund, Ländern und Kommunen stockte, setzte die Bundesregierung im Sommer gar eine Arbeitsgruppe ein, die die Beschleunigung beschleunigen sollte. Doch selbst die brachte kurzfristig offenbar kaum Konkretes zu Papier, sodass Scholz Anfang September vage bleiben musste, als er im Bundestag den Ländern und Kommunen einen "Deutschland-Pakt" zur Modernisierung des Landes vorschlug. (Mehr dazu lesen Sie hier.)

Kürzere Fristen, weniger Papierkram

Jetzt jedoch soll sich das – endlich und tatsächlich – ändern: Auf dem Bund-Länder-Gipfel am Montag wollen die Ministerpräsidenten der Länder mit Scholz nicht nur über das derzeit größte Streitthema Migration sprechen, sondern auch umfassende Beschlüsse fassen, um die Planung, Genehmigung und Umsetzung von Großprojekten anzutreiben.

t-online liegt das 28-seitige Papier mit dem Titel "'Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung' zwischen Bund und Ländern" vor. Sein Kern: Die Behördenprozesse sollen kürzer, schlanker, einheitlicher werden, einzelne Prüfschritte, zum Beispiel in Umweltfragen, wollen die Regierungschefs abkürzen.

Konkret sieht die Beschlussvorlage, die die Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder mit Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt (SPD) abgestimmt haben, unter anderem die folgenden Punkte vor:

  • Kürzere Fristen: Erfordert etwa der Bau einer neuen Windkraftanlage die Beteiligung und Anhörung von Bürgern und Umweltverbänden, sollen die gesetzlichen Zeiträume dafür verkürzt werden. Über das Ansetzen sogenannter "Erörterungstermine", bei dem Betroffene zusammenkommen, sollen die Behörden im Einzelfall entscheiden. Wo die Termine nicht "zweckhaft" sind, sollen sie entfallen. Ebenfalls neu und wichtig vor allem für den Bau neuer Mobilfunkmasten: Hat sich ein Betroffener nicht im Rahmen der Frist zurückgemeldet, soll dies als Zustimmung zu den Plänen gelten.
  • Mehr auf einmal: Bei der Planung von Großprojekten sollen die einzelnen Verfahrensschritte künftig nicht länger nacheinander, sondern parallel stattfinden.
  • Abgekürzter Umweltschutz: Um gerade beim Ausbau der Energieinfrastruktur schneller zu werden, strebt der Bund mehr Ausnahmen von der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) an. Zudem soll ein zentrales Umweltdaten- und Artenschutzregister entstehen, in dem sich auch ältere Standortgutachten zügig abrufen lassen.
  • Weniger Papierkram: Insgesamt sollen möglichst viele Schritte in der Planung und Durchführung von Großprojekten künftig digital ablaufen. Das gilt auch für das Baurecht. Laut der Beschlussvorlage soll "das gesamte Aufstellungsverfahren bis zur Planerstellung und Festsetzung digitalisiert" werden. Und: "Den digitalen Bauantrag werden die Länder mit den Kommunen bis spätestens Mitte 2024 umsetzen."
  • Zügigere Großtransporte: Wenn etwa ein Rotorblatt für eine Windkraftanlage ans Ziel gelangen soll, müssen sich Logistikfirmen derzeit mit zahlreichen Behörden und Anträgen herumschlagen. Diesen teils umständlichen Prozess wollen die Länder durch "zentrale Erlaubnis- und Genehmigungsbehörden" erleichtern, die – sofern noch nicht geschehen – in allen 16 Ländern entstehen sollen.

Daneben führt der Entwurf zahlreiche weitere Ideen und Maßnahmen auf. Dazu zählen etwa Pläne für eine einheitliche Computersoftware in den verschiedenen Behörden sowie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz, etwa bei der Bearbeitung von Stellungnahmen in Beteiligungsprozessen.

Zuschuss aus Bundesmitteln noch offen

Strittig ist derweil noch das Finanzielle. So wünschen sich die Länder einen Zuschuss vom Bund, um mehr Stellen in den Verwaltungen zu schaffen. Die genaue Summe lässt das Papier allerdings noch offen.

Ebenso ungeklärt ist, wie schnell Bund, Länder und Kommunen all die erwähnten Punkte in die Tat umsetzen – und ob sie tatsächlich für das gewünschte "Deutschlandtempo" sorgen. Erste Ergebnisse sollen, so die Zielsetzung, im ersten Quartal 2024 vorliegen.

Zugleich stimmen Bund und Länder dem Papier zufolge darin überein, "dass für die notwendige Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren und -prozessen ein grundsätzlicher Wandel in den Verwaltungen einhergehen muss". Wie lange der wiederum dauern mag, lässt sich kaum abschätzen.

Verwendete Quellen
  • Entwurf der Beschlussvorlage zur Ministerpräsidentenkonferenz: "'Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung' zwischen Bund und Ländern"
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