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Sommerferien-Debatte: Bayern beharrt auf Sonderrolle – Söder bleibt hart


Debatte über Ferientermine
Egoismus im weiß-blauen Gewand

  • Olaf Kern
Pro & KontraVon Mauritius Kloft, Olaf Kern

17.07.2025 - 15:22 UhrLesedauer: 1 Min.
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CSU-Chef Markus Söder: Bayerns Ministerpräsident meint, der der späte Ferienstart sei "im Biorhythmus der Bayern drin". (Quelle: IMAGO/Revierfoto/imago)
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Die Debatte über Deutschlands Sommerferien-Regelung flammt erneut auf. Bayern und Baden-Württemberg beharren auf ihren traditionell späten Ferien. Aber ist das noch zeitgemäß?

Deutschland debattiert über die Sommerferien, nachdem Nordrhein-Westfalens Bildungsministerin Dorothee Feller (CDU) eine Änderung der Ferienregelung ins Gespräch gebracht hat. Nordrhein-Westfalen hätte auch gern einmal einen späteren Ferienstart, sagte sie der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung".

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In 14 Bundesländern beginnen die Sommerferien von Jahr zu Jahr in einem rotierenden System zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Nur in Bayern und Baden-Württemberg starten sie stets erst Ende Juli oder Anfang August und enden Mitte September.

Die Sommerferientermine sind bis ins Schuljahr 2029/2030 festgelegt. Ende dieses Jahres wird über den darauffolgenden Zeitraum verhandelt. Immer wieder gab es in der Vergangenheit Vorstöße, um die Ferienzeiten auch in den beiden süddeutschen Ländern flexibler zu gestalten – so auch in diesem Jahr.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) lehnt eine Änderung jedoch ab und beansprucht auch für die Zukunft, als letztes Land Ende Juli in die Sommerferien zu starten. "Sorry, wann bei uns Ferien sind, entscheiden wir Bayern selbst", sagte er "Bild". Der späte Ferienstart sei "im Biorhythmus der Bayern drin". Das führt zu der Frage: Hat Markus Söder recht? Oder:

Sollte die Ferienregelung geändert werden?

Pro
Mauritius KloftRessortleiter Politik und Wirtschaft

Ja, Bayerns Extrawurst muss weg

Typisch Bayern: immer Sonderweg, immer Extrawurst. Dass der Freistaat (ebenso Baden-Württemberg) sich an seine späten Sommerferien klammert, wirkt wie aus der Zeit gefallen. Während der Rest der Republik über flexible, gerechtere Regelungen diskutiert, mauert Bayern – wie so oft.

Früher hieß es, die Bayern müssten aus Rücksicht auf die Erntezeit als Letzte in die Ferien starten. Die Kinder seien als Erntehelfer eingeplant. Das klingt zwar romantisch, ist aber vor allem eines: aus der Zeit gefallen. Auf die wenigsten Kinder dürfte das noch zutreffen. Und auch in Norddeutschland haben Landwirte Kinder. Wohlweislich führt Bayerns Ministerpräsident dieses Argument in der aktuellen Debatte daher auch nicht mehr an. Stattdessen heißt es von Markus Söder: Die späten Ferien seien nun mal im "Biorhythmus der Bayern drin". Der bayerische Landeschef versucht also nicht einmal mehr zu vertuschen, dass er als Bayer glaubt, was Besonderes zu sein. Mit anderen Worten: Statt Gemeinsamkeit zählt hier Egoismus im weiß-blauen Gewand. Ein Anachronismus, der Deutschland bremst.

Die wahren Gründe für die Extrawurst sind andere: Wenn sich Ferien in NRW, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin überschneiden, steigen die Preise deutlich, die Autobahnen und Züge sind voll. Wer regelmäßig erst im August Ferien bekommt, profitiert vom Exklusivrecht auf späte Sommerferien, kann in ruhigeren Wochen reisen und rutscht im September in vielen Urlaubsländern in die deutlich günstigere Nebensaison. Aber viele Familien in ganz Deutschland kämpfen mit den Kosten für Urlaube und würden sich ebenfalls wünschen, mal ans Ende der Feriensaison zu kommen. Dem Söder Markus ist das offenbar wurscht.

Außerdem: Die Hitzeperioden beginnen früher – auch in Bayern. Deshalb hätten rotierende Ferienzeiten auch dort Vorteile: Denn im Juli und Anfang August sind die (oftmals) nicht klimatisierten Klassenräume schon deutlich aufgeheizt. Würden die Bayern auch mal an den Anfang der Ferienzeit rutschen, würden auch bayerische Schüler davon profitieren. Das wissen auch viele Bayern.

Sicher: Das katholische Bayern hat – anders als andere Länder – sehr ausgedehnte Pfingstferien. Natürlich wäre es Unsinn, nach zwei Wochen im Juni Anfang Juli in die Sommerferien zu starten. Doch auch daran kann man ja etwas ändern, die Pfingstferien sind nicht festgeschrieben. Warum nicht die Osterferien ausdehnen? Oder die Weihnachtsferien?

Zumal es gar nicht darum geht, kurzfristig an den Ferien herumzudoktern: Ende des Jahres verhandeln die Länder über die Sommerferientermine ab dem Schuljahr 2030/31. Das heißt: Die Bayern hätten fünf Jahre lang Zeit für eine Umstellung: Den Bajuwaren ist das wohl zuzumuten – Markus Söder hoffentlich ebenfalls.

Der nostalgische Sonderweg muss weg. Er ist längst nicht mehr zu vermitteln.

Kontra
Olaf Kern
Olaf KernHead of Regio Süd

Nein, das ist ein Kulturbruch

Alle Jahre wieder kommt die Diskussion über die Verteilung der Schulferien auf. Doch die Argumente der Nörgler am einst sorgsam austarierten System werden nicht besser – auch wenn sie noch so oft wiederholt werden. Stattdessen wird immer wieder so getan, als ob die eingeübte Praxis mal eben so abgeschafft werden könnte. Das ist falsch.

Die gewachsene Ferienstruktur, eng verbunden mit christlichen Feiertagen wie Pfingsten, spiegelt bayerische Traditionen wider. Der Rhythmus ist tief im bayerischen Lebensgefühl verwurzelt. Viele Menschen verbinden damit ein Stück Heimat und Kontinuität im gesellschaftlichen Kalender. Eine Änderung käme schlicht einem Kulturbruch gleich. Das sollte respektiert werden.

Bayern hat zudem als eines der wenigen Bundesländer zweiwöchige Pfingstferien, die manchmal erst Mitte Juni vorbei sind. Zwischen Pfingst- und Sommerferien liegt somit ein Unterrichtsblock, der dringend für wichtige Lernphasen und Prüfungen gebraucht wird, gerade in den Abschlussjahrgängen. Eltern, Lehrkräfte und Schüler brauchen daher die festen Termine für eine verlässliche Planung im Schulkalender.

Ganz nebenbei: Der gestaffelte Ferienbeginn in Deutschland, mit Bayern und Baden-Württemberg als Schlusslichtern, hilft dabei, Reisespitzen und Staugefahren nicht nur in den Urlaubsregionen zu entzerren. Weniger Stress auf den Straßen: Davon profitieren letztlich alle in der Republik.

Apropos: Von einem Preisprivileg durch späte Sommerferien zu sprechen, verdrängt erst recht die Realitäten. Der komplette August ist Hauptreisezeit. Während andere Bundesländer längst wieder im Alltag zurück sind, teilen sich die Bayern die Hotelanlagen immer noch mit dem Rest der Welt. Rabatte oder Schnäppchen? Schön wär's!

 
 
 
 
 
 
 

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Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen AFP und dpa
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