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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Prüfung läuft AfD provoziert mit neuem Logo-Design

Die AfD hat mehrere Logos für eine neu zu gründende Parteijugend angemeldet. Anscheinend sind sie dem Bundesadler nachempfunden. Als Hoheitszeichen ist dieser besonders geschützt.
Nachdem sie sich von ihrer alten Parteijugend, der "Jungen Alternative", getrennt hat, will die AfD Ende November eine neue Jugendorganisation gründen. Der Schritt ist in der Partei umstritten und dürfte auch vom Bundesamt für Verfassungsschutz eng beobachtet werden. Die Partei stellt das vor Herausforderungen: Ein neuer Name, ein Logo, eine Satzung und Führungspersonal müssen her. Jetzt geht die Partei erste offizielle Schritte und versucht dabei offenbar, ein Hoheitszeichen der Bundesrepublik zu vereinnahmen.
AfD will keine Stellung nehmen
Für die neu zu gründende Jugendorganisation hat die AfD vor wenigen Tagen mehrere Bildmarken angemeldet, die dem Bundesadler nachempfunden scheinen. Laut Informationen von t-online gingen vergangene Woche mehrere Entwürfe beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) sowie beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) ein. Sie zeigen jeweils einen stilisierten blauen Adler mit dem AfD-Logo sowie den Schriftzügen "Patriotische Jugend", "Junge Patrioten", "Deutschlandjugend" und "Parteijugend". Diese Wortkombinationen hatte die Partei schon im Dezember als Marken angemeldet.
Als Vertreter der Rechte für die neuen Bildmarken ist in beiden Markenregistern die Medienrechtskanzlei Höcker aus Köln eingetragen, die die AfD auch in anderen Markenrechtsfragen vertritt. Das Deutsche Patent- und Markenamt bestätigte t-online auf Anfrage, Anmelder der Bildmarken sei der AfD-Bundesverband. Die Parteispitze wollte keine Stellung nehmen. Die Kanzlei Höcker lehnte Auskünfte zu ihrer Mandantschaft ab.
Die Anmeldungen könnten rechtliche Probleme mit sich bringen: Der Bundesadler ist als Hoheitszeichen der Bundesrepublik Deutschland nämlich besonders geschützt. Wer ihn verwenden will, muss das üblicherweise beim Bundesverwaltungsamt beantragen – das gilt in vielen Fällen auch für Nachahmungen, die sonst eine Ordnungswidrigkeit darstellen können.
Auch Markengesetz verbietet Hoheitszeichen
Im Falle der AfD-Logos scheinen die Entwürfe in dieser Hinsicht zwar ausreichend verfremdet, wie das Bundesverwaltungsamt auf Anfrage von t-online mitteilte. Die Partei habe keinen Antrag gestellt. "Dies ist bei den vorliegenden Entwürfen auch nicht notwendig: Es besteht keine Verwechslungsgefahr mit geschützten Staatssymbolen wie dem Bundeswappen", sagte eine Sprecherin des BVA. Ob aber die Markenanmeldung tatsächlich erfolgreich sein wird, ist trotzdem noch unklar.
Denn auch das Markengesetz verbietet die Verwendung von Hoheitszeichen. Das gilt laut einem Sachstandsbericht der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags von August 2024 auch für Marken, "die diese Zeichen lediglich nachahmen". Hier sei jeweils im konkreten Einzelfall zu entscheiden. Wer die Prüfung durch die Wissenschaftlichen Dienste zum Thema "Nutzung staatlicher Symbole der Bundesrepublik Deutschland durch Vereine und Privatpersonen – Rechtliche Rahmenbedingungen" – in Auftrag gab, wollte die Bundestagsverwaltung auf Anfrage nicht mitteilen.
DPMA: Prüfung dauert an
Ein Sprecher des Deutschen Patent- und Markenamts sagte t-online zur Anmeldung des AfD-Bundesverbands: "Wir werden die Anmeldungen in alle Richtungen nach den Vorschriften des Markengesetzes und damit auch hinsichtlich der Frage, ob es sich bei den in den Marken enthaltenen Adlerdarstellungen um Nachahmungen des Bundesadlers als Staatswappen der Bundesrepublik Deutschland handelt, prüfen. Dies kann noch einige Zeit in Anspruch nehmen."
Hinsichtlich des Markenrechts verwiesen BVA und Bundespresseamt auf das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV), das auf Anfrage von t-online mitteilte, es gebe keine rechtliche Einschätzung zu Einzelfällen ab und auf das Bundesinnenministerium verwies. Das Bundesministerium des Innern verwies auf einen Erlass des Bundespräsidenten und auf Richtlinien, äußerte sich aber nicht zum Markenrecht.
Auflösung und Neugründung
Die AfD hatte sich auf ihrem Bundesparteitag im Januar von ihrer bisherigen "Jungen Alternative" getrennt und die Gründung einer neuen Jugendorganisation beschlossen. Die Neustrukturierung sollte beiden Seiten Vorteile verschaffen: mehr Schutz vor einem Verbot für die neue Jugendorganisation, weil sie nicht mehr als eigenständiger Verein agieren soll. Und mehr Kontrolle für den Bundesvorstand der AfD über die Jugend. Ende März löste sich die "Junge Alternative" daraufhin selbst auf, nach eigenen Angaben hatte sie da rund 2.400 Mitglieder.
Die Jugendorganisation ist für die Partei ein hochsensibles Thema für die Einstufung der Gesamtpartei durch den Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextremistische Bestrebung". Derzeit klagt die AfD gegen die Einstufung. Die "Junge Alternative" trat noch wesentlich radikaler als die Mutterpartei auf und wurde vom Verfassungsschutz deswegen schon seit 2023 als "gesichert rechtsextrem" eingestuft. Nun soll in Zukunft jedes Mitglied der Parteijugend zugleich Mitglied der AfD sein und somit den üblichen Aufnahme- und Prüfprozess durchlaufen.
Markenstreit schon zu Beginn
Potenziell ließe sich zu extremes Personal so besser aussieben. In der Realität aber sind zahlreiche Rechtsextremisten, die zuvor der "Jungen Alternative" angehörten, ohnehin bereits Mitglied der AfD. Bei der Neugründung ihrer Parteijugend steht die AfD nun außerdem vor besonderen Herausforderungen: Im Januar hat sie per Parteitagsbeschluss entschieden, dass die Jugend sich ihren Namen selbst geben darf. Das macht die Vorplanung und Markensicherung nicht ganz einfach.
Als t-online Ende des vergangenen Jahres berichtete, dass man im AfD-Bundesvorstand als Namen für die neue Jugendorganisation "Junge Patrioten" favorisiere, sicherte sich mit Erik Ahrens ein außerhalb der Partei stehender Rechtsextremist die Markenrechte. In den sozialen Netzwerken rief er sich als Vorsitzender der "Jungen Patrioten" aus und zog die neue Jugendorganisation ins Lächerliche. Seither galt der Name als verbrannt. Nun gilt "Patriotische Jugend" im Parteivorstand als aussichtsreicher Namensvorschlag.
Entscheiden wird es sich aber vermutlich erst im Herbst: Die neue Jugendorganisation der AfD soll am 29. und 30. November im hessischen Gießen gegründet werden, wie ein Sprecher des AfD-Bundesvorstands t-online bestätigte. Zurzeit werden Parteimitglieder unter 36 Jahren angeschrieben, um für die Mitgliedschaft zu werben. Der Bundesvorstand hüllt sich in Schweigen darüber, wie groß das Interesse bisher ist.
- Eigene Recherchen