Logo für neue Parteijugend AfD-Adler begeistert Rechtsextremisten

Für ein Logo, das sie für ihre neue Parteijugend angemeldet hat, erhält die AfD-Spitze Beifall von Rechtsaußen. Nicht nur Rechtsextremist Martin Sellner zeigt sich zufrieden.
Ein stark stilisierter blauer Adler auf weißem Grund: Das mögliche Logo der neuen Jugendorganisation der AfD wird von Rechtsradikalen begrüßt. Prominentester Fürsprecher: der Rechtsextremist Martin Sellner, Kopf der "Identitären Bewegung" (IB). Er äußerte sich nach der Berichterstattung von t-online über die Anmeldung des Logos auf der Plattform X mit drei Worten: "Logo nicht schlecht" und retweetete eine Abbildung des Logos.
Die AfD hatte vor wenigen Tagen mehrere Bildmarken in Kombination mit verschiedenen Namen für die Jugendorganisation angemeldet. Alle zeigen den Adler. Auf Nachfrage von t-online wollte sich der AfD-Bundesvorstand nicht äußern. Unklar ist deswegen, ob dies der Favorit des Bundesvorstands oder eine Auswahl mehrerer Vorschläge geplant ist. Der Gründungskonvent der neuen AfD-Jugendorganisation soll am 29. und 30. November in Gießen stattfinden.
Der Adler ist ein in der rechten und rechtsextremen Szene beliebtes Symbol. Zwar ist er das offizielle Wappentier Deutschlands und andere Länder nutzen ihn ebenfalls als Hoheitszeichen. Aber auch in der NS-Zeit war der Reichsadler, der mit ausgebreiteten Schwingen auf einem Hakenkreuz im Eichenlaubkranz sitzt, Hoheitszeichen. Die Verwendung des Adlers mit Hakenkreuz ist in Deutschland heute verboten. Gerne aber werde der Reichsadler von Rechtsextremisten "in leicht abgewandelter Form verwendet", schreibt die Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus.
Sellner ist Österreicher, aber in der AfD und der rechten Szene in Deutschland einflussreich. Seine "Identitäre Bewegung" setzte über Jahre mit aufmerksamkeitsstarken Protestaktionen, popkulturellen Anleihen und einer großen Präsenz in den sozialen Medien den Ton für die Jugend der Neuen Rechten. In Deutschland beobachtet der Verfassungsschutz die IB als "gesichert rechtsextrem". Offiziell steht sie auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD. Viele Mitglieder der im März aufgelösten AfD-Vorgänger-Jugendorganisation Junge Alternative (JA) waren dennoch ebenfalls bei der IB aktiv oder solidarisierten sich mit ihr.
Seit Jahren kämpft Sellner dafür, rechtsextreme Symbole und Begriffe in der Gesellschaft zu etablieren. Schon als Jugendlicher klebte er Hakenkreuzsticker mit der Aufschrift "Legalisiert es" auf eine Synagoge bei Wien. Seit Längerem propagiert er den Begriff der "Remigration", der unter anderem für Massenabschiebungen steht, und beeinflusst damit das politische Programm der AfD. Die Berichterstattung über ein Treffen mit ihm und AfD- sowie CDU-Funktionären bei Potsdam löste bundesweit Proteste aus. In mehreren Ländern und Städten hat beziehungsweise hatte Sellner zeitweise Einreiseverbot – auch in Deutschland. Für August war Medienberichten zufolge ein Auftritt von Sellner bei der AfD Düsseldorf geplant, der aber vorab bekannt wurde und daraufhin abgesagt worden sein soll.
"Erstaunlich gut"
Auch bei anderen Rechtsaußen und ehemaligen Führungskräften der Jungen Alternative kommt das Logo gut an. So schreibt Fabian Küble, ehemaliges Mitglied des JA-Bundesvorstands, auf X: "Logo erstaunlich gut. Bin ehrlich positiv überrascht." Küble taucht mehrfach in dem Gutachten des Bundesverfassungsschutzes auf, aufgrund dessen die Behörde im Mai die AfD-Bundespartei als "gesichert rechtsextrem" einstufte. Die AfD klagt gegen den Schritt, bis zur Klärung hat sich der Verfassungsschutz dazu verpflichtet, die AfD öffentlich nicht so zu benennen.
Küble wird im Gutachten mit Aussagen zum "Großen Austausch" und einer angeblichen "Ersetzungsmigration" zitiert – rechtsextreme Verschwörungstheorien, welche die Angst vor Überfremdung anheizen sollen. Der Verfassungsschutz führt außerdem auf, dass Küble die mediale Schlagzeile: "Wer den Wolfsgruß zeigt, darf kein deutscher Staatsbürger werden", mit dem Satz kommentierte: "Wie es eigentlich heißen sollte: 'Wer kein Deutscher ist, darf kein deutscher Staatsbürger werden'". Küble bringe so zum Ausdruck, "dass seiner Ansicht nach nur ethnischen Deutschen die deutsche Staatsbürgerschaft zusteht", schreibt die Behörde.
Das Logo "fegt meine bisherigen Zweifel beinahe beiseite", schreibt auch Thomas Deutscher, ehemaliger Vorsitzender der Jungen Alternative in Bayern, auf X. Im Höcke-Flügel, zu dem Deutscher zählt, stand die Trennung von der Jungen Alternative stark in der Kritik. Deutscher hat mit dem Symbolbild Adler bereits Erfahrung: Er war Gitarrist der Regensburger Death Metal Band Slaughterer. Sie bebilderte ihr Album "Lanius vult" – übersetzt: "Der Schlächter will" – mit Flugzeugen, Panzern, Kanonen, dem Eisernen Kreuz und im Zentrum einem dreiköpfigen Adler mit ausgebreiteten Schwingen. Außerdem in klein darauf zu sehen: der Schriftzug "Aeternum_018". Die 1 und 8 stehen in der rechtsextremen Szene als Chiffren für Adolf Hitler, "Aeternum" bedeutet "ewig".
Nachdem im Jahr 2019 das Portal "Regensburg Digital" über das Albumcover berichtet hatte, teilte die Band mit, dass es sich bei dem Schriftzug "Aeternum_018" um den Schriftzug eines Künstlers und keine politische Botschaft handele. Weiterhin habe man sich als Band 2018 getrennt, da die "politischen Aktivitäten von Herrn Deutscher für die Band nicht mehr tragbar waren".
Diskussion um neuen Namen entbrannt
Unzufrieden zeigen sich Deutscher und Küble allerdings mit dem Namen, der sich unter dem angedachten Logo findet. Dort steht: "Patriotische Jugend". Neben "Deutschlandjugend", "Junge Patrioten" und "Parteijugend" ist er im Bundesvorstand bisher einer der Favoriten für die Benennung der Jugendorganisation. "Boomeresk schwach" sei der Name. Dringend gesucht werde ein neuer, so Küble. "Mein Vorschlag wäre: Deutsche Jugend."
Der AfD-Bundesvorstand dürfte mit gemischten Gefühlen auf die laufende Diskussion blicken. Einerseits dürfte er sich freuen, dass die Rechtsaußen und Ex-JA-Funktionäre das Logo nicht zerreißen. Schließlich muss die Parteispitze die besonders radikale Jugend noch für die neue Organisation begeistern und zum Eintritt bewegen. Gerade im radikalen Lager stand der Bundesvorstand stark in der Kritik, weil er die Trennung von der JA forcierte.
Andererseits steht die Partei derzeit aber wegen der Einstufung des Verfassungsschutzes unter besonderer Beobachtung und vor der Herausforderung, mit der neuen Jugend einen möglichst unbelasteten Start zu schaffen. Ein Problem dabei: Nach hitziger Diskussion auf dem AfD-Parteitag in Riesa im Januar vereinbarte man, dass sich die neue Jugend ihren Namen selbst geben darf. Der Vorschlag "Deutsche Jugend" dürfte derzeit nicht gerne gesehen sein – denn zwei dezidiert rechtsextreme beziehungsweise neonazistische Vereinigungen tragen diese Worte schon im Namen: die "Heimattreue Deutsche Jugend", die 2009 unter Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble verboten wurde, und die Berliner Rechtsextremisten "Deutsche Jugend Voran", die vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wird.
- Martin Sellner, Fabian Küble, Thomas Deutscher auf X
- Gutachen des Verfassungsschutzes zur AfD
- regensburg-digital.de: "Ein Trio für den extrem rechten Rand"
- kleine-zeitung.at: "Martin Sellner klebte Hakenkreuze auf Synagoge: 'Wollte provozieren'"