Söders Bürgergeld-Streichung im Leser-Check "Von Anfang an ein Fehler"

Markus Söder will ukrainischen Geflüchteten kein Bürgergeld mehr auszahlen lassen. Der Vorstoß des bayerischen Ministerpräsidenten stößt sowohl auf Zustimmung als auch Ablehnung.
6,3 Milliarden der jährlichen für das Bürgergeld ausgegebenen 47 Milliarden Euro werden an ukrainische Geflüchtete ausgezahlt. In einem am Sonntag im ZDF ausgestrahlten Interview plädierte CSU-Chef Markus Söder dafür, ihnen das Bürgergeld zu streichen und die niedrigeren Asylbewerberleistungen zukommen zu lassen.
"Das Bürgergeld für Ukrainer war ein Fehler im Affekt", meint Christoph Schwennicke, der dafür plädiert, diesen schnellstmöglich zu beheben. Tobias Schibilla hingegen bezeichnet Söders Vorstöße als "gefährliche, populistische Nebelkerze". Dem Pro & Kontra der beiden t-online-Redakteure folgten zahlreiche Zuschriften.
"Von Anfang an ein Fehler"
Peter Bauer schreibt: "Das Geld nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sollte ausreichen. Den Ukrainern im Gegensatz zu Geflüchteten aus anderen Ländern eine Sonderstellung zu geben, ist nicht richtig. Diese Zahlungen zu veranlassen, war von Anfang an ein schwerer Fehler und ein Versagen der damaligen Ampelregierung. Doch keiner von denen übernimmt dafür die Verantwortung."
Andreas Schwarz mailt: "Das gern vorgebrachte Argument der geringen Beschäftigungsquote liegt weniger am angeblichen Arbeitsunwillen der Ukrainer als viel mehr an sprachlichen und bürokratischen Hürden. So werden ausländische Abschlüsse unzureichend anerkannt. Es ist auch deshalb sinnvoll, die Empfänger im Bürgergeldbezug zu lassen, weil durch Jobcenter eine deutlich bessere Unterstützung bei der Integration in Arbeit geschieht als für Asylbewerber durch Kommunen."
"Die Ukrainer erlernten doch auch Berufe, also könnten sie mehr in Arbeit eingebunden werden", glaubt Gisela Junginger. Deutsch zu lernen könnte auch durch das Prinzip "Learning by doing" geschehen anstatt zeitaufwendige Sprachkurse zu absolvieren, denkt die t-online-Leserin. "Aber wenn man schon genug Bürgergeld bekommt, braucht man sich auch nicht anzustrengen", beklagt sie und unterstützt Söders Idee, den Geflüchteten das Bürgergeld zu streichen.
"Das führt zu Missstimmung unter den Leuten"
Helmuth Löwe sagt: "Sobald es um das Thema Arbeitsaufnahme geht, wird es kompliziert, weil diese Menschen, sofern sie im entsprechenden Alter sind, nicht nicht arbeiten wollen oder können, sondern weil man ihnen zunächst einmal vorschreibt, einen zeitintensiven Sprachkurs zu besuchen. Das ist zwar wichtig und richtig, hält jedoch die Mär des Leistungsempfängers hoch, der nicht arbeiten will."
Der t-online-Leser meint: "Anstatt den geflüchteten Ukrainern das Bürgergeld zu streichen, hat die Politik dafür Sorge zu tragen, dass diese Menschen schnell und unkompliziert in Arbeit gehen können. Deutschland benötigt Fachkräfte, von denen schon viele da sind, die aber nicht arbeiten dürfen oder es ihnen schwer gemacht wird."
"Dass Deutschland gleich Bürgergeld zahlt, führt schon sehr lange zu Missstimmung unter den Leuten", beobachtet Brigitta Schween. "Anfangs dachte ich, es handelt sich bei den Kritikern um die üblichen Nörgler. Heute weiß ich, sie haben recht. Deshalb bin ich für eine drastische Kürzung der Unterstützung der Ukrainer, die arbeiten können. Gleichwohl bin ich dafür, die Unterstützung für das arme Land weiterlaufen zu lassen."
"Symbolpolitik auf Kosten der Schwächsten"
Tobias Becker findet: "Wer jetzt fordert, ukrainischen Geflüchteten das Bürgergeld zu streichen, betreibt Symbolpolitik auf Kosten der Schwächsten – und das ausgerechnet in einer Zeit, in der Zusammenhalt wichtiger denn je wäre. Ja, 6,3 Milliarden Euro sind viel Geld. Es wird aber unterschlagen, dass diese Zahl kein reines Geschenk ist, sondern größtenteils in unsere Wirtschaft zurückfließt. Es hilft nicht nur den Geflüchteten, sondern ist ein Investitionskreislauf."
Zudem sei das Bürgergeld kein Luxus, sondern Voraussetzung für Integration. "Wer Sprachkurse besuchen, Kinder betreuen oder sich um Arbeit bemühen soll, braucht eine gesicherte Existenz. Alles andere ist weltfremd und wirtschaftlich dumm – gerade bei so vielen gut ausgebildeten Menschen, die wir langfristig im Arbeitsmarkt brauchen."
Der t-online-Leser mahnt: "Den Menschen das Bürgergeld zu streichen, löst kein einziges Problem, sondern schafft neue: mehr Armut, mehr Frust, mehr soziale Spannungen. Es würde das falsche Signal senden: Unsere Solidarität hat ein Ablaufdatum. Das wäre nicht nur moralisch fragwürdig, sondern auch politisch brandgefährlich. Kurz gesagt: Wer meint, hier spare man klug, irrt. Man würde am falschen Ende sparen: wirtschaftlich, sozial und menschlich."
- Zuschriften von t-online-Lesern